Mittwoch, 24. April 2019

Ein schönes Gefühl, wenn der Schmerz nachlässt

Selbstversuche mit CBD – Bekenntnisse einer MSlerin


Die EU-Health-Claims-Verordnung reglementiert gesundheitsbezogene Aussagen für Lebensmittel streng. Noch rigoroser verbietet sie, Heilungszusagen für Lebensmittel zu treffen oder ein Lebensmittel wie ein Arzneimittel aussehen zu lassen. Ja bitteschön: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist“ und macht, was Euch nutzt. Deshalb entschied ich mich, persönliche Beobachtungen mit Euch zu teilen im Sinne der Meinungsfreiheit. Seit 34 Jahren habe ich schon MS, dafür geht es mir recht gut. Multiple Sklerose ist eine Nervenkrankheit, in der der Körper die Hüllen der Nervenzellen und -bahnen angreift und zerstört. Da das überall im Gehirn und Rückenmark sein kann, hat jeder MSler andere Symptome. Einige bekommen während eines Schubs Sehstörungen, andere können nur schlecht oder gar nicht laufen oder ihnen fällt alles aus der Hand. Manche haben eine Sprachstörung, Schluckbeschwerden, manche schwanken wie betrunken – Ataxie nennt sich das. Besonders bösartig zeigt sich die Autoimmunkrankheit, wenn sie neuropathische Schmerzen produziert. Nach einem Schub gehen die Symptome zum Teil zurück, etwas bleibt meist. Etwa zehn Prozent aller MSler haben die chronisch-progrediente Form – die fortschreitende, die nicht an Schübe gekoppelt ist.

Anfang letzten Jahres hatte ich mir zwei Bandscheibenvorfälle in der Halswirbelsäule zugezogen. Dreieinhalb Monate hatte ich damit gekämpft. Das Schlimmste war, dass ich nicht schlafen konnte. Selbst unter Tramal – einem starken Schmerzmittel – war ich nach spätestens anderthalb Stunden wieder wach. Mein Sohn schenkte mir ein Fläschchen mit CBD-Öl. Wegen der MS habe ich eine Ataxie, hauptsächlich auf der rechten Körperseite, Gleichgewichtsstörungen und unkoordinierte Bewegungen. Deshalb mag ich kein THC – das verstärkt bei mir Schwindel und Schwanken und damit die Gefahr zu stürzen. Rauchen mag ich schon gar nicht mehr und bei Cookies, oder wie es heutzutage so schön heißt, Edibles, weiß man nie, wie viel wirklich drin ist. Unter diesem Leidensdruck war ich bereit das Öl auszuprobieren.

Schlaflos in Berlin

Cannabidiol – CBD – ist eins von 113 Phytocannabinoiden und nach THC das bekannteste. Es wird aus dem weiblichen Hanf hergestellt und ist kaum psychoaktiv. Da es nicht von der Weltgesundheitsorganisation als Pharmaka gelistet ist, gilt es in allen europäischen Staaten – außer der Ukraine – als Nahrungsergänzungsmittel und darf in Kosmetikprodukten verwendet werden. Trotzdem hat es lauter nützliche Wirkungen auf den menschlichen Körper. 2007 erstellte Raphael Mechoulam – Professor in Biodiversity and Chemistry – eine Liste mit Untersuchungsergebnissen zu CBD. Das kurze Fazit lautet: CBD wirkt entkrampfend, entzündungshemmend, Angst lösend und gegen Übelkeit.

