Samstag, 20. Oktober 2018

Emil und die Bürgerwehr

 

Seine Meinung – eine Satire von Sadhu van Hemp

 

 

 

Überall in Deutschland regt sich Widerstand gegen das, was den Angstdeutschen Angst macht. Ganz oben auf der Angstliste finden sich auch die Subjekte, an deren Händen Haschgift klebt. Dass diese Gewohnheitsverbrecher frei herumlaufen und in aller Öffentlichkeit kleinen Kindern Haschgift in die Nase spritzen, wollen immer mehr besorgte Bürger und Bürgerinnen nicht länger hinnehmen. In vielen Orten Deutschlands übernehmen deshalb beherzte Menschen die freiwillige Aufgabe, die Polizei auf der Jagd nach Kiffern und Dealern tatkräftig zu unterstützen. Ziel ist es, die Cannabis-Pest für alle Zeiten mit Stumpf und Stiel auszurotten.

Das Hanf Journal begleitete eine Anti-Hanf-Bürgerwehr bei ihrem nächtlichen Streifzug durch Dresden und sprach mit den besorgten Menschen, die ihre über alles geliebte Vaterstadt nicht im Drogensumpf versinken lassen wollen.

 

Die Kommandozentrale der Dresdener Bürgerwehr ist der Traditionsgasthof „Zum Henker“ in Freital, wo sich schon seit Generationen immer montags besorgte Bürger zum politischen Stammtisch einfinden und die Köpfe rauchen lassen. Als wir das Lokal betreten, schlägt uns blanker Hass entgegen. „Raus mit dem Viehzeug von der Lügenpresse!“, brüllt jemand vom Tresen, und ehe wir uns versehen, sind wir von einem Dutzend sehr junger Burschen umzingelt.

„Halt, stopp, Kameraden“, ertönt plötzlich eine Stimme aus dem Hintergrund. „Die Pressezecken sind heute unsere Gäste.“

Wie von Zauberhand öffnet sich ein Spalier hin zu einem großen runden Tisch, an dem umringt von knackigen glatzköpfigen Männern der Gastgeber sitzt und uns heranwinkt.

 

Das ist also Emil Pospischil, frühpensionierter Staatsanwalt, AfD-Mitglied und Chef der Bürgerwehr, die im Großraum Dresden patrouilliert und der Polizei in der Bekämpfung der Cannabis-Kriminalität zuarbeitet. Vor uns erhebt sich ein kleines grundhässliches Kerlchen mit Spitzbauch und Naturglatze, der älter aussieht, als er ist. Mit dem Ausdruck absichtsloser Güte reicht uns der 47-Jährige die Hand, ordert eine Runde Bier und Korn und bittet uns, Platz zu nehmen. Doch alle Freundlichkeit täuscht nicht darüber hinweg, dass wir einem Mann von spöttischen und zweideutigen Wesen gegenübersitzen, hinter dessen flacher Stirn kein guter Geist innezuwohnen scheint.

 

Das Bier kommt, die Kellnerin erhält von Pospischil zum Dank einen Klaps auf den Po, und wir stoßen an – auf ein zeckenfreies Deutschland. Dann dürfen wir unsere erste Frage nach dem Sinn und Zweck der Bürgwehr stellen.

„Hört zu, Kameraden“, hebt Pospischil zu einer Rede an. „Wir haben nichts gegen Menschen, die aus medizinischen Gründen Cannabismedikamente verabreicht bekommen. Uns geht es einzig und allein darum, Recht und Ordnung durchzusetzen. Haschgift ist eine illegale Droge und deshalb verboten. Wer Hasch nimmt oder damit handelt, ist nach dem Gesetz ein Gesetzesbrecher, vor dem unsere Volksgemeinschaft geschützt werden muss. Denken wir nur an unsere Kinder, die in Kindertagesstätten, Schulen und auf Spielplätzen von Drogendealern mit Haschgras angefixt werden und für immer süchtig werden!“ Pospischil kippt seinen Korn weg und gibt der Kellnerin Zeichen, sogleich eine neue Runde zu bringen. „Es ist doch so, Volksgenossen: Früher hat’s so was nicht gegeben. Da herrschte noch Ordnung in unserer Stadt. Unsere Frauen und Kinder waren sicher wie in Abrahams Schoß, weil es dieses Kiffergesocks nicht gab.“

„So sieht’s aus, Emil,“ pflichtet ihm die Runde bei, während Pospischil seinen Bierkrug leert und uns dabei mit seinen blutunterlaufenen Glotzaugen fixiert. „Ihr braucht gar nicht so skeptisch gucken. Was wir machen, ist unser gutes Recht. Wenn uns die Polizei nicht schützen kann, müssen wir das eben selber machen. Nach Paragraf 127 der Strafprozessordnung hat jeder Deutsche das Recht, vorläufige Festnahmen selbst zu tätigen. Das nennt sich Jedermann-Festnahmerecht.“

 

Als die zweite Runde Bier und Korn serviert wird, wird Pospischil weltpolitisch. Er schwadroniert von einer Cannabis-Weltverschwörung, gesteuert von ein paar jüdischen Familienclans in den USA, die die Weltbevölkerung mit Hasch sedieren wollen, um sie anschließend zu versklaven. Zudem sei Haschgift die biologische Waffe der Islamisten, um das deutsche Volk in ein muslimisches Untermenschenvolk umzuvolken. Nach der dritten, vierten und fünften Runde Bier und Schnaps sind Pospischil und seine Mitstreiter soweit aufgeputscht, um den Worten Taten folgen zu lassen.

