Samstag, 9. Dezember 2017

Lang lebe die Geschäftsführerin Angela Merkel

 

 

Sadhu van Hemp

 

Seit über zwei Monaten ist die „MS Deutschland“ auf Autopilot geschaltet. Die Kanzlerin sitzt zwar noch auf der Schiffsbrücke im Kapitänssessel – das aber nur geschäftsführend und ohne jede Richtlinienkompetenz. Kurz gesagt, es herrscht Chaos an Bord. Offiziere und Matrosen meutern und halten die Passagiere in Geiselhaft. Doch alles Hauen und Stechen um die Hoheit auf der Brücke bringt den Luxusliner Deutschland nicht auf Kurs, sondern mehr und mehr ins Schlingern.

Der Schachspieler nennt so etwas eine Pattsituation. Rien ne va plus. Nichts geht mehr. Die Herrschaften können es drehen und wenden, wie sie wollen – seit 12,6 % der Wähler die braune Pest an Bord gebracht haben, gibt es nichts mehr zu gewinnen, sondern nur noch zu verteidigen.

 

Und dazu zählt, das Ergebnis der Wahl zum 19. Deutschen Bundestag zu akzeptieren. Auch wenn die Christdemokraten vom Wähler schwer abgestraft wurden, noch stellt die Mutti-Partei mit 32,9 % der gültigen Zweitstimmen mit Abstand die größte Bundestagsfraktion. Merkel hat einen klaren Regierungsauftrag erhalten. Dolchstöße in den Rücken der Kanzlerin, wie von FDP-Chef Lindner bei den Jamaika-Sondierungen geführt, gleichen einem Putschversuch. Lindner hat der parlamentarischen Republik Deutschland mit seinem Nein zu einer Koalition mit Grünen und CDU/CSU einen Bärendienst erwiesen. Offensichtlich ging es dem Parvenü nicht um das Wohl des Landes, sondern vorrangig darum, seinen narzisstischen Allüren freien Lauf zu lassen und ausschließlich das eigene politische Kalkül in die Waagschale zu werfen. Lindner will die Union rechts überholen und spekuliert auf die Zeit nach Merkel – in dem Glauben, er sei der Erlöser, auf den die Deutschen schon so lange warten. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die FDP ins gleiche Horn wie die AfD bläst und nach Neuwahlen schreit.

 

Nur, um das zu erzwingen, müssen die Verfassungsjuristen mitspielen. Eine Selbstauflösung des Parlaments außerhalb der Legislaturperiode ist aus Gründen der politischen Stabilität nicht vorgesehen. Somit ist die Bundesregierung, die nur auf Ersuchen des Bundespräsidenten geschäftsführend im Amt ist, „unkündbar“.

 

Guter Rat ist jetzt teuer – auch für die Sozialdemokraten, die ja bekanntlich alles und jeden verraten. Sozialdemokratie ist gelebte Verarsche, auf die Verlass ist. Die Frage, die sich die SPD-Strategen derzeit stellen, ist, wie der Wortbruch dem Wähler am besten untergejubelt werden kann und wie sich daraus Kapital schlagen lässt. Zur Auswahl stehen die Duldung einer CDU/CSU-Minderheitsregierung und eine Große Koalition. Letzteres bedeutet vier weitere Jahre Stillstand und Reformstau – und zunehmende SPD-Verdrossenheit. Ersteres birgt die Gefahr, dass Angela Merkel die „MS Deutschland“ nur noch auf Sicht durch den Nebel der Politik lotst und auf Kollisionskurs mit der nächsten Sandbank ist. Das hätte für die Sozen den Vorteil der aufschiebenden Wirkung. Wenn eine geduldete Merkel kentert, werden die Karten völlig neu gemischt – und Mutti wird nicht mehr mitspielen. So gesehen böte eine von der SPD gegängelte Minderheitsregierung, deren Scheitern vorprogrammiert ist, die Chance für Sozial- und Christdemokraten gleichermaßen, Zeit zu gewinnen, um sich neu aufzustellen. Bewerberinnen, die scharf auf Merkels Job sind, gibt es genug – in beiden Volksparteien.

