Sonntag, 17. Juni 2018

Mortlers Amtszeitverlängerung kein Grund zur Freude

 

Feuer auf Marlene Mortler

 

 

 

Beitrag von Hans Cousto

 

 

 

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), ist anfangs des Jahres in ihrem Amt bestätigt worden und darf für vier weitere Jahre weiter machen wie bisher. Das ist wahrlich kein Grund zur Freude und deshalb wird hier auch keine Gratulation zu diesem Vorgang übermittelt.

 

Eine massiv steigende Zahl von sogenannten „Drogendelikten“ spiegelt eine intensivierte Strafverfolgung wider. Diese reduziert aber nicht den Konsum und vermag den Drogenhandel und Folgeschäden nicht einzudämmen. Zugleich kostet sie Unsummen und belastet die Polizei sowie die Justiz enorm. Mit anderen Worten: Die aktuelle Drogengesetzgebung hat immer weniger Erfolg bei steigendem Ressourcenverbrauch.

 

Das BtMG gehört auf den prüfstand

 

Die Fachwelt ist sich deswegen einig: Das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) gehört auf den Prüfstand. Eingeführt 1971, wurde es seit 1981 in seiner Grundstruktur nicht mehr verändert. Systematisch evaluiert wurde es noch nie. Eine wissenschaftlich untermauerte Prüfung, wie das BtMG effektiver gestaltet werden könnte, wäre zum Beispiel durch eine unabhängige Kommission möglich. Die Gestaltung der Reform wäre dann Aufgabe des Bundestages und der Bundesregierung.

 

Fachleute der Deutschen AIDS-Hilfe, des Bundesverbandes für akzeptierende Drogenarbeit und humane Drogenpolitik (akzept e.V.) und des Jes-Bundesverbandes haben in der vor kurzem erschienenen Handreichung für die Drogenpolitik die Drogenbeauftragte und die Bundesregierung aufgefordert, sich für eine Kommission zur Überprüfung des Betäubungsmittelgesetzes einzusetzen. Diese Forderung ist nicht neu. Unter der Federführung von Lorenz Böllinger hat schon vor Jahren der Schildower Kreis gemeinsam mit über 120 Strafrechtsprofessoren die Resolution deutscher Strafrechtsprofessorinnen und –professoren an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages verfasst und überreicht und darin die Notwendigkeit der Einrichtung einer Enquête-Kommission des Bundestages zur Evaluierung des BtMG bekundet. In der Resolution wird betont, dass der Gesetzgeber gemäß dem allgemeinen Verhältnismäßigkeitsprinzip der Verfassung hinsichtlich geltender Gesetze eine Überprüfungspflicht hat und auf deutliche Veränderungen in der sozialen Wirklichkeit und in der Wissenschaft reagieren muss.

 

Die Drogenbeauftragte war nie willens diese Forderung zu unterstützen, hat sich nie öffentlich dafür engagiert, sondern sie verbarrikadiert sich hinter den Paragraphen des BtMG, die aus einer Zeit stammen, in der die Drogenpolitik instrumentalisiert wurde, um neue gesellschaftliche Entwicklungen entgegen zu wirken und das alte Establishment zu festigen. Die Folgen dieser Politik sind bekannt: Diskriminierung und Ächtung der Drogengebraucher, Krankheit, Elend und Tod.

 

Cannabis legalisieren

 

Bei Cannabis haben sich gesetzliche Verbote als besonders wirkungslos erwiesen. Besser kontrollieren ließe sich die Droge über die Abgabe in autorisierten Geschäften – so könnten auch Jugend- und Verbraucherschutzmaßnahmen installiert werden. Auf den Verpackungen der psychotrop wirkenden Cannabisprodukte könnten genaue Angaben bezüglich der Inhaltsstoffe vermerkt werden, wie das beispielsweise bei jeder Tütensuppe der Fall ist. Dies würde weit mehr dem Konsumentenschutz dienen als Kampagnen mit absurden Botschaften wie beispielsweise die 500.000 Euro teure Kampagne „Zu breit?“, die vor geraumer Zeit halb Berlin ein müdes Lächeln entlockte.

 

International hat sich längst die Erkenntnis durchgesetzt: Der Krieg gegen Drogen ist gescheitert. Die Global Commission on Drug Policy stellt fest, dass Prohibition Aufklärung verhindert und gesundheitliche wie soziale Schäden bei Drogen konsumierenden Menschen verstärkt. Der Staat darf seine Bürger durch die Drogenpolitik nicht schädigen, sondern soll sie unterstützen, ihre Gesundheit zu schützen. Wir brauchen ein BtMG, das nicht Verfolgung festschreibt, sondern wirklichen Schutz der Gesundheit und Drogenkontrolle ermöglicht.

