Montag, 26. Juli 2021

Cannabis im Straßenverkehr: Schweizer Bundesgericht bleibt hart

Beschwerde eines Kraftfahrers abgewiesen: Wer kifft, ist per Gesetz fahruntüchtig

Cannabis

 

 

Von Sadhu van Hemp

 

 

Auch in der Schweiz wird bei Kiffern und Alkoholkonsumenten mit zweierlei Maß gemessen, wenn es um die charakterliche Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs geht. Wer sich nach dem Genuss von Bier und Wein hinters Lenkrad setzt, muss nicht fürchten, deswegen bestraft zu werden, solange die 0,5-Promille-Grenze nicht überschritten wird. Erst ab diesem Wirkungsgrenzwert soll die Fahrfähigkeit laut Schweizer Straßenverkehrsgesetz relevant eingeschränkt sein. Ganz anders verhält es sich bei Cannabis-Konsumenten, die per se als fahruntüchtig gelten und entsprechend abgestraft werden, wenn sie zuwiderhandeln und dabei erwischt werden. Im Straßenverkehr gilt Nulltoleranz, was Haschisch und Marihuana betrifft – verankert in einer Verordnung, die der Schweizer Bundesrat 1999 erlassen hat.

 

Das Absurde ist, dass bei Cannabis – anders als bei Alkohol – nicht der Wirkungsgrenzwert gemessen wird, sondern der Bestimmungsgrenzwert. Dieser Grenzwert, der in der Schweiz bei 1,5 Mikrogramm THC pro Liter Blut liegt, dient als Messlatte dafür, die psychoaktive Substanz zuverlässig nachweisen zu können. Während der Wirkungsgrenzwert bei Alkohol klare Zeit- und Mengenangaben bezüglich der Fahruntüchtigkeit aussagt, gibt der Bestimmungsgrenzwert nur Auskunft darüber, ob jemand zu welcher Zeit auch immer mehr oder weniger gekifft hat. Ob ein THC-positiv getesteter Fahrzeugführer fahrtechnisch beeinträchtigt oder stocknüchtern ist, kann mit dieser Methode nicht nachgewiesen werden.

 

Ein Kraftfahrer, der 2018 im Kanton Aargau mit einen Wert von 4,4 μg/L THC in „fahrunfähigem Zustand“ von der Polizei aus dem Verkehr gezogen wurde, wollte genauer wissen, warum der Bestimmungsgrenzwert für die Fahrerlaubnisbehörden und Gerichte per se ausreichend ist, um zweifelsfrei eine Rauschfahrt unter THC-Einfluss zu unterstellen und entsprechend zu ahnden. Überdies sei der Grenzwert seiner Ansicht nach viel zu niedrig angesetzt.

Gegen das vom Bezirksgericht Baden im Oktober 2019 verhängte Strafgeld legte der Mann Widerspruch ein – mit dem Ergebnis, dass das Aargauer Obergericht das Urteil im Januar bestätigte. Somit blieb nur noch die Beschwerde beim Bundesgericht in Lausanne, das nun das abschließende Urteil gefällt hat: Der Beschwerde wurde nicht stattgegeben.

 

Die Richter und Richterinnen sahen keine Veranlassung, die Nulltoleranzgrenze für Cannabis im Straßenverkehr in Frage zu stellen – auch wenn die Regelung „diskussionswürdig“ ist. Das Gericht räumte ein, dass der Grenzwert keine Aussagekraft über die Wirkung von Cannabis auf die Fahrtüchtigkeit hat. Erkenntnisse über die THC-Konzentration im Blut im Zusammenspiel mit der Wirkung gäbe es nicht.

 

Dennoch – der Bestimmungsgrenzwert sei zulässig. Gestützt auf das Straßenverkehrsgesetz haben Bundesrat und das Bundesamt für Straßen die Befugnis, Grenzwerte auch für andere Rauschmittel als Alkohol zur Gewährung der Verkehrssicherheit festzulegen. Dass bei Cannabis ein „Nullgrenzwert“ gilt, sei nicht „willkürlich“. Zwar gäbe es „keine gesicherten wissenschaftlichen Daten über den Zusammenhang zwischen der Menge des konsumierten Betäubungsmittels, namentlich Cannabis, respektive seiner Konzentration im Körper und dem Einfluss auf die Fahrfähigkeit“, aber das garantiere nicht, dass ein niedriger THC-Messwert im Blut keinerlei Fahrunfähigkeit mit sich bringe. Die Wirkung des Betäubungsmittels könne durchaus am stärksten sein, wenn die THC-Konzentration im Blut schon erheblich zurückgegangen ist.

