Freitag, 11. März 2016

Das Urteil ist da – nur die Schuld fehlt

 

von Sadhu van Hemp

 

schwerverbrecher_orange

 

 

Wer sich im Freistaat Bayern als Mörder und Totschläger betätigt und dabei erwischt wird, muss nicht unbedingt fürchten, auf ewig weggesperrt zu werden. Mama Bavarias Justiz misst nämlich mit zweierlei Maß, wenn es darum geht, die Schwere einer Tat zu wiegen. So ist Mord nicht gleich Mord, wie damals anno 1999 im bayerischen Alpenvorland, als ein aktenkundiger Rassist in Kolbermoor spaßeshalber einen Afrikaner totschlägt und mit einer Gefängnisstrafe von zehn Jahren davonkommt.

 

2008 vermochte das Landgericht Memmingen ebenso wenig Mordmerkmale erkennen, als die Richter einen polizeibekannten Rechtsextremisten, der seinen Nachbarn mit einem Bajonett abgemurkst hatte, zu neun Jahren Freiheitsentzug verurteilte. Das Gericht hatte offenbar Verständnis für den Täter: Ein Nachbar, der die Frechheit besitzt und sich über zu laute Nazimucke beschwert, darf sich halt nicht wundern, wenn er zum Opfer wird.

 

Noch billiger … ja, gratis kommt einer davon, der sich im Land der Amigos als Polizist vereidigen lässt und im Namen des Volkes tötet – wie letzten Sommer im Burghausen, als ein Gendarm als Zivilist verkleidet einem mutmaßlichen Hanfhändler auflauert und dem Bösewicht von hinten in den Kopf schießt. Dieser sauber ausgeführte, aber verfehlte „Schuss ins Bein“ wurde erst gar nicht vor Gericht verhandelt. Der Todesschütze kann sich selbst auf die Schulter klopfen und von seinen Kollegen, Freunden und Familienangehörigen als Held gewissenhafter Polizeiarbeit feiern lassen.

 

Ganz anders verhält es sich bei Straftätern, die nicht morden, totschlagen, Asylbewerberheime abfackeln oder ähnliche Kavaliersdelikte begehen. In diesen Fällen nimmt die bayerische Justitia schon mal die Augenbinde ab und schaut genauer hin. Wie letzten Dienstag, als das Landgericht Nürnberg-Fürth eine Freiheitsstrafe von 13 Jahren und 6 Monaten (!) in die Waagschale warf, die gegen den illegalen Import von 740 Kilogramm Haschisch aufgewogen wurden. Ein 57-jähriger Schmuggler aus der Oberpfalz soll nach Überzeugung des Gerichts zwischen 2007 und 2014 zusammen mit einem Kompagnon Haschisch im Wert von rund einer Million Euro von Spanien über Deutschland nach Wien gekarrt haben. Der Angeklagte selbst räumte allerdings nur die Einfuhr von 23 Kilo Haschisch ein. Die Kammer folgte jedoch weitgehend den Einlassungen des Kronzeugen, einem Verräter aus Wien, der selbst mit 93 Kilo Hasch sowie Waffen und Munition erwischt wurde und sich dem Gericht detailliert offenbarte, was den Angeklagten noch tiefer in den Schlamassel ritt.

 

Wenn alles weiter so schlecht für den Bruder läuft, wird er 2029 als alter Mann den Knast verlassen. Bis dahin heißt es, jeden Tag von neuem der Versuchung zu widerstehen, in den Freitod zu flüchten. Zumal nicht garantiert ist, dass das Jüngste Gericht im weißblauen Himmel nicht auch das sühnt, wenn sich ein Hänfling mittels Suizid vorzeitig seiner irdischen Strafe entzieht.

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5 Kommentare
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R
8 Jahre zuvor

Der letzte Absatz ist eine Frechheit für alle Menschen die mit sowas schon zu tun hatten. Schande!

Sadhu van Hemp
8 Jahre zuvor

@R:
Was ist daran eine Frechheit, darauf hinzuweisen, dass ein derartig perverses Urteil den Delinquenten in eine Verzweiflungstat treiben kann?
Immer wieder sind es gerade verurteilte Btm-Straftäter, die im Vollzug zusammenbrechen und den Suizid als letzten Ausweg sehen.
Nein, wenn schon Schande gerufen wird, dann bitteschön in Richtung der Staatsanwälte und Richter, die so ein Schandurteil guten Gewissens fällen und alle Konsequenzen, die sich daraus ergeben, zu verantworten haben.

Lars Rogg
8 Jahre zuvor

wohl gesprochen Sadhu…sowohl der Artikel als auch der Kommentar. Tatsächlich scheint Recht und Unrecht in großen Teilen unseres Rechtsstaates nicht mehr von Bedeutung zu sein. Willkürliche, Menschenverachtende Urteile die an puren Vandalismus am Rechtswesen erinnern, zerstören das Rechtsempfinden des normalen Bürgers. Ich war lange der Meinung, dass Ralf (grüße an Dich) mit der generellen “Nazistaat” behauptung, einfach etwas übertreibt, sprich etwas übers Ziel hinausschiesst. Seit der Reaktionen auf die Flüchtlingswelle (Brandanschläge und die Reaktionen von Tillich, Seehofer und co), dem mörderfreundlichen Urteil gegen den Polizisten, Pegida, AfD und co muss ich meine Ansicht revidieren. Entweder ich werde paranoid oder die abgehängten der Gesellschaft haben ihren Verstand, aus Angst oder Dummheit, in den Gulli gekickt. Eine krasse Zukunft steht uns bevor-… Weiterlesen »

X-KIFFER
8 Jahre zuvor

Das Mord von den Gerichten nicht als Mord erkannt und verurteilt wird kommt nicht nur in Bayern sondern regelmäßig in ganz Deutschland vor. Meist wird irgendwie etwas eingebaut wonach der Täter dann mit Totschlag oder Körperverletzung billig davon kommt. Das Polizeibeamte bei Tötung eines Bürgers nicht bestraft werden ist eigentlich die Regel. Warum die Richter Verurteilungen wegen Mord scheuen wie der Teufel das Weihwasser hat auch unterschiedliche Gründe. Wenn das Opfer zb. ein Ausländer ist könnten ein gewisser Rest Nazidenken/Rassismus, der immer noch im Deutschen Volk vorhanden ist, die Ursache sein. Aber auch bei alten Leuten wird das vernichtete Leben nicht immer als einmaliges, einzigartiges und wertvolles Menschenleben gewertet, nach dem Motto “Das Opfer wäre ohnehin bald gestorben”, nunja es… Weiterlesen »

Ralf
8 Jahre zuvor

@X-KIFFER
Leider ist das mit dem unbewaffneten Bobby in England nur ein Mythos. Du erinnerst dich vielleicht an den armen Hund von Brasilianer, der kuz nach den Londoner U-Bahn Anschlägen von hinten in den Kopf geschossen wurde. Auch dieser Mörder zumindest Totschläger in Uniform läuft heute frei durch die Gegend und ist auch dort für alle die heldenhaften Kollegen, die es ihm gleich zu tun wollen, ein leuchtendes Vorbild.