 

Verhinderung von Tod durch Überdosis

 

Gemäß polizeilicher Kriminalstatistik sterben die meisten Drogenkonsumenten nach ihrem Drogengebrauch aufgrund einer Überdosis. Dagegen gibt es wirksame Mittel: Bei einer Opiatüberdosierung hilft das Mittel Naloxon. Als so genannter Opiat-Antagonist kann das Medikament Naloxon eine Überdosis Heroin in kürzester Zeit aufheben. Das Präparat ist billig und als Nasenspray einfach anzuwenden. Naloxon hat selbst keine berauschende Wirkung. Das Problem: Wenn es drauf ankommt – bei einer Überdosis im privaten Umfeld oder der Öffentlichkeit –, ist das verschreibungspflichtige Medikament meist nicht verfügbar. In Deutschland ist die Verfügbarkeit beschränkt auf Modellprojekte in Bayern und dem Saarland sowie auf Einzelinitiativen von Drogenhilfen, wie zum Beispiel in Berlin. Diese Projekte können den tatsächlichen Bedarf aber bei weitem nicht abdecken. Eine flächendeckende Verfügbarkeit würde sofort die Zahl der Todesfälle reduzieren.

 

Um die Zahl der ungewollten Überdosierungen zu reduzieren, gibt es ein vorbeugendes Mittel zur Aufklärung der Konsumenten: Drug-Checking. Drug-Checking kann nicht nur bei sogenannten Partydrogen nützlich sein, sondern auch bei Opiaten. Doch in Fixerstuben ist Drug-Checking ausdrücklich verboten – ein wahrer Irrsinn.

 

Gesetzliche Vorgaben in Deutschland schränken besonders die Möglichkeiten der Prävention im Nachtleben stark ein – stärker als in anderen Ländern. Zum Beispiel Drug-Checking: Die Untersuchung von Drogen auf Wirkstoffgehalt sowie gefährliche Beimischungen kann Leben retten. Das Projekt CHECK IT! in Wien führte 2016 über 1.200 Substanzanalysen durch und identifizierte in 15 % der Proben Substanzen und Dosierungen, die als besonders schädlich oder bedenklich eingestuft wurden. Substanzen, die sonst unwissentlich konsumiert worden wären.

 

Drug-Checking erzeugt so auch ein Bewusstsein für Risiken, fördert einen vorsichtigen und bewussten Umgang mit illegal erworbenen Substanzen und mindert die Risiken massiv. Deshalb fordern Fachverbände von der Drogenbeauftragten und der Bundesregierung:

 

Unterstützen Sie die Förderung von Modellprojekten zur Erprobung von Drug-Checking auf Bundes- oder Landesebene.

 

Helfen Sie, Substanzanalysen zum Zweck der Gesundheitsförderung durch eine Änderung der §§ 10a und 29 BtMG rechtlich abzusichern.

 

 

Literaturempfehlung: Deutsche AIDS -Hilfe, akzept e.V., JES-Bundesverband e.V.: Eine moderne Drogenpolitik nützt allen – eine Handreichung für die Politik. Online gratis verfügbar als PDF unter der URL: https://www.aidshilfe.de/shop/pdf/9709

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9 Kommentare
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Fred
5 Jahre zuvor

Diesem Artikel kann ich zur Gänze zustimmen. Kompliment an den Autor. Ich habe selten einen Artikel gelesen, der den Kern des Problems so klar darlegt. Dem ist nichts mehr hinzuzuführen.

Ausser den Rücktritt der Drogenbeauftragten zu fordern !

Gorillalunge
5 Jahre zuvor

Ich hoffe, dass am Montag sich die aktuelle Regierung erledigt hat.

Irgendwer
5 Jahre zuvor

” In der Resolution wird betont, dass der Gesetzgeber gemäß dem allgemeinen Verhältnismäßigkeitsprinzip der Verfassung” bei Verfassung durchgefallen ! GG-Artikel 146 besagt, daß es keine schriftlich festgelegte gesamtdeutsche Verfassung gibt ! Und somit kann auch das Bundesverfassungsgericht nur als Worthülse gelten. Was die Worthülse meint, kann von jeweils herrschender Kaste beliebig ignoriert werden. Die Bundesregierung legt es darauf an, daß chaotische Zustände eintreten, um sich an denen hochzuziehen. Noch mehr Terror durch Polizei u. Justiz fordern. So soll es zu Zuständen kommen, die man wohl pauschal als mafiös bezeichen kann. Die Polizei hat schon Gewalt zu spüren in Ballungsgebieten u. diversen Großstädten. Logisch, denn wer sich in seiner Gesamtheit einen Scheiß dafür interessiert, daß der Status BtM für Cannabis falsch… Weiterlesen »

Rainer Sikora
5 Jahre zuvor

Selbst wenn die Prohibition den gewünschten Erfolg erzielen könnte,( Austrocknung des Angebotes,Ausrottung der Kiffer ) wäre sie dennoch ungerecht und vor allem unfair,weil die Vorgehensweise die Methode alle Moral und Ethik beleidigt.