Aktuelle Studien – separat und in Kombination mit THC – laufen zu Parkinson, Epilepsie, neuropathischen Schmerzen – durch Nerven verursachte Schmerzen wie zum Beispiel die Trigeminusneuralgie. Speziell nur zu CBD läuft eine Studie zu antipsychotischen Wirkungen bei Schizophrenie und Bipolarität. Gelungene Tierversuche lassen hoffen, für diese Patientengruppe ein gut verträgliches Präparat zu entwickeln. Studien zur Multiplen Sklerose sind abgeschlossen. Als ich das erste Mal CBD-Öl nahm, fünf Tropfen einer 5-prozentigen Lösung, hatte ich das Gefühl, dass die durch die Bandscheibenvorfälle verursachte Grundspannung leicht sank. Ich wollte es wissen, mein Leidensdruck war mittlerweile hoch genug. Tatsächlich konnte ich mit zehn Tropfen des Öls das erste Mal seit Monaten ein paar Stunden hintereinander schlafen. Das hatte kein Schmerzmittel geschafft. Ich nahm es jetzt morgens und vor dem Schlafengehen. Völlig überrascht stellte ich fest, dass ich besser laufen konnte. Bei einer spastisch-ataktischen Ganglähmung arbeiten die Muskeln nicht geschmeidig, weil die Befehle nicht fließend ankommen. Sie werden steif und schmerzen, in schwereren Fällen sogar im Ruhezustand. Manche MS-Patienten treten im Schlaf um sich, das sind nicht steuerbare ataktische Bewegungen. CBD-Öl kann diese Spannung heruntersetzen. Bei mir ist das glücklicherweise so. Einfach nur durch den erholsameren Schlaf begann meine Lebensqualität langsam zu steigen. Gegen die Bandscheibenvorfälle bekam ich dreimal einen Medikamentencocktail (PRT) direkt in die HWS gespritzt und die Schmerzen ließen nach. Leider behielt ich eine chronische Nervenreizung übrig, die mal stärker, mal weniger stark in Erscheinung tritt.

Eklig aber nützlich

Als ich das nächste Mal bei meinem Neurologen war, lächelte er nur wissend und schrieb mir Sativex® auf. In Deutschland gibt es das Mundspray seit 2011. Offiziell hat es antispastische und psychotropische Eigenschaften und verbessert die Motorik bei MSlern. Es enthält einen Extrakt aus den Blättern und Blüten der Pflanze Cannabis sativa und ist eine Mischung von THC und CBD: Nebenwirkung Schwindel. Siehe oben – das kann ich überhaupt nicht gebrauchen. Doch es macht auch müde. So bin ich für die Nacht auf Sativex® umgestiegen und morgens nehme ich mein CBD-Öl. Hauptsächlich, um Kosten zu sparen. Tausend Milligramm CBD kosten durchschnittlich knapp 60 Euro, ein Fläschchen 5-prozentiges CBD-Öl etwa 30 Euro. Wenn ich bei Sativex® zuzahle, bekomme ich die Zuzahlung zu großen Teilen wieder. CBD-Öl ist mein Privatvergnügen genauso wie einige Vitamine und Nahrungsergänzungsmittel, die ich aus eigener Tasche zahle.

Wer Schmerzen hat und sich die unerwünschten Nebenwirkungen regulärer Medikamente anschaut, dem wird schon beim Lesen schlecht. Selbst Sativex® listet eine Menge „kann-ich-drauf-verzichten“ auf. Neben dem Schwindel ist es bei mir, dass es absolut eklig schmeckt – da haben sie erfolgreich die Terpene gekillt – und in der Mundhöhle brennt. Pharmafirmen horcht bitte auf: Entwickelt ein Produkt mit derselben signifikanten Dosis auf der Basis eines neutralen Öls. Aus einem Selbstversuch weiß ich, dass das ausgezeichnet mit normalem Olivenöl funktioniert. Wahrscheinlich verdient die Pharmaindustrie an solch simpler Lösung nicht genug. Bei mir persönlich hat CBD-Öl keinerlei unerwünschten Nebenwirkungen. Gegen die Spastik und für besseres Laufen wirkt es genauso gut wie Sativex® mit THC. Mittlerweile weiß ich, dass es eine Rauschtoleranz gibt und ich mich nach und nach an THC gewöhnen könnte, ohne dass mir schwindlig und meine Ataxie verstärkt wird. Da ich mit meinem „nur“ CBD völlig zufrieden bin, brauche ich das nicht.

Andere Patienten kommen besser mit der Kombination von THC und CBD klar, da sich beide Bestandteile in ihren Wirkungen ergänzen. Ich empfehle allen Patienten – mit folgenden Diagnosen – es wenigstens einmal auszuprobieren. Ich habe schon eine Reihe für den Tipp äußerst dankbarer Bekannter: Fibromyalgie, jede Form von Rheuma, Gicht und Arthritis, bei einer Chemotherapie und Untergewicht, bei Schuppenflechte, Arteriosklerose, Magenschmerzen und Übelkeit, bei Epilepsie als Ergänzung. CBD und THC steigern den Appetit, wer kennt nicht den Heißhunger auf Süßes nach einem fetten Joint? Doch Vorsicht, Zucker und Getreide, vor allem der nach dem 2. Weltkrieg hochgezüchtete Weizen, fördern Entzündungen. Deshalb teile ich zum Schluss mein Lieblingskuchenrezept mit Euch, das nur gesunde Zutaten hat und mit CBD oder THC gelöst in Kokosfett kombinierbar ist.

