Samstag, 20. April 2019

Heilen mit Hanf auf Jamaika

Ein Besuch bei Epican in Kingston und mehr.


Jamaika – kaum ein anderes Land der Welt wird so intensiv mit Cannabis verbunden wie die turbulente kleine Insel mitten im ruhigen, türkisblau funkelnden Karibischen Meer. Bereits, wenn man aus dem Flugzeug aussteigt, schlägt einem der Geruch in die Nase. Nicht etwa, weil jeder Jamaikaner kifft, ganz im Gegenteil. Einfach, weil der Cannabisgebrauch auf Jamaika etwas ziemlich normales ist: Nicht nur Rastas sind dort die Kiffer, auch Omas, Hotel-Securities, Polizisten und viele andere genießen ihre dicken Pur-Joints mit größter Selbstverständlichkeit. Aber wie läuft das auf Jamaika: Wo gibt es gutes Ott und was kostet es, braucht man eine medizinische Lizenz und was ist das überhaupt mit dem medizinischen Gras dort? Gerade frisch von der Insel zurückgekehrt, noch mit etwas Strandsand zwischen den Zehen, möchte ich Euch an dieser Stelle ein bisschen etwas über die aktuelle Situation erzählen.

Cannabis wurde auf Jamaika nicht nur für den Freizeitgebrauch, sondern auch für medizinische Verwendung legalisiert. Die Unterschiede liegen in den Details: Nach wie vor drohen in Polizeikontrollen Probleme, vor allem, wenn man das Ganja im Auto transportiert. Wenn man allerdings eine Patientenregistrierung nachweisen kann und das Gras in den Verpackungen der offiziellen Abgabestellen verpackt ist, dann hat man gewissermaßen einen Freibrief für bis zu zwei Unzen, etwa 50 Gramm. Die darf man ansonsten nur bei sich zu Hause besitzen. Und es gibt noch einen weiteren praktischen Vorteil: Die Qualität ist deutlich „europäischer“ als bei dem etwas knotigeren, oft mit Samen durchsetzen, natürlichen Ganja, das man im Straßenverkauf erhält. Warum das so ist, dazu komme ich später noch.


Kurz und knapp: Die medizinische Lizenz ist eher ein nettes Extra als ein Muss. Man kommt auch so in weniger als fünf Minuten an Gras, egal wo auf der Insel man ist. Vor allem in Negril hat man schon eher den Eindruck, dass dort dringend Hilfe benötigt wird, all das leckere Gras aufzurauchen, das ständig tonnenweise aus den sonnigen Bergen Westjamaikas geliefert wird. Apropos Negril – ich war bisher nie ein großer Fan, aber ich habe den Eindruck, dass sich die kleine Touristenstadt am Seven Mile Beach, einem der schönsten Strände der Welt, in letzter Zeit positiv entwickelt. Und die Cannabislegalisierung ist scheinbar ein Grund dafür: Wer sich unter Jamaicafeeling dicke Spliffs am Strand, freundliche Rastas, die frisches Obst und Smoothies verkaufen, und klassischen, lauten Reggae vorstellt, wird hier sicher eine gute Zeit haben.

Das meiste hier ist zwar nicht billig und Negril ist ganz klar nicht das „echte Jamaika“. Und es gibt auch noch die guten alten Hustler, die alles Mögliche zu verkaufen versuchen. Man sollte also nicht all zu gutgläubig sein und ruhig auch mal Nein sagen, wenn etwas zu teuer ist. Aber seit die Polizei nicht mehr so intensiv wegen Kiffern tätig ist, ist es ein echt netter Spot um gutes Gras an einem tollen Strand zu rauchen. Außerdem finden in Negril regelmäßig Cannabisfestivals statt, wie das Stepping High Festival Anfang März. Und einigen Hotels am Strand gibt es mindestens ein Mal pro Woche Konzerte bekannter Reggaekünstler. Meine Empfehlung ist, nicht in ein teures Hotel zu gehen, sondern zu Joseph: Er betreibt die West Port Cottages direkt gegenüber vom Strand und ist perfekt auf Freunde des guten Krauts vorbereitet – er ist selbst ein echter Ganja-Veteran. Und die Unterkünfte sind zwar recht einfach, aber kostengünstig. Treuen Hanfjournal-Lesern verrate ich deshalb seine Telefonnummer für Buchungen und Anfragen: +1 876 307 5466.


Aber zurück zum medizinischen Cannabis – mit einem Sprung nach Kingston, im Osten der Insel. Dort hat im Sommer 2018 Epican, eine medizinische Cannabisabgabestelle, eröffnet – witzigerweise direkt neben dem Justizministerium an der Constant Spring Road. Und das musste ich mir natürlich unbedingt ansehen. Weitere solcher Abgabestellen finden sich zum Beispiel direkt am Hip Strip in Montego Bay und jüngst auch in Falmouth an der Nordküste, jeweils perfekt für Kreuzfahrtgäste. Hier ein paar Facts zu Epican:

Was ist für eine medizinische Lizenz erforderlich?

Um sich als Patient zu registrieren, muss man zunächst ein Formular ausfüllen. Dort werden neben persönlichen Informationen, wie dem Namen und dem Geburtsdatum, auch Angaben zu bestehenden Konsumerfahrungen abgefragt. Außerdem wird gefragt, welche Leiden man zu therapieren gedenkt. Anschließend findet ein Skype-Telefonat mit einem Arzt statt, der Fragen zu Konsumerfahrungen und dem zu therapierenden Leiden stellt. Wenn nach dessen Einschätzung eine Einnahme von Cannabis empfehlenswert ist, bekommt man das Okay und die Lizenz. Dafür wird eine Gebühr von 1.500 J$, derzeit etwa 10 €, berechnet. Außerdem wird man beim Betreten des Ladens kurz auf Waffen durchsucht.



