Samstag, 19. September 2015

So weit die Füße tragen

 

Über den Missbrauch der Fahrerlaubnis-Verordnung

 

Autor: Michael Knodt

 

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Alle reden von Coffeeshops, Cannabis Social Clubs, Re-Legalisierung und den Möglichkeiten eines kontrollierten Markts unter strengen Jugendschutz-Aspekten. Eine Wende in der Cannabis-Politik scheint nicht nur in Deutschland eine Frage der Zeit zu sein, die Schätzungen der Experten, wann diese denn auch politisch umgesetzt werde, reichen von zwei bis zwanzig Jahren.

 

So lange bleibt Cannabis nicht nur bei uns verboten, womit sich aufgrund der seit Generationen andauernden Prohibition die meisten User weltweit mehr oder weniger arrangiert haben. Doch es gibt einen signifikanten Unterschied zwischen Deutschland und den meisten anderen Ländern, in denen die Cannabis-Debatte gerade geführt wird: Die Bundesrepublik bestraft nüchterne Verkehrsteilnehmer mit aller zur Verfügung stehenden Härte, ohne dass diese sich juristisch dagegen wehren können, bevor die Fahrerlaubnis entzogen wurde. Das Hanf Journal hat im Laufe der Jahre schon über zahlreiche wirklich aberwitzige Fälle berichtet, in welchen die Betroffenen aufgrund lange zurückliegenden Cannabis-Konsums oder ohne aktiv am Verkehr teilgenommen zu haben, ihre Fahrerlaubnis abgeben mussten.  Selbst für Cannabis-Patienten gibt es keine eindeutige Regelung, die es ihnen ermöglicht, am Verkehr teilzunehmen, sofern sie nicht unter dem akuten Einfluss ihrer Medizin stehen. Bei anderen Medikamenten gibt es da durchaus Regelungen, die vor dem Verlust der Fahrerlaubnis schützen, falls man nicht total zugedröhnt am Steuer sitzt. Bei Cannabis-Patienten hingegen hängt es von der persönlichen Einschätzung der/des zuständigen Sachbearbeiter/in/s ab, nicht vom Trennungsvermögen des Patienten.

 

Umgekehrte Beweislast

 

Als das Bundesverfassungsgericht vor über 20 Jahren im berühmten Urteil zur „Geringen Menge“ den Besitz von Kleinstmengen ein wenig entkriminalisiert hatte, sind Gesetzgeber und Polizei zuerst in Süddeutschland, später dann flächendeckend, dazu übergegangen, kleine Kiffer über die Führerscheinverordnung zu maßregeln. Im Hintergrund ist in diesem Zuge eine ganze MPU-Industrie entstanden, die Millionen mit Nachschulungen, Gutachten, Beratungen oder auch Teststreifen und Gummischwänzen zu deren Täuschung umsetzt. Die Cut-Off Werte der Vortests werden immer genauer, der eigentliche Blut-Grenzwert von 1 ng/ml ist aus wissenschaftlicher Sicht gesehen totaler Schwachsinn und so verlieren immer mehr Menschen, die gar nicht bekifft gefahren sind ihre Fahrerlaubnis. Diese dann zurück zu erlangen, kostet viel Geld und meist sechs bis zwölf Monate, in denen der Cannabis-Konsum komplett eingestellt werden muss. Da es sich um einen nüchternen Verwaltungsakt handelt, ist ein Widerspruch sinnlos – man kann also nicht einmal beweisen, dass man nicht bekifft gefahren ist oder nicht vorm Fahren und zudem nur ganz selten kifft. Im Gegenteil, wer die Wahrheit sagt, muss damit rechnen, mangelnde Einsicht unterstellt und die für Beruf, Karriere und Familie so immens wichtige Karte so nicht zurück zu bekommen. Der Verlust der Fahrerlaubnis hat im Alltag oft gravierendere Folgen als eine Bewährungsstrafe wegen Drogenhandels und darf nicht weiterhin als Mittel dienen, Cannabis-Konsumiernde zu bestrafen, weil sie zwei Tage vor Fahrtantritt einen Joint geraucht haben oder auf einem Festival mit einem halben Gramm im Zelt erwischt wurden. Von einer Gleichbehandlung mit Alkohol, der eine Vielzahl der Verkehrstoten verursacht, kann also keine Rede sein. Es geht weder um die Verkehrssicherheit noch um das Nüchternheitsgebot im Straßenverkehr, sondern um die Manifestation unzeitgemäßer Drogenpolitik unter Zuhilfenahme des Führerschein- und des Verwaltungsrechts. Der wirtschaftliche Schaden wäre sicher immens, falls sich mal jemand dazu entschlösse, ihn zu beziffern. Unser Verkehrsrechts-Experte, Theo Reetig, hat im Hanf Journal #179 dargelegt, weshalb die derzeitigen Maßnahmen in keiner Weise dazu geeignet sind, Rauschfahrten zu unterbinden oder gar die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Doch darum geht es, wie bereits erwähnt, derzeit nicht.

 

Colorado hingegen hat vorgemacht, wie es gehen könnte. Der dort geltende Grenzwert von 5ng/ml hat sich als sicher erwiesen, mittlerweile arbeitet man dort an einem Atemtestgerät. Führende Experten in Deutschland wie der Freiburger Toxikologe Prof. Dr. Volker Auwärter empfehlen für Deutschland ein ähnliches Vorgehen, doch bislang ist, anders als bei der Cannabis-Legalisierung, die öffentliche Diskussion darüber noch gar nicht richtig eröffnet. Dabei brauchen Deutschlands Cannabis-Konsumenten hier viel dringender eine halbwegs vernünftige Regelung als bei der Frage, ob der Feierabend-Joint legal oder illegal ist.

 

 

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1 Kommentar
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Der Pessimist
8 Jahre zuvor

Tut mir leid Leute, aber dieses Geschwurbel ist nur noch unerträglich. Der Aufstieg des Hanf muss von den verschiedenen Lobbyisten um jeden Preis verhindert werden. Man muss nur die exorbitanten Gewinne der Pharma, alleine an unsinnigen Chemotherapien betrachten um zu sehen wo der Hase lang läuft. Es geht hier um eine ganze Menge Geld. Und die Pharmaindustrie ist bei weitem nicht der einzige Industriezweig der an der Prohibition verdient. Was sind da schon 2.000.000.000€ Steuereinnahmen plus 2.000.000.000€ eingesparte Repressionskosten? Das sind Peanuts verglichen damit! Und die Gesundheit der Menschen kommt angesichts solcher Gewinnmargen ohnehin erst unter ferner liefen….also wünsche ich euch noch viel Spass bei eurem Kampf gegen Windmühlen. Da bleib ich doch lieber Verbrecher! Da habe ich mich nach… Weiterlesen »