Mittwoch, 21. September 2022

Cannabis-Verbände: Versorgung mit Medizinal-Cannabis muss verbessert werden!

Bild: su/Archiv

Cannabis-Verbände: Versorgung mit Medizinal-Cannabis muss verbessert werden!

“So wie es ist, kann es nicht bleiben.” ist das Credo von acht Cannabis-Verbänden. Die Cannabis-Verbände fordern eine bessere Versorgung der Bevölkerung mit medizinischen Cannabis und THC-haltigen Cannabis-Arzneien.

Die Verbände

Die folgenden acht Cannabis-Verbände haben in einer Pressemitteilung konkrete Forderungen an den Gesetzgeber gestellt. “Bundesverband pharmazeutischer Cannabinoidunternehmen e.V. (BPC), Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e.V. (ACM), Bund Deutscher Cannabis-Patienten e.V. (BDCan), Branchenverband Cannabiswirtschaft e.V. (BvCW), Deutsche Medizinal-Cannabis Gesellschaft e.V. (DMCG), Patientenverband Selbsthilfenetzwerk Cannabis-Medizin (SCM), Verband der Cannabis versorgenden Apotheken e.V. (VCA) und Wissenschaftsnetzwerk Cannabinoide in der Medizin (WCM). 

Die Verbände stellen heraus, dass die geplante Cannabislegalisierung zu Genusszwecken an Erwachsene eine sinnvolle Entscheidung ist. Allerdings dürfen, so die Verbände, die Bedürfnisse einer anderen Gruppe dadurch nicht in den Hintergrund geraten. Nämlich die Bedürfnisse der Cannabispatienten. Diese können durch die Behandlung mit THC-haltigen Arzneien eine signifikante Verbesserung ihrer Lebensqualität erzielen. Nicht selten sind Patienten dadurch wieder arbeitsfähig und können trotz schwerwiegender Erkrankungen wieder am Leben teilhaben. Allerdings ist die flächendeckende Versorgung mit Cannabis-Arzneien in Deutschland nicht ausreichend. Dort gibt es starken Nachholbedarf. „Viele Patient:innen, die Cannabis aus medizinischen Gründen benötigen, sind gegenwärtig weiterhin in die Illegalität gedrängt oder werden sogar strafrechtlich verfolgt,“ heißt es in der Erklärung. Einer der Gründe ist die hohe Ablehnungsquote der Krankenkassen, welche sich zum Nachteil der Patienten auswirkt.

Die aktuelle Lage

Eine Analyse der Verbände ergab ebenfalls „Viele Patient:innen können sich diese Behandlungskosten und die Medikamente aus der Apotheke aus finanziellen Gründen nicht leisten, sodass eine soziale Schieflage entstanden ist“. Dies liegt am notwendigen Übel der Eigenfinanzierung der Arzneien. Der durchschnittliche Cannabispatient benötigt im Schnitt 1,6 Gramm Cannabisblüten am Tag. Bei Kosten von bis zu 25€ für ein Gramm kommt nicht selten eine Summe von über 1000€ pro Monat zusammen. Dies können sich viele Menschen nicht leisten. Besonders dann nicht, wenn sie aufgrund ihrer Erkrankung nicht arbeitsfähig sind. 

„Patient:innen mit einer ärztlich bescheinigten Notwendigkeit für eine cannabisbasierte Therapie sollten nicht länger Gefahr laufen, strafrechtlich verfolgt zu werden“, fordert Dr. med. Franjo Grotenhermen, stellvertretender Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e.V. (ACM). „Die anhaltende Kriminalisierung vieler unbescholtener Bürger:innen, die sich mit Cannabis selbst therapieren müssen, ist einem modernen und reichen Land wie Deutschland unwürdig. Auch bei der Behandlung mit Cannabis-Medikamenten muss die Therapiehoheit da liegen, wo sie hingehört, bei den behandelnden Ärzt:innen.“ heißt es weitgehend in der Pressemitteilung der Verbände. 

Das Gesetz

Das “Cannabis als Medizin” Gesetz muss laut der Verbände, dringend überarbeitet werden. „Derzeit werden noch immer fast 40% aller Anträge auf Kostenübernahme durch die Krankenkassen abgelehnt, was zu einer hohen Quote von Privatzahler:innen in unseren Apotheken führte“, sagt Dr. Christiane Neubaur, Geschäftsführerin des Verbandes der Cannabis versorgenden Apotheken e.V. (VCA). 

