VALENTINS-TRAUM
Nun, da die viel zitierte „Krise“ auf Deutschlands Insel der Reichen schon beim Prekariat angekommen ist und in Jobverlust und drohender Wohnungsnot ausartet, gibt das Thema „Cannabismedizin“ in schwer gebeutelten Randgesellschaftsschichten nicht mehr viel an diskussionswürdigem Stoff her, könnte man in Restdeutschland glauben. Weit gefehlt! Allüberall werden die Homegrows fetter, der Ertrag größer und die Produkt-Wirkstoffqualität sukzessive optimiert. Das wird Niemandem verborgen bleiben. Keinem Inselbewohner und der übrigen Festlands-Population schon gar nicht.
Politisch springen die GRÜNEN mal wieder auf diesen längst abgefahrenen Trend-Zug auf und fordern neuerlich die Legalisierung – die Wahlen stehen vor der Tür. Aus Patientensicht besteht diese Forderung ohnehin zu Recht, denn eine an klare Regeln geknüpfte Abgabe würde allen Bedürftigen endlich die furchtbare Angst nehmen, sie könnten beim nächsten Krückengang/Rollstuhlfahrt über den Schwarzmarkt „gebustet“ werden.
Auch die peinlichen Auswüchse der sozial kontraproduktiven Verbotspolitik wären mit der Entkriminalisierung obsolet: Die Strafbedrohung oder Inhaftierung von Menschen, die aus Situationsprotest ohne Genehmigung Faserhanf anbauen, das qualvolle Sterben der auf natürliche Linderungsmittel hoffenden Patienten, die Zwei-Klassen-Systematik, die sich aus dem Dronabinol-Drama und aus der 16 € pro Gramm Legalgras-Tragödie ergibt, die Massen-Razzien, das Blei, der Glasstaub … oder das Winden und Wenden der Sabine B., die nicht weiß, was sie den gequälten Kranken sozial zusätzlich antut.
Als Liebesdienst gegen solche Auswüchse muss deshalb das am Valentinstag vorab veröffentlichte Rechtsgutachten des BtmG -Kommentators Dr. Körner und des Professors für Strafrecht Böllinger gewertet werden. Ein schöner Strauß an Paragrafen, Verwaltungsvorschrift-Hinweisen und Gesetzesauslegungen anstelle von Blumen für diejenigen Drogenpolitnik-Damen, die noch immer mit Uralt-Argumenten wie „Jugendschutz“ und „Einstiegsdroge“ um die Erhaltung des Verbotes kämpfen, obgleich drug.com im Sine eines „Quit the shit“ die Einstiegsdrogentheorie inzwischen selbst negiert und die Jugendschutzmauer schon an medizinischen Fragen wie zum Beispiel. „Cannabis statt Ritalin?“ bröselt. Dass sich mit der Abfassung des Gutachtens da zwei vermeintliche Gegenspieler (Verfolger und Aufklärer) wie ehrenamtlich tätige Planungsarchitekten zusammengetan haben, um Politik, BfArM und von Krankheit Betroffene im gegenseitigen Verständnis zu vereinen, ist zwar momentan nur eine Valentinstag-Hoffnung – vergleichbar einer menschlich verbindenden Brücke zwischen Insel und Festland. Doch die Brückenpfeiler sind fundamentiert und mutige Patienten sollten sich jetzt schon mal auf den Antragsweg machen, damit die blumigen Valentins-Grüße nächstes Jahr nicht von Fleurop – sondern von Fagron/Bedrocan kommen. Mit zu erwartendem Preisnachlass als gesonderte Liebesgabe.