Sonntag, 18. Februar 2024

ADAC für höheren Grenzwert

Foto: Su/Archiv

ADAC für höheren Grenzwert bei der Führerscheinfrage. Der bisherige Wert von 1,0 ng THC soll erhöht werden. Dies berichtet LTO. In der kommenden Woche soll im Bundestag über die Freigabe von Cannabis entschieden werden. Es ist noch unklar, ob autofahrende Cannabis-Konsumenten bald von einer liberaleren Rechtslage profitieren können. Der ADAC hat nun einen Vorschlag eingebracht.

Viele Fachleute im Verkehrsrecht und der Rechtsmedizin fordern seit geraumer Zeit eine Anpassung des aktuellen Grenzwerts von 1,0 Nanogramm (ng) Tetrahydrocannabinol (THC) pro Milliliter Blutserum als Nachweis für Fahruntauglichkeit. THC ist die psychoaktive Komponente von Cannabis und verursacht hauptsächlich die berauschende Wirkung. Der derzeitige Grenzwert wird als zu niedrig angesehen, da er zwar den Konsum von Cannabis nachweisen kann, “aber nicht zwangsläufig auf eine beeinträchtigende Wirkung im Straßenverkehr schließen lässt”, wie Verkehrsrechtler des 60. Deutschen Verkehrsgerichtstages im August 2022 erklärten.

Die Problematik

Es gibt immer wieder Fälle, in denen Personen am Samstagabend Cannabis konsumieren, am Montag nüchtern Auto fahren und dann bei einer Verkehrskontrolle einen Blutwert über 1,0 ng aufweisen. Dies hat schwerwiegende Folgen, da es nach geltendem Recht eine Ordnungswidrigkeit darstellt, unter dem Einfluss bestimmter berauschender Mittel, einschließlich Cannabis, ein Fahrzeug zu führen. Eine solche Wirkung wird angenommen, wenn der Grenzwert von 1,0 ng erreicht wird. Es drohen Geldbußen von bis zu 3.000 Euro, bis zu drei Monate Fahrverbot und zwei Punkte im Flensburger Verkehrssünderregister. Ausnahmen bestehen nur für ärztlich verschriebenes Cannabis als Medikament.

Die Ampel-Koalition wird in der kommenden Sitzungswoche voraussichtlich eine teilweise Legalisierung von Cannabis im Bundestag beschließen, aber das zugrunde liegende Cannabisgesetz (CanG) enthält keine Regelungen zum THC-Grenzwert. Es steht lediglich fest, dass dieser irgendwann in einem neuen Paragraphen 44 des Konsumcannabisgesetzes (KCanG) festgelegt werden soll.

Wann dies geschehen wird, ist noch unklar. Die Ampel-Fraktionen warten auf das Ergebnis einer interdisziplinären Arbeitsgruppe des Bundesverkehrsministers Volker Wissing (FDP). Diese soll bis zum 31. März einen konkreten THC-Grenzwert für das Autofahren im Straßenverkehr vorschlagen. “Die Festlegung des Grenzwerts sollte dann durch den Gesetzgeber erfolgen”, heißt es in einem Papier mit Änderungsanträgen zum CanG, das LTO exklusiv veröffentlicht hatte.

Nichts in trockenen Tüchern

Es ist grundsätzlich noch offen, ob der Wert angehoben wird. Die Verkehrsexperten der SPD-Bundestagsfraktion hatten beispielsweise einen Grenzwert von 3,0 ng THC pro Milliliter Blutserum vorgeschlagen. Die Verkehrsrechtler des Deutschen Anwaltvereins wiesen darauf hin, dass im Vergleich zur Promillegrenze für Alkohol von 0,5 Promille der THC-Grenzwert erst bei einem Bereich von 4 bis 16 ng/ml liegt. Das Ministerium von Wissing ist jedoch eher zurückhaltend. Noch im Mai 2023 erklärte das Ministerium gegenüber LTO, dass es “keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf” sehe. Es gilt jedoch als sicher, dass sich Wissing bewegen wird.

Der ADAC hat sich nun in die Diskussion über die Bestimmung des Grenzwerts eingeschaltet. Der Verein fordert eine breite Aufklärung über erhöhte Unfallrisiken im Zusammenhang mit der Liberalisierung von Cannabis. In Bezug auf den Grenzwert schlägt der ADAC eine differenzierte Regelung vor, die tendenziell strengere Vorgaben für Fahranfänger und Fahrerinnen nach dem Führerscheinerwerb sowie für Personen unter 21 Jahren vorsieht, ähnlich wie bei Alkohol am Steuer während der Probezeit. Für Fahranfänger sollte weiterhin die Möglichkeit einer Wirkung der berauschenden Substanz bei einem THC-Gehalt von 1,0 Nanogramm sanktioniert werden, wie es im Straßenverkehrsgesetz für Alkohol geregelt ist.

Jenseits dieser besonders gefährdeten Gruppe sollte das Ziel sein, einen Wert festzulegen, “bei dem eine Verschlechterung der Verkehrssicherheit tatsächlich zu erwarten ist und nicht nur theoretisch möglich ist”. Mit anderen Worten: Der ADAC kann sich durchaus eine Erhöhung des Grenzwerts für Personen über 21 Jahre vorstellen. Dr. Markus Schäpe, Leiter der Rechtsabteilung des ADAC, sagt: “Wie bei Alkohol brauchen wir einen klaren Grenzwert, der sich ausschließlich an den Auswirkungen von Cannabis im Straßenverkehr orientiert.”

Neues Messverfahren

Der ADAC schlägt außerdem vor, weitere Messverfahren zu prüfen, wie beispielsweise die Analyse von Mundhöhlenflüssigkeit, um eine akute Beeinträchtigung durch den Konsum von Cannabis in zeitlicher Nähe zur Teilnahme am Straßenverkehr zu bewerten oder nachzuweisen. Die Aussagekraft neuer Messmethoden sollte jedoch umfassend evaluiert werden, bevor sie angewendet werden.

“Es darf nicht mit der Sicherheit im Straßenverkehr experimentiert werden”, sagte ein Sprecher des ADAC auf Anfrage der dpa am Wochenende. Der Konsum von Cannabis könne die Wahrnehmung verändern und das Reaktionsvermögen negativ beeinflussen. Insbesondere Personen, die Cannabis nach einer Legalisierung ausprobieren möchten und sich nicht ausreichend mit seiner bewusstseinsverändernden Wirkung auseinandergesetzt haben, könnten sich dieser Gefahr möglicherweise nicht ausreichend bewusst sein. Daher sei eine intensive Aufklärung der Bevölkerung über die erhöhten Unfallrisiken unerlässlich und sollte frühzeitig erfolgen.

Ob es in Zukunft mehr Fälle von Cannabis am Steuer geben wird, hängt auch davon ab, wie gut und intensiv die Bevölkerung über die erhöhten Unfallrisiken aufgeklärt wird, so der ADAC. Es müsse ausreichend informiert werden.

Ein Beitrag von Simon Hanf

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12 Kommentare
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Ali
2 Monate zuvor

Einfach mal gucken, wie es andere Länder machen. Dort gibt es auch gute Forscher und vielleicht sogar einen Wissensvorsprung. Aber dazu ist die deutsche Politik anscheinend nicht fähig. Elende Sesselfurzer!

Haschberg
2 Monate zuvor

Den Vorschlag des ADAC, den Grenzwert bei älteren Verkehrsteilnehmern zu erhöhen, halte ich für durchaus vernünftig. Ältere Personen mit ausreichender Cannabis – Erfahrung verhalten sich in der Regel ganz anders und wesentlich umsichtiger im Straßenverkehr, wie Anfänger. Ein Grenzwert von 1 ng ist, wie wir wissen, ohnehin völlig überzogen und rein willkürlich. Mein Vorschlag wäre für Fahranfänger 5 ng ( das wäre immer noch im sicheren Bereich) und für ältere (evtl. ab 25 Jahren) 10 oder 15 ng. Natürlich sollte kein Mischkonsum mit anderen Substanzen (wie gerade dem Alkohol) erfolgen, denn das kann in der Tat gefährlich enden ! ! ! Darauf sollte in besonderem Maße vom Gesetzgeber hingewiesen werden. Ich bin in früheren Jahren (Ende 70er, Anfang 80er Jahre)… Weiterlesen »

Heisenberg
2 Monate zuvor

5Ng im Blut,nicht im Serum,wäre ein echter Kompromis, mit dem alle Leben könnten.25g Cannabis besitzen zu dürfen, hätte ähnliche befreiende Wirkung.Beides geht natürlich nicht, weil Konsumenten dieser Droge gequält werden sollen.Soll sich demnächst ändern.Wir werden sehen und erfahren.

Fred
2 Monate zuvor

// Der ADAC schlägt außerdem vor, weitere Messverfahren zu prüfen, wie beispielsweise die Analyse von Mundhöhlenflüssigkeit, um eine akute Beeinträchtigung durch den Konsum von Cannabis in zeitlicher Nähe zur Teilnahme am Straßenverkehr zu bewerten oder nachzuweisen // Genau das halte ich für den richtigen Weg. Weg von einer Ng Grenze. Denn das kann niemals eine faire Lösung für alle Konsumenten sein, da die Verstoffwechselung von THC nicht unisono festgelegt werden kann. Zumal ein Wert von meinetwegen 5 ng oder höher bei regelmäßig Konsumierenden keine Ausfälle bewirken, bei einem Gelegenheitskonsumenten aber vielleicht doch. Eine gesetzlich Regelung sollte sich deshalb lediglich auf einen konsumfreien Zeitraum beziehen. 8, 10 oder vielleicht 12 Stunden nach Konsum sollte der Hänfling als nüchtern betrachtet werden. Entsprechende… Weiterlesen »