Gero Kohlhaas vom Patientenverband Selbsthilfenetzwerk Cannabis-Medizin (SCM) stellt dar: „Zu wenige Ärzt:innen verschreiben diese hochwirksame Therapie aufgrund der bürokratischen Hürden. Der Genehmigungsvorbehalt muss abgeschafft werden, um Patient:innen unabhängig von ihren finanziellen Möglichkeiten Zugang zu einer notwendigen Therapie zu gewährleisten. Gleichzeitig müssen verschreibende Ärzt:innen vor einem Regress geschützt werden.“

Laut konservativen Schätzungen gibt es auf dem Genussmittelmarkt einen Bedarf von 400 Tonnen Cannabis pro Jahr. Maximilian Schmitt, Vorsitzender des Vorstands des Bundesverbandes pharmazeutische Cannabinoidunternehmen e.V. (BPC), fordert deshalb: „Der legale Markt darf auf keinen Fall die Versorgung mit Produkten für den medizinischen Bereich gefährden. Um die therapeutischen Bedürfnisse von Patient:innen sicherzustellen, sollte deshalb der Bedarf an Medizinalcannabis vorrangig gedeckt werden.“ 

Die Bedürfnisse eines Freizeitkonsumenten dürfen deshalb nicht die Bedürfnisse eines Cannabispatienten verdrängen. Patienten, da sie ohne Cannabis nicht adäquat am Leben teilhaben können, müssen deshalb bevorzugt werden.  

Fazit

Da es im föderalen Deutschland in jedem Bundesland eigenständige Regeln gibt, würde eine Vereinheitlichung durch eine gemeinsame Aufsichtsbehörde Sinn ergeben. „Eine zuverlässige Versorgung von Patient:innen mit qualitativ hochwertigen und geprüften Produkten braucht dringend bundeseinheitliche Rahmenbedingungen“, sagt Dirk Heitepriem, Vizepräsident des Branchenverbandes Cannabiswirtschaft e.V. (BvCW). „Egal in welchem Bundesland, Ärzt:innen und Patient:innen müssen die Sicherheit haben, immer die gleiche Qualität zu erhalten“.

Des Weiteren wird in der Erklärung der Verbände der Ausbau der Forschung gefordert. Es gibt erhebliche Wissenslücken in der Cannabisforschung welche geschlossen werden müssen, um eine adäquate Verordnung von Cannabis zu medizinischen Zwecken weitgehend zu etablieren. “Um bestehende Wissenslücken zu schließen, muss die klinische Forschung im Bereich Medizinalcannabis dringend durch bessere Rahmenbedingungen und Forschungsgelder gefördert werden. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Bedeutung des Endocannabinoidsystems für den gesunden Organismus und die Pathogenese und Behandlung von Erkrankungen müssen außerdem als fester Bestandteil in die medizinische und pharmazeutische Lehre aufgenommen werden.“

Die Forderungen der Verbände im Überblick:

1. Genehmigungsvorbehalt abschaffen und Kostenerstattung für Patient:innen sichern

2. Therapiehoheit für Ärzt:innen wiederherstellen

3. Soziale Schieflage bei der Versorgung mit Medizinalcannabis überwinden

4. Bestehenden Rechtsrahmen für medizinisches Cannabis bundesweit einheitlich gestalten

5. Qualität und Sicherheit für Medizinalcannabis sicherstellen

6. Versorgung von Patient:innen mit qualitätsgesicherten cannabisbasierten Arzneimitteln

vorrangig sichern

7. Klinische Forschung durch bessere Rahmenbedingungen sowie finanzielle Unterstützung

fördern

8. Grundlagen des Endocannabinoidsystems und des therapeutischen Potenzials von

Cannabinoiden in der medizinischen und pharmazeutischen Lehre verankern

Es sind eindeutig weitere Verbesserungen notwendig.

Ein Beitrag von Simon Hanf

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1 Kommentar
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Heisenberg
1 Jahr zuvor

Wenn schon nicht legalisiert wird,dann wenigstens den medizinischen Zugang ermöglichen,und den Staat bezahlen lassen.Ist aber nicht gewollt,das hie jemand kifft.