 

Dieses Urteil ist ernüchternd und alles andere als zeitgemäß. Die Nulltoleranz-Regelung führt zu Ungerechtigkeiten und Fehlurteilen – und die Schweizer Bundesrichter wissen das. Der Verweis bei der Urteilsverkündung darauf, dass das Thema „diskussionswürdig“ ist, klingt wie eine billige Ausrede für den fehlenden Mumm der Richter und Richterinnen, die ideologisch begründete Nulltoleranz-Regelung bei Cannabis zu beanstanden und die Politik darauf hinzuweisen, dass die Ersatzbestrafung der kriminalisierten Hänflinge über das Straßenverkehrsgesetz nicht rechtskonform ist.

 

 

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11 Kommentare
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Brigitte Wichterich
2 Jahre zuvor

Ich werde mir in Brüssel meine Menschenrechte zurückerkämpfen und von Deutschland eine Entschädigung verlangen.
Wen ich mit dem assi-staat fertig bin, werden ne Masse von Menschen, das gleiche Recht verlangen.
Danach gibt es das old germany nicht mehr

Der Realist ohne Kraut
2 Jahre zuvor

@ Brigitte ich wünsche dir bei deinem Vorhaben viel Erfolg und Glück. Aber aus Erfahrung weiß ich, dass es immer das ‘Good-Old-Germany’ bleibt. Hier regieren die falschen Leute, die meist die falschen Richter berufen. Das ist in der Schweiz vom Prinzip nicht anders. Da sehe ich deine Erfolgschancen echt sehr gering. Es gibt in Deutschland nur drei Sachen, die sich nie ändern: 1. die Volksverblödung der Deutschen und 2. die Ungerechtigkeit in unserem Staat und 3. die falsche Regierung. Da sich der Michel gerne an ‘altbewertete Parteien’ hält, die er bereits sooo lange wählt. Also mind. CDU/CSU. Derzeit stehen die C-Parteien gesamtdeutsch auf mind. 30 % in den letzten Umfragen. Es bleibt hierbei alles beim Alten und damit verbunden selbstverständlich… Weiterlesen »

smile Indica
2 Jahre zuvor

Die Regierungen sind samt und sonders korrupt und von der Pharmaindustrie, der Alkoholindustrie, der Kunststoffindustrie und weiteren Gegnern, bestens für ihre Gegenstimme bezahlt, welchen eine ökologische und sinnvolle Verbreitung von Hanf , in jeglicher Form, richtig weh tun würde.
Zusammen mit bestochenen und komplett gekauften Politikern soll das mit allen Mitteln verhindert werden. Es ist korrupter wie in jeder Bananenrepublik, zum Nachteil der Gesellschaft und der Umwelt,
Das ist nun mal so wenn in den Regierungen so viele käufliche Kriminelle sitzen, wie es in Europa der Fall ist. In manchen Länder ist die Regierung keine Regierung mehr, sondern eine kriminelle Vereinigung, gegen die Mafia, wie ein Kindergarten ist. Schwerstkriminelle Faschisten und Umwelt Verbrecher im Amt.

Otto Normal
2 Jahre zuvor

Die Schweiz ist ein rechter Spießerstaat so wie Deutschland. Immerhin hat die Schweiz ihren Reichtum von dem vielen Judengold welches sie damals gerne von den Nazi zur Aufbewahrung für die Zeit nach dem Verbrechen in Empfang nahm. Da die damaligen Massenmörder jedoch später keine Gelegenheit mehr hatten das Gold wieder abzuholen, da sie mehr oder weniger freiwillig den Tod fanden behielt man einfach das viele Gold und schaffte sich Reichtum und Wohlstand. Wäre das nicht passiert wäre die Schweiz heute immer noch das was sie damals war: ein kleiner, ärmlicher, unbedeutender Agrarstaat. Auf die Gerichtsbarkeit eines solchen Nazihandlangerstaates sollte man sich nicht unbedingt verlassen. Während unser Grüßaugust Walter Steinmeier (“Steini”) seine wohlklingenden Reden von sog. “europäischen Werten” hält, werden bei… Weiterlesen »

smile Indica
2 Jahre zuvor

@ Otto Normal
Hallo Otto, du hast recht mit deinen Anmerkungen, der Klimawandel wird uns so oder so abräumen , aber bevor dass passiert möchte ich noch zusehen können wie sie die verlogenen Politverbrecher der letzten 30 Jahre aufhängen genau so, wie die die Mittäter aus der Wirtschaft. Das Gesindel gehört an den Strick, aber bitte Hanfseile, die scheuern nicht so am Hals.

Rainer
2 Jahre zuvor

Auf dem Klageweg kommen wir nicht einfach so mit unseren Anliegen durch.Es wird auch gefragt,wer klagt.Einer Kakerlake gesteht man nicht viel Rechte zu.

