Cannabis gegen Volkskrankheiten
Das „Cannabis als Medizin“-Gesetz ermöglicht derzeit einen Einsatz von Cannabinoiden als Medizin für schwerkranke Patienten. Eine Vielzahl von Beschwerden kann erfolgreich mit Cannabis behandelt werden und immer mehr wissenschaftliche Studien zum Thema beschäftigen sich mit der therapeutischen Wirksamkeit von Cannabinoiden. Wir haben für euch daher die fünf häufigsten Krankheiten zusammengestellt, bei denen Cannabis zum Einsatz kommen könnte.
1. Rückenschmerzen
In Deutschland haben statistisch gesehen zurzeit 32 bis 49 % der Menschen Rückenschmerzen. Etwa 70 % haben die Schmerzen mindestens einmal im Jahr und etwa 80 % klagen mindestens einmal im Leben über Rückenschmerzen (Quelle: Robert Koch-Institut).
Bei der Mehrzahl der Patienten sind diese nicht auf eindeutige Ursachen zurückzuführen. Verkrampfungen und Entzündungen entstehen durch Störungen innerhalb des komplexen Zusammenarbeitens von Muskeln, Gelenken und Bändern des Rückens.
Studien zum Einsatz von Cannabinoiden bei chronischen Schmerzen belegen eine mögliche Anwendung in der Schmerzmedizin. Interessant für die Schmerztherapie sind hierbei die beiden bekanntesten Cannabinoide, das psychoaktive THC (Tetrahydrocannabinol), sowie das wenig psychoaktive CBD (Cannabidiol). Cannabinoide sind in der Lage, Rückenschmerzen und Muskelkrämpfe zu lindern. Sie lösen Verkrampfungen in der Muskulatur, wirken schmerzstillend und entzündungshemmend.
Das Endocannabinoid-System ist ein Teil des Nervensystems und besteht aus Rezeptoren, die unter anderem die Stimmung, den Appetit, die Verdauung sowie Schmerzzustände steuern. An diese Rezeptoren docken auch die Cannabinoide der Cannabispflanze an. THC bindet an die beiden bekannten Cannabinoid-Rezeptoren CB1 und CB2. Der CB1-Rezeptor zählt zu den häufigsten Rezeptoren im Gehirn und kommt zudem in den meisten anderen Geweben und Organen des Körpers vor. Wird der CB1-Rezeptor durch THC aktiviert, so verursacht dies, neben zahlreichen weiteren Wirkungen, Schmerzlinderung und Muskelentspannung. Eine übermäßige Aktivität in den Schmerzregelkreisen des Gehirns wird gehemmt und dadurch der Schmerz gelindert. Der CB2-Rezeptor findet sich vor allem auf den Immunzellen. Die Aktivierung des CB2-Rezeptors durch THC hemmt unter anderem Entzündungen.
2. Schlafstörungen
Laut des Robert Koch-Instituts leiden rund 25 Prozent der deutschen Bevölkerung unter Schlafstörungen.
„Die möglichen schlaffördernden Eigenschaften von Cannabis sind seit langer Zeit bekannt. Dr. Bernhard Fronmüller, Arzt am Krankenhaus in Fürth und königlich bayerischer Bezirksarzt, berichtete 1869 in seiner viel beachteten Arbeit “Klinische Studien über die schlafmachende Wirkung der narkotischen Arzneimittel” über seine Erfahrungen bei genau eintausend Patienten, die aus unterschiedlichen Ursachen an schweren Schlafstörungen litten und von ihm mit verschiedenen Medikamenten behandelt worden waren. Danach war Cannabis in 53 Prozent der Fälle gut wirksam, in 21,5 Prozent teilweise und in 25,5 Prozent nicht oder nur gering wirksam.“ (Dr. med. Franjo Grotenhermen: Cannabis und THC bei schweren Schlafstörungen)
THC hat auf den Körper eine die Arterien erweiternde Wirkung. Durch die Erweiterung der Blutgefäße wird der Blutdruck gesenkt und infolge verringert sich auch die Körpertemperatur. Es kommt zu einem Entspannungsgefühl und Stressabbau. Dies kann sich natürlich förderlich auf Schlaftiefe und -dauer auswirken.
3. Allergien
In Deutschland leiden 20-25 % der Bevölkerung an einer allergischen Erkrankung. 86% aller Allergiker haben eine Pollenallergie, 41% reagieren allergisch auf Hund oder Katze, 38% auf Hausstaub und 14% auf Schimmelpilze (Quelle: Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie).
Eine Studie der Universität Bonn aus dem Jahr 2007 hat gezeigt, dass Cannabinoide entzündungshemmende Eigenschaften besitzen. Im Experiment mit Mäusen verminderte das Auftragen einer THC-Lösung allergische Hautreaktionen nachweislich. Das Endocannabinoid-System spielt eine wichtige Rolle bei der Regulierung von Entzündungsvorgängen im Körper. Das Cannabinoid THC bindet an Cannabinoid-Rezeptoren und aktiviert sie. Dadurch wird die allergische Reaktion gemindert. So können beispielsweise Kontaktallergien mit Hanf-Salben erfolgreich behandelt werden. Auch Patienten mit allergischem Asthma haben über eine Linderung ihrer Symptome durch eine Medikation mit Cannabis berichtet.
4. Migräne
Migräne ist eine der häufigsten Kopfschmerzformen, rund 10 Prozent der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland leidet an Migräneattacken (Quelle: deutsche Gesellschaft für Neurologie).
