Mittwoch, 27. Februar 2019

CBD: Wechselwirkungen mit Medikamenten

Reicht der Grapefruit-Test zur Sicherheit?


Text: Robert Kania, Übersetzung aus dem Englischen: su

Heute kommen wir zu einem ziemlich heiklen Thema – der Wechselwirkung von Arzneimitteln und Cannabidiol. Obwohl die in Deutschland verfügbaren CBD-Präparate nicht den Status einer Medizin besitzen, werden sie von vielen Menschen für allgemeine Gesundheitszwecke verwendet – wie andere Nahrungsergänzungsmittel pflanzlichen Ursprungs auch. So verwendet sollte das CBD-Hanföl keine Nebenwirkungen haben, aber wie sieht es aus, wenn es gleichzeitig mit Arzneimitteln eingenommen wird?

Fragen Sie Ihren Arzt!

Bevor wir die möglichen Interaktionen diskutieren, möchten wir sie an zwei Dinge erinnern. Erstens – die meisten der hier vorgestellten Studien gelten für CBD-Präparate in medizinischer Qualität, bei denen sich die Reinheit des Inhaltsstoffs in Bezug auf das allgemein in Deutschland erhältliche CBD-Hanföl eventuell erheblich unterscheidet. Man könnte folglich die Schlussfolgerung ziehen, dass die potenzielle negative (oder positive) Nebenwirkung zwischen Medikamenten und Cannabidiol, die in medizinischen Dosen verabreicht werden, nicht unbedingt auf CBD als Nahrungsergänzungsmittel bezogen ist – und dies könnte zutreffen.

Aber es gibt auch noch – und dies ich viel wichtiger! – Vorbehalte, die man bedenken sollte. Im Falle der Verwendung von Medikamenten, nicht nur eines verschreibungspflichtigen Medikaments, und nicht nur der im Artikel aufgeführten, sollten Sie bei Zweifeln an der Interaktion mit CBD (oder auch anderen Stoffen) zuerst den Arzt konsultieren. Man sollte nicht unkritisch an alles glauben, was man so im Internet liest (einschließlich dieses Artikels) – man kann auf die potenziellen Eigenschaften pflanzlicher Produkte aufmerksam machen, aber im Zweifelsfall hat der Arzt das letzte Wort. Die Zeiten, in denen die Cannabis-Szene nur mit Alternativmedizin assoziiert wurde und mit den Ärzten in Konflikt geraten war, sind längst vorbei – und das ist gut so.

Im Folgenden wollen wir unter Berücksichtigung aller oben genannten Punkte den Mechanismus der Interaktion zwischen CBD und Medikamenten betrachten.

Im Wettbewerb mit Cytochrom

Der grundlegende Mechanismus der Interaktion zwischen CBD und Medikamenten ist die Wirkung auf Cytochrom P450. Dieser etwas sperrige Name bezieht sich auf eine Familie von Leberenzymen, die die entscheidende Rolle bei der Metabolisierung von Arzneimitteln spielen. Diese Schlüssel-Enzymgruppe metabolisiert die meisten der von uns konsumierten Medikamente, einschließlich über 60 Prozent der am Markt erhältlichen Medikamente. Es ist daher äußerst vielseitig einsetzbar, vor allem wenn man bedenkt, dass die Mehrheit der Leberenzyme nur eine Substanz oder eine Substanzgruppe metabolisiert.

Und wie kommt CBD hier ins Spiel? Kurz gesagt, Cannabidiol wirkt als kompetitiver Inhibitor von Cytochrom P450. Großartig, aber was bedeutet es? Dies bedeutet, dass CBD zwar selbst durch P450 verstoffwechselt wird, jedoch dabei “alle Aufmerksamkeit auf sich zieht” – und damit die Wirkung von Cytochrom P450 auf andere Substanzen unterbindet, die es normalerweise verstoffwechseln würde. (Ein anderer potenter Inhibitor von P450 ist Bergapten, der häufig in Grapefruit zu finden ist.) Natürlich ist es nicht so einfach. Der Verlauf und die Auswirkungen der Hemmung des Prozesses hängen von der Dosis und der Form der CBD-Aufnahme ab – und auch davon, ob wir ein Isolat oder den gesamten Pflanzenextrakt verwenden (was in den meisten Fällen aufgrund des gezogenen Entourage-Effekts der empfohlene Weg ist). Insbesondere der letzte Faktor sollte berücksichtigt werden, wobei zu beachtet werden muss, dass die Mehrzahl der vorklinischen Studien und klinischen Studien mit reinem CBD oder mit Medikamenten basierend auf seinem Isolat (z.B. Sativex) durchgeführt wurden.

Bringt CBD also die Wirkung von Medikamenten zum Stillstand?

Ohne tiefer in die Natur der komplexen CBD-Cytochrom-Wechselwirkung einzutauchen, ist eines mit Sicherheit bekannt: Ab einer bestimmten Schwellendosis verlangsamt Cannabidiol die Metabolisierung bestimmter Medikamente. Um die Dinge komplexer zu gestalten, ist weder die Schwellendosis (Studien von GW Pharmaceutical haben noch keine Wechselwirkungen unter der 40-mg-Dosis gezeigt, obwohl andere den Grenzwert bereits auf 25 mg geschätzt hatten) bekannt, noch ob die Verlangsamung des Arzneimittelstoffwechsels dazu führt, dass die Medikamentenwirkungen sich abschwächen oder verstärken. Folglich kann die Auswirkung nicht klar definiert werden!

Um dieses scheinbare Paradoxon zu erklären, müssen wir verstehen, wie komplex der Stoffwechselprozess ist. Der Hauptbestandteil eines Arzneimittels kann manchmal völlig andere Wirkungen haben als seine Metabolite. Nehmen wir zum Beispiel Ethanol – wir fühlen uns großartig – am Anfang, aber seine Metabolite … nun, wir werden es am ersten Januar verspürt haben. Manchmal ist der Unterschied nur die Potenz des Arzneimittels – zum Beispiel sind die psychoaktiven Wirkungen von THC (der wichtigste psychoaktive Wirkstoff von Cannabis) viel stärker als die seines Hauptmetabolits – 11-OH-THC. Die Fähigkeit, die Menge dieses Derivats zu begrenzen, erklärt den antipsychotischen Effekt von CBD, wenn es zusammen mit THC verabreicht wird. Das Gleiche passiert mit Medikamenten – es gibt einige Medikamente, die in Kombination mit einer hohen CBD-Dosis eine viel schwächere Wirkung haben – weil der Hauptwirkstoff ihre Metabolite sind, aber es gibt auch solche – und davon gibt es viele – die in erster Linie in ihrer “Basisversion” wirken. Sie zu verstoffwechseln bedeutet, sie effektiv aus dem Körper zu entsorgen und damit ihre Wirkung zu stoppen. Und diese letztere Gruppe von Medikamenten steht im Zusammenhang mit den potenziell gefährlichen Nebenwirkungen der Einnahme großer Dosen reinen CBDs.

Die schwerwiegendsten Interaktionen

Im Fall von Cannabidiol sind Studien zu Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln leider noch recht rar. Der Forscher, der die CBD-Wechselwirkung mit Cytochrom P450 entdeckte, war Lester Bornheim, dem wir die Entdeckung des Potenzials von CBD bei der Behandlung refraktärer Epilepsie verdanken. Bornheim machte die Wissenschaftler auf eine interessante Eigenschaft aufmerksam, die durch eine Reihe weiterer Studien bestätigt wurde: Obwohl CBD die Epilepsie potenziell lindern könnte, interagiert es gleichzeitig mit Cytochrom P450 – und ist wirksamer als herkömmliche Antiepileptika.
Dies wiederum führt dazu, dass diese Medikamente in nicht metabolisierter Form länger im Körper verbleiben. Angesichts der Toxizität von Substanzen wie Clobazam sollte die Zulassung von CBD zusammen mit den herkömmlichen Arzneien sorgfältig überwacht werden, da dies wahrscheinlich dazu führen kann, dass die Dosis der letzteren reduziert wird. Die Angelegenheit ist noch komplexer, da die Dosis von CBD, die die Wirkung der traditionellen Arzneimittel stören kann, nach wie vor zu niedrig sein kann, um die antiepileptische Wirkung von CBD auslösen zu können – sodass der Patient nur negativ von Nebenwirkungen betroffen ist, ohne therapeutischen Nutzen!

Eine andere ebenso ernste potenzielle Gefahr kann durch das Mischen von CBD mit Chemotherapeutika verursacht werden. Das Prinzip dieser Medikamentengruppe beruht auf der Tatsache, dass ihre tägliche Dosierung knapp unter der Toxizitätsschwelle liegt. Die Folgen einer längeren Präsenz im Blutkreislauf – was durch CBD tatsächlich verursacht werden kann – sind schwerwiegend: Die Toxizität kann überschritten werden, und das Arzneimittel wird tatsächlich zu einem Gift!

Häufiger, aber möglicherweise genauso gefährlich, ist das problematische Zusammenspiel von CBD und Antikoagulanzien wie Warfarin. Auch hier handelt es sich um eine verlängerte Wirkung der Droge – die möglicherweise gefährlich sein könnte. An diesem Punkt ist es unbedingt erforderlich, dass sie Ihren Arzt informieren, bevor sie mit der Einnahme von CBD beginnen.

Es gibt auch Berichte über potenziell problematische Wechselwirkungen von Cannabidiol und: Rifampicin, Alkohol, Griseofulvin, Phenobarbital und Sulfonylharnstoff.

Soll ich meine Therapie abbrechen oder von  CBD die Finger lassen?

Es besteht jedoch keine Notwendigkeit, in Panik zu geraten. Wahrscheinlich müssen Sie nichts absetzen. Dennoch ist es immer eine gute Idee, einen Arzt aufzusuchen. Bleiben Sie ruhig, und lassen Sie uns an Folgendes erinnern:

  • Zitierte Daten beziehen sich auf CBD als Medikament – das heißt in einer Form, wie sie in Deutschland nicht verwendet wird.
  • CBD ist Form von CBD-Hanföl/Bio-Pflanzenprodukten erhältlich – mit dem Status von Nahrungsergänzungsmitteln.
  • Wechselwirkungen zwischen CBD und bestimmten anderen Medikamenten hängen häufig mit den Auswirkungen von Cannabidiol auf die gleichen Erkrankungen zusammen, gegen welche das Medikament ursprünglich verschrieben wurde, um es zu heilen – die Dosisreduzierung ändert nicht unbedingt die Wirksamkeit des Medikaments, da CBD das Medikament einfach ersetzen wird.
  • bisher, weisen alle wissenschaftlichen Daten darauf hin, dass die CBD mehr Nutzen bringt als der potenzielle Schaden verursachen kann. Letzteres kann durch ein besseres Verständnis des Mechanismus der Interaktion vermieden werden. Noch einmal – hier ist weitere Forschung erforderlich.


All dies ändert nichts an der Tatsache, dass selbst wenn CBD “nur” ein Nahrungsergänzungsmittel ist, jedes Anzeichen – oder die Angst – vor möglichen Wechselwirkungen mit Medikamenten (nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten) die Konsultation des Arztes erfordert. Im Internet können wir auf einen Rat wie den “Grapefruit-Test” stoßen: “Wenn ein Medikament zusammen mit den Früchten eingenommen werden kann, macht CBD auch keinen Schaden”. Obwohl dieser Wahnsinn eine gewisse Logik hat (die großen Mengen an Bergapten, die in diesen Früchten enthalten sind, würden mit Cytochrom P450 auf ähnliche Weise wie CBD in Wechselwirkung treten), ist dies keine vernünftige Idee: CBD in medizinischer Qualität wirkt stärker als eine Grapefruit. Längst vorbei sind auch die Zeiten, in denen Ärzte alles verurteilt haben, was mit Cannabis zu tun hat.

Zum Schluss möchten wir noch einmal daran erinnern: Zum Beispiel die von CannabiGold hergestellten Nahrungsergänzungsmittel sind sicher und getestet, da sie keine unerwünschten Nebenwirkungen hervorrufen sollen. Ihre Extrakte enthalten nur Cannabinoide aus legal angebautem Hanf. Gleichzeitig sind sie keine Arzneimittel und der Hersteller erhebt keine gesundheitsbezogenen Angaben zu seiner Verwendung.

Quellen:

Positionsprojekt CBD FDA

A. Devitt-Lee: CBD-Cytochrom-Wechselwirkungen: Rolle von Cytochrom P450

TE Gaston Bebin EM, GR, Cutter, Y. Liu, JP Szaflarski :: Wechselwirkungen zwischen Cannabidiol und häufig verwendeten Antiepileptika.

A.Geffrey, S. Pollack, P .. Bruno, E .. Thiele: Wechselwirkung zwischen Clobazam und Cannabidiol bei Kindern mit refraktärer Epilepsie

J. Kossen: Wie wirkt Cannabis mit anderen Drogen?

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9 Kommentare
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Karli
5 Jahre zuvor

In einem Buch über Hanf wurde berichtet, das manche Menschen weniger Medikamente brauchten, da diese “besser wirkten”. Man musste also weniger Chemiedreck fressen.
Ich glaube das da wohl eher der Hanf positiv gewirkt hat.
Das passt jetzt nicht so richtig zum Artikel aber es ist aktuell und erstaunlich: inthttps://www.focus.de/finanzen/news/konjunktur/erdogan-eine-droge-soll-die-tuerkische-wirtschaft-staerken_id_10380387.html
Das Wort “stärken” würde ich eher durch “retten” ersetzen.

R. Maestro
5 Jahre zuvor

Es ist schade, dass die Schulmedizin und die Pharmaindustrie etwas ersetzen möchten,
was seit tausenden Jahren bekannt, erforscht und bewährt war und ist.

Hunderttausende an Toten, seit ca. 90 Jahren, seit Bestehen der beiden.
Wie es sich bei Hanf verhält, seit Jahrtausenden,
vielleicht erzählen die ganzen Cannabis-Toten etwas darüber.
Die repressiven Massnahmen, haben den gleichen Antrieb, als damals.
Niedere Motive, wie Habgier, Geltungssucht und Sucht nach Macht.

karli
5 Jahre zuvor

@ mze
ich hab nicht immer die Zeit alles zu lesen. Das muss damals an mir vorbei gegangen sein oder ich hatte es vergessen. Egal, gute Nachrichten kann man auch zwei mal lesen. 😉

R. Maestro
5 Jahre zuvor

Die Firma Bayer hatte das Hanf-Verbot damals aus Gier befeuert.
Schön zu sehen, dass sich diese Gier, durch den Kauf von Monsanto rächt.

buri_see_käo
5 Jahre zuvor

Guten Tag, es ist manchmal aber sinnvoll, sich zur Behandlung mancher Erkrankungen der Erzeugnisse der Pharmaindustrie zu bedienen, wenn auch wie in meinem aktuellen Fall etwas Out-Of-Order. Seit Mitte Feb. ist meine Frau an Grippe erkrankt, ein äußerst runterreißender und langwieriger Typ. Bei mir haben sich daraufhin am Freitag nachmittag erste aber eindeutige Symptome gezeigt, d.h. seit Mittwoch davor blase ich (unwissentlich) den Virus in meine Umgebung ab. Ab Freitag abend habe ich 2-mal tägl. 400mg Ribavirin eingenommen, das ist ein RNA-Transcription-Inhibitor, d.h. der Virus kann nicht mehr in andere Zellen kopiert werden. Das Medikament muss in sehr früher Phase der (eindeutig erkannten) Erkrankung eingesetzt werden, es hat eine Latte möglicher Nebenwirkungen (ein halbes Jahr Abstand im Zusammenhang mit Schwangerschaften… Weiterlesen »

buri_see_käo
5 Jahre zuvor

Da freue ich mich auch R. Maestro, diese Strohköppe müssen recht herbe blechen, wegen der Klagen im Zusammenhang mit Glyphosat. Auf den ersten Blick fragt man sich, wie können deutsche Wirtschafts-Eliten, Edelmenschen höchsten Ranges sich so ein Kuckucksei ins Nest holen?, und genau da befürchte ich, dass die letzte Messe noch nicht gelesen ist: Fr. Merkel will eine intensivere Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Politik, als ob es die nicht fast ausschliesslich schon gäbe, heißt im Klartext, die Zahlungsmittelforderungen der Amis wegen Glyphosat werden auf den Michel abgewälzt. Die Fa. Bayer… Mitte/Ende 80-er, Cyanid-Fässer im Nord-Iraq/Kurdengebiet, Zwischenstation Griechenland, Franz-Josef Strauss dreht durch: will deswegen die ARD vernichten, uns Uwe Barschles (Ziehkind eines Hr.Stoltenberg) Ehrenwort, macht Urlaub in Süd-Spanien, CDU läßt ihn… Weiterlesen »

Michaela Sorger
5 Jahre zuvor

Leute ehrlich der Text ist absolut wirr und unverständlich geschrieben.
Weniger Schachtelsätze und gradlinigere Sätze wären schön.
Vielleicht könnte man dann auch mit den redundanten Informationen und unnötigen Themensprüngen umgehen.

Das Thema finde ich super, gerade bei Schmerzpatienten, die ja meist noch andere Mittel nehmen.
Sehr gut recherchiert.
Wenn Ihr das in einfacherer Sprache hinbekommen könntet, würde ich es gerne in einige Gruppen für chronische Schmerzpatienten teilen.

R. Maestro
5 Jahre zuvor

Ich sehe es auch so, dass die Pharmaka nicht per se schlecht sind.
Aber dieses komplette Verdrängen anderer Mittel ist bescheiden.
Auschlaggebend ist halt nicht die Gesundheit, mal wieder der Profit.
Die Gesundheit ist für diese Geldmaschine eher eine Nebenwirkung
Das auf dem Rücken aller und mit Maßnahmen, dass man sich tot kiffen möchte.
Geht nicht, also Pharmaka. Dann hat diese selbstherrliche Mafia, bis zum letzten Atemzug mitverdient.