Der Tassenkuchen

Geht schnell, ist supereinfach und kann fast unendlich variiert werden. Für eine Portion braucht Ihr:

1 Esslöffel geschmolzenes Kokosfett – mit und ohne CBD oder THC 2 Esslöffel geriebene Mandeln oder Haselnüsse
1 Ei
1 Prise Salz
1 Prise Weinsteinbackpulver – das macht ihn fluffiger, muss aber nicht
1 Teelöffel Süße – entweder Honig für die Schlanken oder 1 Teelöffel Erythrit (das ist fermentierter Zucker, der keine Kalorien hat und den Darm nicht schädigt)
Auf Wunsch 1 Teelöffel Kakao Dies alles verrührt Ihr mit einer Gabel.
1 Handvoll Obst nach Wahl – passend zum Obst und nach Jahreszeit etwas gemahlene Vanille oder Zimt.

Die Masse kommt in eine Tasse oder kleine Schüssel und in die Mikrowelle – bei 800 W drei Minuten oder in den Backofen bei 180 Grad für acht bis zehn Minuten.

Meine momentane Lieblingskombination: gemahlene Mandeln mit Roten Johannisbeeren und gemahlener Vanille, nur solange in der Mikrowelle oder im Backofen lassen, dass der Kuchen ein wenig klitschig ist. Dazu eine Tasse Kaffee mit Kokosmilch und im Sommer ein Gläschen Kombucha-Tee. Das geht immer zwischendurch. Guten Appetit!

Beitrag von AMS

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4 Kommentare
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Tom
4 Jahre zuvor

Yep, unterschreibe ich. Jedes Wort. Den Bericht hätte ich auch so schreiben können. Mir geht es ganz genau so. Seit 34 Jahren MS und seit Januar 2 Halsbandscheibenvorfälle. Im Krankenhaus bekam ich wegen der Schmerzen Dipi und Novalgin i.v., was etwa 4 Std. Linderung brachte und eine Schachtel Tramadol. Die brachten auch so gut wie nichts. Da ich aber mit Cortison “handeln” kann und die Schmerztabletten nur marginal halfen, versuchte ich es mit 50mg Cortison morgens und einem “leicht” überdosierten med. Joint (hüstel) abends. Und? DURCHGESCHLAFEN. Dazu kam noch Krankengymnastik und ich konnte nach einem Monat der mikrochirurgischen Abteilung mitteilen dass sie mit dem Wetzen der Skalpelle aufhören können. Trotzdem gibt es dann noch Ärzte die die “wundersame” Besserung auf… Weiterlesen »

Zweiklassenmediziner/inn
4 Jahre zuvor

Ja alles Super , aber nur für Privatversicherte .

Rand Holmes
4 Jahre zuvor

“Diese Therapieszene ist ganz Lustig … Nur etwas Schmutzig .. Meine Besten Jeans versaut …

Heinz Noser
4 Jahre zuvor

-Sirup: Wie es wirkt und wie man es herstellt: Wie stellt man -Sirup her? Zuerst dachte ich, dass es mega aufwändig ist, -Sirup herzustellen. Dauert aber keine 40 Minuten, wovon nur 15 Minuten reine Arbeitszeit sind. Irgendwie bin ich etwas komisch, wenn es um Flüssigkeiten geht, daher kaufe ich sowas nur von Menschen, denen ich vertraue, in einem Fachgeschäft, oder stelle es halt selbst her. Bitte kauft niemals von fremden Menschen -Sirup, da man dort kaum nachprüfen kann, was wirklich drin ist. Bei Cannabisblüten geht das noch relativ einfach, aber beim -Sirup haben wir Hobby-Chemiker keine Chance. Die Zutatenliste: 4-6 Gramm Cannabis 3 Tassen Wasser und 3 Tassen Kristallzucker 3 Esslöffel pflanzliches Glyzerin 1 Topf mit dem ihr den Sirup… Weiterlesen »