 

Auch wenn es kaum zu glauben ist, aber aus hanfpolitischer Sicht wäre eine dauerhaft geschäftsführende Bundesregierung der Silberstreif am düsteren Horizont der Cannabis-Prohibition. Der CSU-Landwirtschaftsminister Christian Schmidt hat es mit seinem Alleingang beim Votum für die EU-Zulassung des Unkrautgiftes Glyphosat vorgemacht, wie ein geschäftsführender Minister die Kanzlerin nebst Kabinettskollegen zu Statisten degradieren kann. Wer weiß, vielleicht gelüstet es ja den geschäftsführenden Gesundheitsminister Hermann Gröhe nach Rache, und er brüskiert den CSU-Kollegen ebenso mit einer Eigenmächtigkeit – und zwar mit der Zulassung von Cannabis zu Genusszwecken. Die Gunst der Stunde ist da, sie muss nur genutzt werden.

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8 Kommentare
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Fred
6 Jahre zuvor

“Wer weiß, vielleicht gelüstet es ja den geschäftsführenden Gesundheitsminister Hermann Gröhe nach Rache, und er brüskiert den CSU-Kollegen ebenso mit einer Eigenmächtigkeit – und zwar mit der Zulassung von Cannabis zu Genusszwecken. Die Gunst der Stunde ist da, sie muss nur genutzt werden.”

Wow ! Ich bin ja hier schon als hoffnungsloser Optimist verschrien, aber der Titel geht jetzt an Dich

Lars Rogg
6 Jahre zuvor

@Fred 🙂
hihihi, echt wahr. Sadhu beweist das man vieles sein kann. Weltoffen, polemisch und optimistisch…
Schönen Advent euch beiden 🙂

Fred
6 Jahre zuvor

Dir auch !

Rainer Sikora
6 Jahre zuvor

Ich kann mir vorstellen, wie langweilig es hier würde, nach einer Legalisierung.Vielleicht ist das auch ein Grund das alles bleibt wie es ist.Die Betätigungsfelder werden erhalten für Polizei,Drogeneinrichtungen,Zwangsentziehungstherapien usw.Übrigens wird der Gesundheitsminister mit Sicherheit keine Legalisierung anstreben,ich meine das sieht man ihm an.

Fred
6 Jahre zuvor

@Rainer Sikora

Langweilig ? Nie im Leben, selbst nach einer Legalisierung wird es immer noch Gegner geben, die das ganze wieder umkehren wollen. Und gegen die wird man sich weiter wehren müssen.

Hans
6 Jahre zuvor

Da war Mutti bei Bionorica zu Besuch und Popp hat Mutti klar gemacht was die doch für ein tolles Dronabinol herstellen…. Einzigartig in der EU… https://www.bundeskanzlerin.de/Content/DE/AudioVideo/2009/Video/2009-07-17-Bionorica-AG/2009-07-17-bionorica.html Wenn 100mg Thc in Dronabinol 88,- Euro kosten, also ein ganzes Gramm dann 880,- Euro kosten und man überlegt dass der Grammpreis bei FeinGOLD ca. bei 38,- Euro liegt, pro Gramm wohlgemekrt… Und jeder weiss wie Gold geschürft und verarbeitet wird, auch dass es kein nachwachsender Rohstoff ist… Im Grunde purer Wucher! Ein Zehntel Gramm THC kosten 50,-Euro mehr als ein ganzes Gramm FEINGOLD!!! Alchemisten würden vor Neid erblassen.. Seit 2010 machen Mortlers ja mit der Pharma…zufällig liegen ja nur 30 Autominuten zwischen Mortlers und Bionorica. Leider waren sich alle zu fein oder zu… Weiterlesen »

Heike Blank
6 Jahre zuvor

In dieser politischen Dunkelheit, hilft mir noch Haschisch, um wieder zur Laune zu kommen.

VonDerDemokratieKapputgemacht
5 Jahre zuvor

Das sind die Auswirkungen der Piratenpartei,
anscheined ist jetzt auch Angelika mit dabei.