Was kann ich mit der medizinischen Lizenz tun?

Mit der Lizenz ist man berechtigt, das medizinische Cannabis im Shop zu erwerben. Außerdem kann man damit im Zweifelsfall gegenüber der Polizei nachweisen, dass man berechtigt ist, Cannabis bei sich zu führen. Was man damit nicht tun kann, ist zum Beispiel Cannabis ins Heimatland auszuführen – dafür wäre erforderlich, dass zum Beispiel Deutschland die ärztliche Empfehlung des jamaikanischen Arztes anerkennt. Auch der Besitz von mehr als 50 Gramm ist mit dieser Lizenz nicht gestattet. Der größte Vorteil der Lizenz ist, dass sie dem Anbieter ermöglicht, legal und professionell zu arbeiten und so ein angenehmes Kundenerlebnis (statt schwarzen Plastikbeuteln, die durch Mauerlücken durchgereicht werden) und gleichbleibende Qualität anzubieten. Außerdem gibt es bei Epican eine Lounge, wo man seine Medizin direkt einnehmen kann – leider war diese, als ich dort war, wegen Renovierung geschlossen.

Was ist im Shop im Angebot und was kostet der Spaß?

Wer Cannabis kaufen möchte, kann sich von den ausgesprochen freundlichen Mitarbeitern zu den verfügbaren Sorten beraten lassen. Als ich dort war, gab es Girl Scout Cookies, Silver OG, Jack Herer, Purple Skunk, Sour Diesel und Lambs Bread im Angebot. Das Label verrät jeweils auch, ob es sich um eine Indica-, Sativa- oder Hybridsorte handelt. In der Regel sind auch Haschisch und Haschischöl verfügbar. Die Preise für das Gras liegen bei ca. 1.000 bis 1.250 J$ pro Gramm, also derzeit etwa 7 bis 8 €. Das ist natürlich deutlich teurer als in Negril, wo man für das Gramm im Straßenhandel etwa 0,30-1,00 € bezahlt. Dafür ist die Qualität schon deutlich anders: Es ist zwar kein 10- bis 20-facher Wirkstoffgehalt – aber, wer in Deutschland 10 € oder mehr für gutes Gras bezahlt, wird sicher trotzdem happy damit sein.


Aufgrund der Preisstruktur bezweifle ich, dass medizinisches Cannabis eine Alternative für die breite Masse der Jamaikaner ist. Für Touristen ist es aber ein gutes Angebot: Nicht, dass es bislang schwer war, an Gras zu kommen. Aber die medizinischen Lizenzen geben den Anbietern Raum für mehr Professionalität und besondere Kreativität: Wer in Kingston ist und sich für Haschisch interessiert, sollte neben einem Besuch bei Epican unbedingt über Instagram Kontakt zum Haschkünstler @hashishcartel aufnehmen. Außerdem schafft das wachsende Geschäftsfeld Arbeitsplätze, ohne den armen Hustlern im Straßenhandel all zu viel wegzunehmen. Denn dafür ist es schlichtweg zu teuer und speziell.

Auch die medizinischen Produzenten und Händler haben allerdings so ihre Probleme mit den Behörden: Auch wenn sie die Regierung grundsätzlich auf ihrer Seite haben, drohen Schwierigkeiten mit den Versicherungen, die über US-amerikanische Rückversicherungen abgesichert sind. Denn diese unterstehen der US-Bundesgesetzgebung und dürfen Cannabisgeschäfte eigentlich nicht versichern. Grundsätzlich bedeuten die medizinischen Angebote aber eine Chance – die Produktion, der Transport und der Verkauf für den Straßenhandel sind schließlich nach wie vor illegal. Erst kürzlich wurde der in der Kingstoner Partyszene bekannte und sehr beliebte Weedmann „Highest“ von der Polizei erschossen – ob das etwas mit seiner Tätigkeit zu tun hatte, ist nicht bekannt. Als Tourist bekommt man davon aber in der Regel wenig mit, wenn man sich nicht all zu weit von den beleuchteten Pfaden entfernt. In der Regel hört man nur ein Lachen und „No problem, man“ und raucht heute deutlich entspannter und mit mehr Vielfalt als noch vor zehn Jahren.


Beitrag von Kascha

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2 Kommentare
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Ewa
4 Jahre zuvor

Dafür das ebenfalls das medizinische Ganja auf Jamaika unter der Sonne angebaut wird finde ich 7 bis 8 Euro pro Gramm schon heftig… Ich habe für ein Pfund sehr gute Ware (sehr gutes Weed mit nur ganz wenigen Samen) ca 110 Euro bezahlt. Wen ich mit jetzt überlege nur ca 15 Gramm aus der Vergabe zu bekommen… Neeee danke…
Hatte Iceolator Säcke mitgenommen und hab ordentliches Hasch gemacht 🙂

Greenheartlion
4 Jahre zuvor

Das Negriler Westend ist weitaus gechillter und fernab vom Wahnsinn des Seven Miles Beach. Empfehlenswert für Leute die es ruhiger und authentischer mögen.
Keine vollen Strände – dafür Cliffs mit glasklaren tiefem Wasser das zum springen, schnorcheln und schwimmen einlädt.