Landkreis Günzburg zeigt “Gelbe Karte”
Bisher war es inoffizielle Praxis, im Landkreis Günzburg werden nicht nur Hanfkonsument/inn/en nun ganz offen mit der “Aktion Gelbe Karte” diskriminiert: Unter dem Titel “Damit es richtig wehtut: Führerschein schneller weg” meldet die “Augsburger Allgemeine”:
[……]Erfahren die Sachbearbeiter im Günzburger Landratsamt davon (Anm. d. Redakteurs: Drogenkonsum-oder Besitz) – etwa von der Polizei – zeigen sie dem Fahrschüler in spe besagte Gelbe Karte: In einem Schreiben wird dem Jugendlichen unmissverständlich verklickert, dass es möglicherweise vorerst nichts wird mit seinem Führerschein, sollte er weiter negativ auftreten. Den „Lappen“ werde er dann nur bekommen, wenn seine Eignung bei einem medizinisch-
psychologischen Gutachten (MPU oder volkstümlich„Idiotentest“) nachgewiesen werden kann. Wer bereits einen Führerschein hat, muss bei Bekanntwerden der oben erwähnten „Charakterschwächen“ mit Sicherheit ebenfalls mit Post aus dem Landratsamt rechnen – selbst wenn er nicht im Rausch am Steuer gesessen ist.[….]”
Das Bundesverfassungsgericht hat schon 2002 ein Urteil gesprochen, das acht Jahre später in weiten Teilen Deutschlands ignoniert wird. Hier Auszüge aus diesem Urteil (2062/96 vom 20.6.2002):
“Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Verfassungsmäßigkeit der Entziehung einer Fahrerlaubnis wegen verweigerter Beibringung eines behördlich angeforderten Drogenscreenings nach festgestelltem Besitz einer geringen Menge Haschisch.
[…..]…8. In einem späteren, nicht die Person des Beschwerdeführers betreffenden Verfahren entwickelte das Bundesverwaltungsgericht seine Rechtsprechung zur Anwendung von § 15 b StVZO bei festgestelltem Cannabiskontakt mit Urteil vom 5. Juli 2001 fort (BVerwG, NJW 2002, S. 78 ff.). Es entschied, dass ein einmaliger oder gelegentlicher Cannabiskonsum ohne konkrete Verknüpfung mit der Teilnahme am Straßenverkehr für sich allein keinen nach § 15 b Abs. 2 StVZO ausreichenden Anlass zur Anforderung eines Drogenscreenings gebe. Die Annahme der Verkehrsbehörde, dass die Feststellung des unerlaubten Besitzes einer kleinen Menge Haschisch als deutliches Indiz für beabsichtigten Eigenkonsum gewertet werden kann, stößt zwar auf keine Bedenken (vgl. Krüger, Gutachten, S. 23). Es fehlen jedoch Anhaltspunkte dafür, beim Beschwerdeführer aus der einmaligen Feststellung beabsichtigten Eigenkonsums einer kleinen Menge Haschisch auf das ständige Vorhandensein fahreignungsrelevanter körperlich-geistiger Leistungsdefizite zu schließen. Ebenso wenig wäre es tragfähig, aus dieser Feststellung den Schluss zu ziehen, dass der Beschwerdeführer entweder nicht in der Lage oder aber nicht Willens ist, zuverlässig zwischen dem Drogenkonsum und der aktiven Teilnahme am Straßenverkehr zu trennen. Ergänzende Anhaltspunkte etwa derart, dass der Beschwerdeführer unter Drogeneinfluss ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr geführt oder über einen längeren Zeitraum erheblichen Haschischmissbrauch geübt hat oder einer der besonders gefährdeten Personengruppen angehört, sind von der Verkehrsbehörde nicht ermittelt worden[….].
[…. Der bloße Verdacht auf Haschischkonsum rechtfertigt für sich allein aber nicht den Schluss auf bereits erfolgten oder absehbaren Konsum “harter Drogen” (vgl. hierzu bereitsBVerfGE 90, 145 <180 f.>).
II
Die angegriffene Fahrerlaubnisentziehungsverfügung der Stadt Freiburg i.Br., wie auch die diesen Bescheid im Widerspruchs- und nachfolgenden Verwaltungsstreitverfahren bestätigenden Behörden- und Gerichtsentscheidungen beruhen auf der festgestellten Grundrechtsverletzung. Die Entscheidungen sind daher aufzuheben (§ 95 Abs. 2 BVerfGG). Da die angegriffenen Entscheidungen keinen Bestand haben, braucht der Frage nicht nachgegangen zu werden, ob mit ihnen auch gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verstoßen wurde, indem die behördliche Praxis beim bloßen Verdacht auf Haschischkonsum Ermittlungsmaßnahmen nach § 15 b Abs. 2 StVZO ergreift, bei Verdacht auf Alkoholkonsum hingegen von solchen Maßnahmen regelmäßig absieht.
[….]”
Quellen: