Freitag, 1. April 2022

Rauchen vs Edibles: Wo sind die Unterschiede?

Oft bleiben die Vor- und Nachteile beider Methoden unerkannt

Cannabis
Foto: Archiv

Wer bereits Erfahrung mit Edibles (also essbaren Cannabisprodukten) und Joints, Blunts oder Vaporizern gemacht hat, der weiß: Dosierung, Wirkung und Effekt unterscheiden sich teilweise drastisch. Aber wo liegen die grundlegenden Unterschiede? Sind Edibles wirklich gesünder als Cannabis schlicht zu rauchen?

Ein erster, großer Unterschied liegt in der Stärke von Edibles. Das hat mit der Aufnahme der Wirkstoffe durch den Körper zu tun: Beim Rauchen werden diese über die Lunge aufgenommen, bei Edibles hauptsächlich über Leber. Interessant dabei ist, dass die Wirkung bei Edibles bei gleicher Menge stärker ist als bei inhaliertem Cannabisrauch – und das obwohl Kekse und Co eine geringere Konzentration an THC an den Körper abgeben. Die Lunge kann schlicht eine höhere Menge an THC verarbeiten: je nach Zugstärke und Dauer der Inhalation liegt zwischen 2 und knapp 60 Prozent. Bei Edibles liegt diese “Bioavailability” lediglich bei 10 bis 20 Prozent. Dennoch liegt niemand falsch, der Edibles eine enorme Stärke nachsagt: Auch wenn die Wissenschaft noch in den Kinderschuhen steckt, deutet einiges darauf hin, dass das in der Leber aus dem THC aufgeschlossene Abbauprodukt 11-hydroxy-THC schneller und einfacher die Blut-Gehirn-Schranke überquert. Diese Schranke ist eine Zellmembran, welche das Blut filtert, welches zum Gehirn gelangt. In frühen Studien konnte nachgewiesen werden, dass 11-hydroxy-THC weitaus potenter als herkömmliches THC ist.

Wer öfter Edibles isst, der kennt das vielleicht: Manchmal – zum Glück sehr selten – bleibt die Wirkung ein wenig enttäuschend. Das hat damit zu tun, dass die Leber manchmal einfach zu gut in ihrem Job ist: Sie verwertet den Edible einfach zu gewissenhaft. Besonders auf leerem Magen, wenn die Leber wirklich alles aus der Nahrung gewinnen will, kann dies passieren. Wer sich gehen will, dass die Cannabispraline auch wirkt, der sollte vorher eine Kleinigkeit essen – auch wenn das heißt, dass die Wirkung sich ein wenig verzögert.

Hier liegt auch ein weiterer Unterschied zwischen Edibles und gerauchtem Cannabis: Die Wirkung bei inhaliertem THC setzt beinahe sofort ein, erreicht nach wenigen Minuten den Höhepunkt und ist binnen weniger Stunden verflogen. Bei Edibles muss man sich auf eine längere Angelegenheit einstellen: Einerseits dauert es 30 bis mitunter 120 Minuten, bis eine Wirkung einsetzt. Diese ist auch oftmals, anders als bei Cannabisrauch, weniger plötzlich, sondern kommt in Wellen. Bis die Effekte restlos verschwunden sind, kann es zwischen 3 und 6 Stunden dauern. Die Zeiten variieren natürlich nach Stärke und Menge des konsumierten Cannabis.

Oft kommt es deswegen auch zu einer ungewollten “Überdosis” bei Edibles: Konsumenten sind oft verwirrt über die ausbleibende Wirkung nach dem Verzehr von essbaren Cannabisprodukten, werden ungeduldig und legen nochmal nach. Die Konsequenz: Die Wirkung ist zu intensiv und nicht mehr angenehm, bis hin zur Übelkeit, Panikattacken und Schwindel. Denn während die Wirkung sich bei einem Joint oder Blunt besser einschätzen lässt und eine Überdosis daher ausbleibt, ist bei einem Edible und seiner Stärke eine Überdosis schnell erreicht. Auch wenn niemals lebensgefährliche Effekte einsetzen können, ist eine solche Überdosis sehr unangenehm. Ärzte raten hierbei die Ruhe zu bewahren und sich durch essen, trinken, schlafen oder gepflegtes fernsehen abzulenken.

