Montag, 22. August 2022

Parlamentarier werden auf Cannabis und Kokain getestet

Chiles Volksvertreter müssen ab sofort halbjährlich zum Drogenscreening

Cannabis

 

 

Von Sadhu van Hemp

 

 

Das selbstgewählte Leben eines vom Volk gewählten Volksvertreters ist nicht immer locker und entspannt. Viel, sehr viel wird abverlangt, wenn der Arbeitstag in aller Herrgottsfrühe beginnt und zu nachtschlafender Zeit endet. Und so wundert es nicht, dass nicht wenige der Akteure des Politgeschäfts zwecks Selbstoptimierung zu Dopingmitteln greifen. Neben den klassischen Aufputschmitteln wie Kaffee, Nikotin und Alkohol kommen noch etliche andere legale, aber auch illegale Substanzen zum Einsatz, um als Volksvertreter rund um die Uhr zu funktionieren. Und so wird zum Wohle des Volkes nicht nur manche Rede im Kokain- und/oder Alkoholrausch gehalten, sondern auch die eine oder andere politische Entscheidung in umnebeltem Geisteszustand getroffen.

 

Nun obliegt es nicht dem gemeinen Cannabis-Konsumenten. die vom Steuerzahler alimentierten Volksvertreter anzuprangern, nur weil sie illegale Rauschmittel zur Bewältigung ihres Dienstes am Volk einsetzen. Diese kleine Unartigkeit ist nur allzu menschlich, und die Cannabis-Community könnte sich nur wünschen, dass die, die dem Volk vorstehen, öfter mal mit Haschisch und Marihuana entspannen und in der Folge auf vernünftige Gedanken kommen.

Doch leider ist dem nicht so und noch viel schlimmer. Denn auch die Drogis unter den Parlamentariern gehören zu jener Fraktion der Tugendwächter, die Wasser predigt und Wein trinkt. Heuchler und Lügner eben – trotz Koks und Hasch im Kopp.

 

Der Auswuchs drogenberauschter Abgeordnete hat in Chile die Unión Demócrata Independiente (UDI) auf den Plan gerufen. Die während der Militärdiktatur Augusto Pinochets gegründete Rechtsaußenpartei gelang es, noch vor der Neuwahl des Parlaments im November 2021 ein Gesetz durchzudrücken, das die Abgeordneten zu einem regelmäßig durchgeführten Test auf illegale Drogen verpflichtet.

„Die Leute sollen wissen, ob der Abgeordnete, für den sie stimmen, ein Drogenkonsument ist oder nicht“, verteidigte der UDI-Abgeordnete Juan Antonio Coloma das Drogenscreening.

  

Am vergangenen Mittwoch wurden per Los 78 der 155 Abgeordneten auserwählt, die zuerst an die Reihe kommen.

„Die Abgeordneten müssen bis zum 30. August beim Labor der Universität von Chile eine Haarprobe abgeben“, sagte Parlamentspräsident Raúl Soto. Mitte September sollen dann die Ergebnisse bekannt gegeben werden.

Wer positiv auf illegale Substanzen getestet wird, muss seine Einwilligung zur Aufhebung des Bankgeheimnisses geben und Geldtransaktionen über 28.000 Dollar offenlegen. Zudem müssen sich die ertappten parlamentarischen Drogensünder nackig machen wie ein Hartz-IV-Empfänger, was Einnahmen, Ausgaben und andere Geldflüsse betrifft.

Ende September dürfen dann die restlichen 77 Abgeordneten zum Drogenscreening antreten, das fortan halbjährlich durchgeführt wird.

 

Die Unión Demócrata Independiente argumentiert, mit dem Gesetz den Handel mit illegalen Drogen bekämpfen zu wollen. Doch es steht außer Frage, dass die Ultrarechten mit dem Gesetz auf jene Abgeordnete abzielen, die einer Cannabis-Legalisierung das Wort reden.

Die Abgeordnete Ana María Gazmuri von der linken Acción Humanista sieht in dem Gesetz den Versuch der Prohibitions-Verfechter, die Befürworter einer Cannabis-Legalisierung zu diskreditieren und einzuschüchtern.

 

Da Cannabis zur medizinischen Verwendung seit 2015 in Chile erlaubt ist, fürchten nicht alle kiffenden Parlamentarier das Screening. Wenn der Cannabiskonsum unter ärztlicher Aufsicht steht, wird das positive Testergebnis nicht gewertet und der Name des pösen Haschgiftjunkies bleibt geheim.

 

 

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4 Kommentare
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Fred
1 Jahr zuvor

Ich fordere alle Abgeordnete*innen des chilenischen Parlaments auf, sich sofort und auf der Stelle eine beliebige aber illegale Droge reinzupfeifen und dann die Haarprobe abzugeben.

Jede Wette, das danach Drogenkosum relativiert wird.

Heisenberg
1 Jahr zuvor

Meine Gehirnwäsche bringt den Uniformierten immer mit Sauberkeit von außen und innen in Verbindung.Rauschgift hat da keine Chance.

Ramon Dark
1 Jahr zuvor

Demokratiebewusster wäre, ALLE Abgeordneten auf Nebeneinkünfte und Geldverschiebungen auf Auslandskonten über 28.000 Dollar Gesamtbetrag, alle anderen Geld- und Vermögensänderungen und persönliche Kontakte zu Arbeitgeber- und Industrieverbänden, Grosskonzernen und Grossbanken zu überprüfen und die Ergebnisse medienwirksam zu verbreiten. Das natürlich nicht nur in Chile, sondern überall, auch bei uns) – unabhängig vom privaten Konsum irgendwelcher Substanzen, der nur dann von Bedeutung ist, wenn er den eigentlich dem Wohl der Bevölkerung zu dienenden demokratischen Auftrag der parlamentarischen Arbeit unmittelbar behindert. So käme wenigstens die weltweit existierende real existierende kapitalistische Korruption vollständiger ans Licht wie bisher.

buri_see_kaeo
1 Jahr zuvor

Sie sind halt immer noch aktiv, und wissen, wie man’s macht; die alten Seilschaften aus Zeiten der Militär-Diktatur des Augusto Pinochet (1973–1990), einem der liebsten Freunde unseres alten Führers Helmut Kohl… kurz gesagt: ich wundere mich nicht. Und unsere Schwarzbraunen…, sie vermögen es nicht, mal über den Tellerrand zu schauen – zum Glück! Sollten sie es spitzkriegen, könnten sie sich unsere Legalisierungs-(H)ampel-Politiker auf die gleiche Weise vorknöpfen.
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