„So, und jetzt machen meine Jungs ihre Runde“, verkündet Emil Pospischil. „Ihr seid herzlich eingeladen, meine Bürgerwehr bei der ehrenamtlichen Arbeit zu begleiten.“ Er pfeift einen sehr jungen Mann heran und befiehlt: „Kamerad, du bist mir verantwortlich, dass den Heinis von der Lügenpresse kein Haar gekrümmt wird. Verstanden! Du haftest für die beiden.“

Pospischil erhebt sich und reicht uns zum Abschied die Hand. „Ihr braucht keine Angst haben. Der Maik passt schon auf, dass euch nichts passiert. Ich werde nicht mitkommen, weil ich hier gebraucht werde. Die Basisarbeit machen unsere Jungspunde. Und vergesst nicht, Kameraden: Berichtet vernünftig über unsere Bürgerwehr, sonst kann ich für nichts garantieren.“

 

Etwas mulmig ist uns schon, als wir in die Geländewagen steigen und mit Maik und seinen stiernackigen Kameraden auf Patrouillenfahrt gehen. Die Sonne war mittlerweile tief hinabgestiegen und erste Nebel zogen von der Elbe auf, als wir die Dresdener Innenstadt erreichen und mit Schrittgeschwindigkeit die Straßen auf der Suche nach Haschgiftverbrechern abfahren.

„Da! Da hockt einer“, brüllt Maik und zeigt auf einen älteren Passanten mit Vokuhila-Frisur, der rauchend auf einer Parkbank am Flussufer sitzt. Doch sogleich wendet der Fahrer ein. „Nee, der nicht, den kenne ich. Das ist der Nachbar meiner Tante, und Deutscher ist er auch.“

Doch schon an der nächsten Bushaltestelle sind sich alle einig. „Da, der Bimbo da, der sieht aus wie ein Drogendealer. Den nehmen wir uns jetzt vor!“ befiehlt Maik dem Fahrer, der über Funk Kontakt zu den anderen Fahrzeugen hält. Mit quietschenden Reifen fährt die Bürgerwehr vor – und die Falle schnappt zu. Keine paar Sekunden dauert es, bis der mutmaßliche Rauschgiftverbrecher blutend am Boden liegt und mit Kabelbindern gefesselt ist.

 

Wir stehen wie paralysiert daneben und schauen ohnmächtig zu, wie der Gefesselte körperlich und verbal traktiert wird, bis er sich vor Angst einnässt. Der Einsatz der Bürgerwehr bleibt nicht unbemerkt und immer mehr Passanten versammeln sich, um Maulaffenfeil zu halten oder zu applaudieren. Kurze Zeit später treffen nach und nach die ersten Polizeistreifen ein. Maik begrüßt jeden einzelnen Polizeibeamten per Handschlag und erläutert, warum der erkennbar schuldfähige „Neger“ ins Visier der Bürgwehr geraten ist und deshalb nach dem Jedermann-Festnahmerecht etwas härter angepackt werden musste. Die Polizeibeamten klopfen Maik mit den Worten „gut gemacht“ auf die Schulter. Dann nehmen sich die Beamten des Verdächtigen an, indem sie den armen Kerl zu einem Polizeifahrzeug zerren, wo er einer Leibesvisitation unterzogen wird – ohne dass jedoch auch nur ein Krümel Haschgift gefunden wird. Auch stellt sich heraus, dass der mutmaßliche Drogendealer Doktorand an der Technische Universität in Dresden und gebürtiger Heidelberger ist.

 

Für uns stand außer Frage, dass wir den Akt rassistischer Gewalt der Bürgerwehr nicht durchgehen lassen durften. Doch gerade als wir den Entschluss fassten, noch vor Ort Strafantrag gegen die Mitglieder der Bürgerwehr wegen Trunkenheit am Steuer, Freiheitsberaubung, Nötigung und Körperverletzung zu stellen, tauchte Emil Pospischil wie aus dem Nichts auf.

„Na, na, na, wer kommt denn hier auf dumme Gedanken?“ fragt er besorgt nach. „Ich denke doch, ihr habt wie alle hier gesehen, dass meine Jungs rechtmäßig gehandelt haben und nach Paragraf 127 der Strafprozessordnung alles mit rechten Dingen zugeht.“ Pospischil zwinkert uns wohlwollend zu. „Ihr wisst doch, auf die Polizei ist kein Verlass. Wenn ihr ein Problem habt, dann müsst ihr eben eine Bürgerwehr gegen unsere Bürgerwehr gründen.“

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4 Kommentare
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BlueJeans
5 Jahre zuvor

Berichtet doch bitte über die unklare Nutzhanf Politik und um die aktuellen Vorfälle betreffend der Hanfbar. Viele Online Shops haben den Verkauf von CBD Blüten eingestellt.

Aber hier wird wieder von fiktiven bösen AFD Anhängern geredet.

Ihr geht langsam den Bach runter.

eigenpro
5 Jahre zuvor

Anwendung und Auslegung von … §127 STGB.
Der sehr talentierte Author und Buchstabenjongleur möge noch mehr inspirierende Phantasien in diesem Format liefern.
Gruss an Emil Pospischil.

Rainer Sikora
5 Jahre zuvor

Solche Phantastereien sind manchmal wie eine Oase angesichts runterdrückender Nachrichten.

Ralf
5 Jahre zuvor

Das ist keine Satire sondern eine sehr realistische Zukunftsvision. Alles schon mal da gewesen, nannte sich SA.
Wurde später mit der Polizei vereinigt und nannte sich danach SS.