buri_see_kaeo
2 Monate zuvor

“Die Analyse von Mundhöhlenflüssigkeit…” müsste i.m.O. eine belastbare Aussage liefern. Meine letzte polizeiliche Verkeherskontrolle vor fast genau 3 Jahren war eine einzige Katastrophe!: Abends los, um die Frau von der Arbeit abzuholen. Natürlich an dem Tag noch völlig unbekifft, weil ich die Bewältigung des Tagesprogrammes daher als noch nicht erledigt betrachte. Zettelkramkontrolle = OK. Gelbe Westen, Verbandkasten = OK. Das Reifenprofil ist grenzwertig! OK, ich kümmere mich drum. Was getrunken?, klar doch, mit Sicherheit alkoholfrei. Aussteigen, gerade gehen = OK. Finger zur Nasenspitze bitte. Welcher Finger welcher Hand bei “Augen zu”? = OK. Achtung, ich dreh’ mich jetzt um, welche Finger an welcher Hand zusammenführen? = OK. Ich vermeide in solchen Situationen (da kommt mir irgendwer) die persönliche Anrede, halte… Weiterlesen »

Zuletzt bearbeitet 2 Monate zuvor von buri_see_kaeo
KJB
2 Monate zuvor

Hab mir mal eine Reportage angesehen, die einen Test, in Holland, wissenschaftlich begleitet, mit bekifften Personen machten, mit einem Fahrlehrer als Beifahrer.
Das Ergebnis entsprach auch meinen eigenen Erfahrungen: Wenn man gerade etwas geraucht hat, sollte man lieber ca. 20 Minuten warten bis man sich ans Steuer setzt. Ca. nach diesem Zeitpunkt konnten keine Konzentrationsschwächen und Unaufmerksamkeiten beim Steuern eines Kfz bemerkt werden., man fährt defensiver und vorausschauender.

buri_see_kaeo
2 Monate zuvor

Ich warte >5 Stunden.
Der WDR hatte vor ca. 2 Jahren in DE getestet, Ergebnis, auch ungefähr sh.o. in Deinem oder diesem, meinen Beitrag, gibt es in 2 Teilen auf YT.
Vor ca. 40 Jahren beim ADAC ohne vorheriger Kenntnis des Tests auf Reaktion und “Augen-OK” 2 Bekannte und ich an 3 aufeinander folgenden Tagen. Für jeden gleich hat sich gezeigt:
1. bekifft = bestanden
2. nüchtern = bestanden
3. 10min nach schneller 0,33-Standard-Bier-Pulle: Reaktion = durchgefallen, “Augen-OK” = bestanden

Zuletzt bearbeitet 2 Monate zuvor von buri_see_kaeo
MicMuc
2 Monate zuvor

Es ist ein Licht-Blick, wenn einzelne Verbände sich noch dem Gemein-Sinn als Gemein-Wohl (volonté générale) ganz im Sinne (Rousseaus und) Kants verpflichtet fühlen. Umso trauriger stimmt es mich in diesem Lichte (der Vernunft), daß es für große Teile der sogenannten Volksvertreter nicht mehr gilt.
Wir tragen schwer an ihren Scheuklappen beschränkter und beschränkender Parteidoktrin …

MicMuc
2 Monate zuvor

Die antiChristliche Union will bekanntermaßen das Gesetz wieder zurückdrehen, weiß aber, daß sie das nicht kann (ohne eine äußerst unwahrscheinliche absolute Mehrheit)…

So funktioniert POPULISMUS der Betonköpfe gemäß dem Motto: “Die Partei, die Partei, die hat immer Recht …” Sie müssen damit auch ihre Lüge nicht eingestehen. Sie gaukeln einfach vor, daß sie nach wie vor das Richtige (und RECHTE!) wollen aber leidergottes ihre Hände durch linksgrün-versiffte Ideologen gebunden sind.

So bleibt ihre Lüge Wahrheit …

buri_see_kaeo
2 Monate zuvor

Ich verstehe die Schaumschlägerei der CDU nicht so ganz. Die CDU braucht doch überhaupt gar nichts zurückdrehen. Das BuVerfGe wird ja wohl mindestens nach Veröffentlchung der neuen Cannabis-Gesetze im Bundesanzeiger, “auf ohne CDU-Auftrag getarnt” von selbst sich der noch 3 offenen von Richter Müllers Kollegen Anträge annehmen und das neue CanG in die Tonne kloppen, bis auf in ca. 16 Jahren…
mfG  fE

Zuletzt bearbeitet 2 Monate zuvor von buri_see_kaeo