Medizinisches Marihuana kann erfolgreich bei der Behandlung von Migräne eingesetzt werden. Eine Studie der University of Colorado hat die Auswirkungen von medizinischem Marihuana auf die Häufigkeit von Migräneanfällen erforscht. Dafür wurden 121 Erwachsene, bei denen Migränekopfschmerzen diagnostiziert wurden und denen vom Arzt medizinisches Marihuana verschrieben worden war, im Zeitraum von Januar 2010 bis September 2014 untersucht. Die Auswirkungen waren signifikant. In 85 Prozent der Fälle erlebten die Patienten einen Rückgang der Kopfschmerzattacken von durchschnittlich 10,4 auf 4,6 Mal im Monat. Bei 12 Prozent der Teilnehmer hörten die Beschwerden sogar ganz auf.
Die Ursachen von Migräne sind vielfältig und immer noch umstritten. So haben vorangegangene Studien chronische Migräne mit einer Fehlfunktion im Endocannabinoid-System der Betroffenen in Verbindung gebracht. Es wird in diesem Zusammenhang davon ausgegangen, dass Cannabinoide die Schmerzen bei Migräne reduzieren, indem sie das Eindringen der Schmerzsignale ins Gehirn über die Rezeptoren des Endocannabinoid-Systems steuern.
Ein weiterer Effekt von Cannabis auf den Körper besteht in der bereits erwähnten Erweiterung der Blutgefäße. Da als mögliche Ursache von Migräne auch Durchblutungsstörungen im Gehirn eine Rolle spielen, kann Cannabis auch hier zur Linderung beitragen. So lassen die gefäßerweiternden Effekte, mit denen Cannabis auch auf die Hirnhaut einwirkt, einen Migräneanfall abklingen. Migräneanfälle werden zudem oftmals von starker Übelkeit begleitet. Hanf hilft nicht zuletzt auch hier. Cannabinoiden wird eine Übelkeit und Brechreiz unterdrückende Wirkung zugeschrieben.
5. Depressionen
Gemäß der Stiftung Deutsche Depressionshilfe sind ca. 5% der Bevölkerung im Alter von 18-65 Jahren in Deutschland an einer behandlungsbedürftigen Depression erkrankt. Fast jeder Fünfte erkrankt mindestens einmal im Leben an einer Depression. (18 Prozent der Bevölkerung). Damit ist die Depression eine der größten Volkskrankheiten.
Einer der bekanntesten Eigenschaften von Cannabis ist dessen stimmungsaufhellende Wirkung, was an Depressionen leidenden Menschen zugutekommen kann. In therapeutischer Hinsicht besonders interessant ist hierbei die Wirkungsweise von Cannabidiol (kurz CBD). Dazu schreibt Dr. Franjo Grothenhermen: „Tierexperimentelle Studien mit Ratten und Mäusen unterstützen bisher nicht veröffentlichte Erfahrungen von Patienten, dass CBD antidepressive Eigenschaften besitzt. So fanden Forscher der Universität von Kantabrien (Spanien) in zwei Studien mit einem Mausmodell für Depressionen heraus, dass „CBD ein neues, schnell wirkendes Medikament darstellen könnte, indem es sowohl Signalwege in der Hirnrinde, die auf Serotonin oder Glutamat reagieren, durch einen 5-HT1A-Rezeptor abhängigen Mechanismus verstärkt.“
Ausblick und Potential:
Übergewicht und Adipositas
Etwas über die Hälfte der Frauen (53 %) und zwei Drittel der Männer (67 %) in Deutschland sind übergewichtig. Etwa ein Viertel der Erwachsenen ist sogar stark übergewichtig (adipös). Übergewicht und Adipositas sind mit Hauptverantwortlich für eine Vielzahl an Folgeerkrankungen.
Cannabis enthält eine Vielzahl verschiedener Cannabinoide, darunter nicht nur die bekannten appetitanregenden Bestandteile. Das Cannabinoid CBD könnte bei der Bekämpfung von Übergewicht helfen. So spielt CBD eine Rolle bei der sogenannten Bräunung weißer Fettzellen. Im menschlichen Körper gibt es zwei unterschiedlich Arten von Fettzellen. Zum einen die sogenannten „weißen Fettzellen“, die im Wesentlichen zur Bildung von Fettdepots beitragen und zum anderen die „braunen Fettzellen“, welche in der Lage sind, überschüssige Energie in Wärme zu verwandeln. Die Umwandlung von weißen Fettzellen zu braunen Fettzellen (Bräunung) und die Aktivierung bestehender brauner Fettzellen werden aktuell als Möglichkeiten zur Bekämpfung von Fettleibigkeit untersucht.
„Die Wissenschaftler zeigten, dass CBD eine Rolle bei der Bräunung von weißen Fettzellen, bei der Verstärkung der Fettverbrennung, bei der Wärmeproduktion und bei der Reduzierung der Fettproduktion haben könnte. Sie schrieben, dass „CBD als eine mögliche vielversprechende therapeutische Substanz für die Vorbeugung von Fettleibigkeit erforscht werden könnte“ (Franjo Grotenhermen: Neues in der Wissenschaft zu zur Therapie mit CBD).“ Hier steckt die Forschung allerdings noch in den Kinderschuhen und wir sind gespannt, wie es weiter geht.
Dieser Beitrag darf auf keinen Fall als Ersatz für professionelle Beratung oder Behandlung durch ausgebildete und anerkannte Ärzte angesehen werden. Die enthaltenen Informationen sollten nicht dazu verwendet werden, um eigenständig Diagnosen zu stellen oder Behandlungen zu beginnen.