Irgendwer
5 Jahre zuvor

Jammern hilft nix, Rainer
Das beeinträchtigt leider nur den Verstand bei anderen dazu.

Die BR. klammert sich an den falschen Status und läßt den Terror weiter eskalieren. Und andere hochgefährliche Drogen sollen gefälligst das niedergetrampelte Kraut ersetzen, damit sich Merkel usw. an deren üblen Folgen hochziehen können ! Das ist Geistesgestörtheit !

https://de.wikipedia.org/wiki/Regierungsunf%C3%A4higkeit#Wegen_Geisteskrankheit

http://flexikon.doccheck.com/de/M%C3%BCnchhausen-by-proxy-Syndrom

Irgendwer
5 Jahre zuvor

Wegen der Freischaltungsblockade nochmal:
Jammern hilft nix, Rainer
Das beeinträchtigt leider nur den Verstand bei anderen dazu.

Die BR. klammert sich an den falschen Status und läßt den Terror weiter eskalieren. Und andere hochgefährliche Drogen sollen gefälligst das niedergetrampelte Kraut ersetzen, damit sich Merkel usw. an deren üblen Folgen hochziehen können ! Das ist Geistesgestörtheit !

Regierungsunfähigkeit bei wikipedia und Münchhausen by Proxy Syndrom raussuchen. Bei drei Weibern in der Anti-Cannabispolitik liegt das Syndrom anscheinend vor; Merkel, Mortler, Huml … bei wievielen, auch Männern wohl noch dazu ….

Lotus
5 Jahre zuvor

Wir Leben in einem Land in dem Religionen anerkannt sind, die den Glauben an Dinge haben die noch nichtmal belegbar sind, aber wenn eine Heilpflanze wie Hanf deutlich der Gesellschaft hilft und es belgbar ist wird es nicht anerkannt, schon merkwürdig in welchen …doch fortschrittlichen Zeiten wir uns bewegen 😉 …man könnte im falle einer Legalisierung die Steuereinahmen z.B. locker dafür verwenden die Altersarmut in Deutschland zu bekämpfen oder mehr sinnvolle Dinge für sozialschwächere junge Menschen zu machen etc. … echt Schade das man das nicht nutzt und stattdessen lieber im Sinne des Kapitalismus Menschenleben zerstört… na dann auf 4 weitere Jahre 1 Schritt vor und 2 Schritte zurück… eines Tages wird ein Kiffer Bundeskanzler werden, und diese Schnapsnasen und… Weiterlesen »

Irgendwer
5 Jahre zuvor

Religionen anerkannt… dumm gelaufen, denn die Politik ist nicht religionsfrei, sondern betreibt Religionsmißbrauch. Nur im Denken eingeschränkte wählen CDU/CSU oder die rassistische Ergänzung, die sich “Alternative” nennt.
http://www.forschung-und-wissen.de/nachrichten/psychologie/religion-macht-kinder-unsozial-und-intolerant-13372250
Aus Kindern wurden Erwachsene. Und die sind in der Politik inzwischen eine widerwärtige Plage.

Wir lassen uns seit Jahrzehnten verarschen mit dem GG.
Der Teil vom Kanzlereid, worin es heißt; “…seinen (des Volkes) Nutzen mehren…” … bedeutet FÜR Konzerne und dergleichen und ist einfach nur ASOZIALE Volksausbeutung !
“…Schaden von Ihm (dem Volke) wenden…” das negiert sich durch Ausbeutung.
Und “…Gerechtigkeit GEGEN jederman…” … man verdreht einfach Unrecht zu Recht

peter pan
5 Jahre zuvor

@ irgendwer ist immer so ne sache mit den eiden…mehr blabla als alles andere. weil eben nicht konkret genug formuliert. und… glaube fängt ja da an, wo wissen aufhört. ich denke daher das es nicht toleranz sondern ignoranz ist. strukturelle und persönliche ignoranz. ignoranz als als disposition. für mich ist es also mehr ein misachten von fakten… frag mal eine katholiken nach darwin…wollen die nicht kennen. dürfen die kennen..wie auch frau mortel zb gekonnt ignoriert das es viel mehr alkohltote (80.000 jährlich) als cannbistote ( 0!) gibt. “alkohl gehört zu userer kultur” argument ist da schon als pervers zu bewerten. liebe bayern wählt doch mal ne andere partei.. nicht csu und nicht afd….damit die tolle fraktionsgemeinschaft endlich ein ende nimmt…was… Weiterlesen »