Freitag, 8. März 2019

Eigenanbau eines Cannabispatienten verlief straffrei

Bayreuther Staatsanwaltschaft sieht von Gerichtsverfahren ab.


Seit dem Inkrafttreten des Medizinalhanfgesetzes in Deutschland ist der Wurm im System. Zum einen erhält nicht jeder flehend nachfragende Kranke die natürliche Medizin von seinem Hausarzt verschrieben, zum anderen fehlt es in Apothekern oft an genügend importiertem Cannabis für die stetig wachsende Zahl der bereits mit einem Rezept ausgestatteten Personen. Da auch die Cannabisagentur noch einige Zeit benötigen wird, um eine marginale Menge im Land produzieren zu lassen, stehen leidende Menschen oft verlassen auf weiter Flur. So ist es nur verständlich, dass der eine oder andere chronisch kranke Cannabisnutzer sich über die geltenden Verbotsgesetze hinwegzusetzen wagt und heimlich, still und leise in seinem Kämmerlein Marihuana für sich selbst produziert. So tat dies auch ein seit Jahren an Fibromyalgie und Borreliose leidender Schmerzpatient aus dem bayrischen Bayreuth, der bei seinen gesetzlich nicht gestatteten Anpflanzversuchen von der Polizei erwischt worden war. Anstatt den für den legalen Erhalt seiner Medizin teils 200 Kilometer Fahrt in Kauf nehmenden Cannabispatient nun jedoch strafrechtlich zu verurteilen, sah die Staatsanwaltschaft Bayreuth von einer Gerichtsverhandlung ab und stellte das Verfahren aufgrund des Sachverhaltes einer Eigenmedikation ein. Der Eigenanbau eines Cannabispatienten verlief straffrei.

Wie der Deutsche Hanfverband bereits Ende Februar meldete, sah die Staatsanwaltschaft Bayreuth in den Handlungen des schwer erkrankten Heimgärtners keine tatsächlichen Gründe für eine Strafverfolgung mehr gegeben, da die angeklagte Person einzig etwas gegen die bestehenden Lieferschwierigkeiten seiner verschriebenen Medizin unternehmen wollte. Gemäß des § 31a Abs.1 BtMG wurde daher von einer Strafverfolgung abgesehen und man stellte das Verfahren ein, was per Brief am 25.02.2019 an den Betroffenen vermittelt wurde. Wörtlich hieß es in dem Schreiben, dass der geständige Beschuldigte seit vielen Jahren unter seinen Krankheitssymptomen leide und sich als Schmerzpatient in ärztlicher Behandlung befände. Er bekäme Cannabis von seinem Mediziner verschrieben, doch aufgrund der Lieferengpässe und der Unverträglichkeit gegenüber anderen Medikamenten setzte er die entsprechenden Sorten der Hanfpflanze als Samen zur „eigenständigen Fortsetzung seiner Behandlung“ in Erde. Da keine Anhaltspunkte für eine Fremdgefährdung bestünden, auch keine Teilnahme an „inkriminierten Betäubungsmittelgeschäften“ vorläge, ließe sich erkennen, dass es sich hier einzig um den Versuch der Eigenmedikation gehandelt habe. Somit wäre die Schuld des bislang nicht vorbestraften Beschuldigten als gering anzusehen. Auch ein öffentliches Interesse an Strafverfolgung bestünde hinsichtlich der beschlagnahmten Cannabispflanzen somit nicht mehr.

Die 13 Pflanzen, welche einen Wirkstoffgehalt von nur einem Prozent THC besaßen, letztendlich insgesamt 2,83 Gramm reines THC produzierten, werden dem Cannabispatienten somit nicht zum Verhängnis.

Der DHV geht aufgrund dieser überraschenden Entwicklung im bayrischen Bayreuth davon aus, dass dieser Fall auch für andere Medizinalhanfpatienten von Bedeutung sein könnte, sollten sich manche von Lieferengpässen betroffene Personen ebenfalls zu Eigenmedikation mit eigens angebautem Cannabis notgedrungen selbst versorgen und dabei von der Staatsmacht erwischt werden. Es handle sich nach dem bisherigen Erkenntnisstand des Deutschen Hanfverbandes um den ersten Fall, in dem die Lieferengpässe als konkrete Begründung für die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens genannt worden sind.