Es lohnt – ob geraucht oder gegessen – in geringen Mengen erste Erfahrungen zu machen. In den USA und anderen Ländern, in denen Cannabis für Genußzwecke erlaubt ist, lässt sich die Dosierung zum Rauchen sowie für Edibles natürlich leichter einschätzen. Hierzu eine kleine Milchmädchenrechnung: Bei legalem Cannabis hat Qualitätsware durchschnittlich etwa 18 Prozent (oder 180 mg) THC pro Gramm Cannabis. Beim Verbrennen gehen etwa 60 Prozent dieser Menge verloren – rechnet man großzügig mit etwa 0,3 Gramm Cannabis pro Joint, so kommt man hier etwa auf 18-20 mg THC (raucht man den Joint komplett alleine). Bei Edibles bräuchte man bei dieser Menge schon eine sehr hohe Toleranz: Üblicherweise empfiehlt man für Anfänger 1 bis 2,5 mg für Anfänger, 5 Gramm für Gelegenheitskonsumenten, 10 Gramm für Konsumenten mit hoher Toleranz und 20 Gramm für sehr hohe Toleranz.

Die gesundheitlichen Unterschiede sind relativ offensichtlich: Beim Verzehr von Cannabis fallen die schädlichen Folgen für die Lunge weg. Vor allem da die Wissenschaft jüngst feststellen konnte, dass Cannabisrauch – auch als Passivrauch – etwa ebenso schädlich ist wie Tabak, spricht von einer gesundheitlichen Seite aus viel für Edibles. Cannabis zu essen ist wohl die älteste Konsummethode, der Verzehr wird schon seit Jahrtausenden als Heilmittel gesehen. Allerdings muss hierbei bedacht werden: Die Pflanze muss verarbeitet werden, um den nötigen Effekt zu erwirken. Wer also auf die Idee gekommen ist, seine Cannabispflanze mit einem herzhaften Biss zu bestrafen, der wird enttäuscht werden. Letztendlich bleibt es aber jedem selbst überlassen: Ob rauchen oder essen, solange der Konsum verantwortungsbewusst bleibt, gibt es keine Grenzen. Bis auf die Legalisierung natürlich.

Abonnieren
Benachrichtige mich bei

Schnelles Login:

5 Kommentare
Ältester
Neuster Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare zeigen
Rainer
2 Jahre zuvor

Darüber nachzudenken,welche Konsumform gut ist,macht nur mit sauberen Cannabis Sinn.Erst mal drugchecking legalisieren.

Ramon Dark
2 Jahre zuvor

Ein weiterer positiver Gesundheitsaspekt der Edibles liegt darin, das beim Essen im Gegensatz zum Rauchen die in den verwendeten Pflanzenbestandteilen enthaltenen Vitamine und Mineralstoffe mit aufgenommen werden.
Empfohlenes Kurzrezept für reine Rohkostfans: frischer Hanfblattsalat mit frischen Hanfblüten, Harz, Hanfkornöl, Wildkräutern, Rettich oder Radieschen, Bärlauch oder Knoblauch, naturtrüber Apfelessig, Salatgewürze, eventuell noch laktovegetarisch abgerundet mit etwas Rohmilchschmand. Lässt sich natürlich auch noch nach Bedarf variieren und in ein nicht unbedingt nur rohköstliches Menü einbauen. Und hinterher ist nicht übel ein kleiner oder auch grosser Verdauungsdübel. Mit etwas Übung lässt sich auch eine Überdosierung angenehm meistern.

gein
2 Jahre zuvor

Drastische Unterschiede gibt’s bei Cannabis nicht, viel zu schwach. Wer da schon das Ergebnis als drastisch bezeichnet soll mal die Tavor Tablette vor dem OP abwarten.

Haschberg
2 Jahre zuvor

Also ich würde mich schon freuen, wenn es bei uns auch bald ganz legal Edibles zu kaufen gäbe, zumal ich ohnehin nur noch oral konsumiere.
Die potenten Cannabinoide in irgendwelchen süssen Leckereien versteckt zu vernaschen, wäre ein ganz besonderer Kick für mich.
Es ist schon traurig, da steht eine ganze Hanfindustrie in den Startlöchern und die Politik kommt nicht voran, weil sie in ihrer Handlungsfreiheit durch überaus unsinnige und unverhältnismäßige Anti-Cannabis-Gesetze, die erst einmal in langwierigen Verfahren beseitigt werden müssen, regelrecht beschränkt ist.

kmargolumy
11 Tage zuvor

Hanfpflanzen enthalten viele wichtige Vitamine und Mineralstoffe, wie beispielsweise Vitamin E, Kalium und Magnesium, die im Rohzustand besser erhalten bleiben. Hanfblätter und -blüten sind außerdem reich an Antioxidantien, die entzündungshemmend wirken können. Durch das Essen von Hanf in Form eines Salats oder in anderen Gerichten wie du es beschreibst, kann man diese Vorteile genießen, ohne die schädlichen Auswirkungen des Rauchens zu riskieren.