DIE HANFINITIATIVE
2 Jahre zuvor

Zu dem “Themen-komplex” hat der damalige Bundesrichter Thomas Fischer einen signifikanten Artikel [“https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-12/drogenpolitik-alkohol-drogen-sucht-abhaengigkeit-verbot/komplettansicht”]verfasst, der immer noch aktuell – oder aktueller denn je – ist: […] Thomas Fischer ist Bundesrichter in Karlsruhe und schreibt für ZEIT und ZEIT ONLINE über Rechtsfragen. Weitere Artikel seiner Kolumne finden Sie hier – und auf seiner Website. Fischer im Recht / Drogenpolitik : Legalize it! Eine Kolumne von Thomas Fischer 22. Dezember 2015, 16:02 Uhr 530 Kommentare [… Wenn man das Gesamte anschaut: Wie kann man da auf den abwegigen Gedanken kommen, ausgerechnet Cannabis, das am wenigsten körperlich schädigende, am wenigsten suchterzeugende, seit Jahrtausenden erprobte Rauschmittel, müsse mit drastischen Strafdrohungen verfolgt werden, während zugleich an jeder Ecke der Obstbrand des Jahres und der Gourmet-Wein des… Weiterlesen »

Egal
2 Jahre zuvor

@Brigitte Wichterich,
Wenn du das mal eben durchziehen willst, benötigst du entsprechende Fach Anwälte die sicherlich eine entsprechende kostennote verlangen!
Und keine Ahnung welche Instanzen du durch laufen musst.
Sowas macht man nicht alleine!
Es gibt da genug Leute die das finanziell stemmen können weil auch ein gewerbliches Interesse besteht….
Die Branche ist groß nur erreicht niemand irgendetwas!
Das wäre klasse wenn das jemand regeln könnte. Da bist du nicht Alleine!
Viel Glück dabei

Haschberg
2 Jahre zuvor

Die Richtlinien beim Führerscheinentzug wegen Cannabiskonsum sind in der Schweiz offensichtlich ebenso asozial und realitätsfremd wie in Deutschland.
Dabei stellen gerade alkoholisierte Verkehrsteilnehmer eine weitaus größere Gefahr dar (siehe Statistik), weil das flüssige Zellgift zu allem Übel auch noch aufputschend und selbstüberschätzend wirkt.
Wer sich dagegen bekifft hinters Steuer setzt, fährt per se eher langsam und vorsichtig (fast ängstlich), solange kein Mischkonsum mit anderen Substanzen vorliegt.
Ausgerechnet hierbei werden die härtesten Bandagen angelegt, was die Sicherheit im Straßenverkehr jedoch nicht wirklich erhöht und somit noch einiges an Verbesserungsbedarf erfordert.

buri_see_käo
2 Jahre zuvor

@ Otto Normal, 26.07.2021 um 12:39, Dein 2. Absatz, …Delmenhorst und nicht Detmold . Aber jetzt wird es spannend: Dutertla Ludwig in
world-wide-web.presseportal.de/blaulicht/pm/7/4979094
“Wir sehen eine steigende Anzahl an Straftaten im Zusammenhang mit Drogen in Deutschland und der EU, die immer brutaler, immer skrupelloser ausgeführt werden” …ja, und wenn sich innere Blutungen zeigen, wird des Kiffers Wanst mit Superabsorber aufgefüllt, dabei die Zunge abgerissen, weil man ja die (bei Bewusstsein aktive) Passage durch die Speiseröhre bewältigen muss, mit z.B. 50mm ∅-Abflussrohr…
aber Detmold…, kommt erst noch
mfG  fE

buri_see_käo
2 Jahre zuvor

Ähhh³, zu dem Link in meinem vorheringen Beitrag…, ruhig mal reinschauen…, beim BKA. Ich bemängel hier im (HaJo) nicht nur die Politik DEs zum Thema Cannabis als um z.T. 20 Jahre hinterherhinkend, hinterwäldlerisch. Hinterwäldler on it’s best, das BKA… Ergänzende Zahlen und Informationen können über die Webseite des BKA unter bka.de und auf der Internetseite der Drogenbeauftragten der Bundesregierung unter drogenbeauftragte.de abgerufen werden. Ergänzende Zahlen und Informationen…, dort gibt es aber immer nur Identisches, mich hat interessiert die Anzalh der hopsgenommenen Cannabis-Konsumenten in 2020… Michel-country ist in der realen aktuellen Welt (immer noch) nicht angekommen und wird es auch nie werden, dieser neumoderne Kram, dat wolln’se hier nicht habm. Sooo doof fühlt man sich berufen, Leuten das Leben zu versauen?… Weiterlesen »