Soviel also zum einst eigentlich geplanten „Cannabisanbauverhinderungsgesetz“ der deutschen Bundesregierung – selbst da ist wieder einmal der Wurm drin.

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6 Kommentare
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Der Vertreter
5 Jahre zuvor

Soso und hätte er ohne der Hilfe vom Arzt sich die Samen eingepflanzt, hätten die ihn für 13 Pflanzen und 2,83 reines THC bestimmt für 1-2 Jahre mindestens ins Gefängnis geschickt!
Und dennoch: Es war mal wieder so unnötig, dafür auch noch Laboruntersuchungen zu machen um den THC-Gehalt zu prüfen, die Zeit hätten die Beamten sich ob legal oder illegal einfach sparen können.
Man ey, was ist das nur, warum kann man das nicht einfach legalisieren und gut ist, mensch… Warum lässt man soviel unnötigen Elend zu..
Freue mich natürlich trotzdem für den Cannabis-Konsumenten und hoffe so eine ekelhafte Erfahrung muss ihm, obwohl er nichts zu befürchten hat, nicht nochmal passieren!

Sebastian Huber
5 Jahre zuvor

Armes Deutschland sag ich nur. Cannabiskonsumenten müssen in ständiger Angst leben. Mich wundert es nicht, dass kiffen Paranoia auslösen kann, wenn man weiss, dass man Ärger mit der Justiz bekommen könnte und seinen Job verlieren kann, wenn man dafür ins Gefängnis muss.

Harald
5 Jahre zuvor

Welch großzügige Gnade, einen Patienten freizusprechen, der wegen eines Gesetzes angeklagt wird, dass eindeutig verfassungswidrig ist. Mal ganz abgesehen davon, dass Deutschland, auch in dieser Kategorie, mal wieder ein Bild des Jammers abgibt. Jenny, nicht nur dumm daher reden, sondern mal wirklich was arbeiten und nicht der Pharmaindustrie ständig in den Arsch kriechen. Ja ich weiß, die Parteispenden. Aber such mal, vielleicht wirst Du auf der Suche, nach Charakter, fündig. Wer weiß?

Rainer Sikora
5 Jahre zuvor

Von dieser Einzelausnahme läßt sich nichts ableiten oder schließen.Da waren einige Faktoren,die in ihrer Konstellation selten vorkommen.Deshalb wird sich am Umgang mit Anbauverbrechern nichts ändern.Jeder Richter unterscheidet und gewichtet anders,da weiß man auch nie wie es ausgeht.Die schlimme Schuld wiegt so viel wie das Gras oder auch Rauschgift genannt,damit es schlimmer erscheint.

R. Maestro
5 Jahre zuvor

Es ist sehr erfreulich für den Patienten. Eine vernünftige Entscheidung. Unter ca. 265.000(?) unvernünftigen Entscheidungen pro Jahr. Wieviel Promille hinter den zahllosen Dezimalstellen sind dies in etwa? Warum werden bei Verschreibungen denn keine weiteren Daten erhoben? Es wäre schon mal ein kleiner Schritt in Richtung Modellprojekten. Eine erste Erhebung von Zahlen wäre somit bereits möglich. Man will es halt nicht wirklich. Wenn dieser Patient weiterhin anbaut, wird er halt rund gemacht und auf Linie gebracht. Schon positiv dieser Ausgang, aber unschön dass vielen Patienten und Konsumenten, für ein schmerzfreies bzw. lebenswertes Leben, der Staat resp. Freiheitsentzug usw. droht. Vielleicht hat dies Vorbildcharakter. Vielleicht bekommt man solche Vernunftentscheidungen in ca. zehn bis 20 Jahren noch einmal zu lesen. Die meisten wollen… Weiterlesen »

R. Maestro
5 Jahre zuvor

Es sind Grundrechte, welche man Konsumenten abspricht und aberkennt.
Sicherlich, Werbeträgern des “Kreuther Geist” und Weinköniginnen nicht zuträglich.
Dies ist offiziell die “bessere” Riege. Rauschgiftkonsumenten.
Keine halben Sachen, Rauschgift, nicht Cannabis.
Wenn schon, denn schon. Als Vordenker.