In den vorausgehenden beiden Ausgaben wurde den Fragen nachgegangen, wie viel THC den Blutkreislauf nach dem Rauchen oder Essen von Cannabisprodukten erreicht, wie viel THC das Gehirn erreicht, wie viel THC über die Plazenta zum Fetus gelangt und wie die THC-Konzentration im Blut verläuft. In dieser Ausgabe der dreiteiligen Artikelserie werden abschließend weitere Fragen behandelt.
Wie wird THC im Körper abgebaut?
THC wird vor allem in der Leber abgebaut. Aus dem Blut, das die Leber durchfließt, wird THC zum größten Teil entfernt und abgebaut. Da das Blut, das Nahrungsbestandteile aus dem oberen Darmbereich aufnimmt, zunächst die Leber durchfließt, wird der allergrößte Teil des THC nach oraler Aufnahme bereits beim ersten Durchlauf durch die Leber und bevor es den Rest des Körpers erreicht (beispielsweise auch das Gehirn), abgebaut. Obwohl fast 100 Prozent des THC beim Essen oder Trinken vom Magen und oberen Darmbereich aufgenommenen werden, erreichen daher nur 4 bis 12 Prozent den Gesamtkreislauf. Man sagt, die „systemische Bioverfügbarkeit“ beträgt bei oraler Aufnahme 4 bis 12 Prozent.
Beim Rauchen liegen die Verhältnisse anders. Das Blut der Lunge erreicht zunächst das Herz und von dort aus alle anderen Organe, auch das Gehirn, ohne dass vorher die Leber dazwischen geschaltet wäre. Zwar wird von der Lunge weniger THC aufgenommen als von Magen und Darm, die systemische Bioverfügbarkeit liegt aber deutlich höher, bei etwa 10 bis 35 Prozent.
Die wichtigsten Abbauprodukte sind 11-Hydroxy-THC (11-OH-THC) und THC-Carbonsäure (THC-COOH). Daneben gibt es noch eine Vielzahl (nahezu 100) weiterer Abbauprodukte, die in einer deutlich geringeren Menge entstehen.
Wie wird THC und seine Abbauprodukte im Stuhl und Urin ausgeschieden?
THC wird innerhalb von Tagen und Wochen, überwiegend als THC-COOH, ausgeschieden, etwa ein Drittel über die Nieren mit dem Urin und zwei Drittel über den Darm im Stuhl. Nach drei Tagen ist etwa 50 bis 65 Prozent des aufgenommenen THC wieder aus dem Körper verschwunden. Weniger als 5 Prozent wird als unverändertes THC ausgeschieden.
Wie lange ist ein Cannabiskonsum in einer Urinprobe nachweisbar?
Beim Nachweis eines Cannabiskonsums durch eine Urinprobe wird vor allem nach THC-COOH gesucht. Nach einer einzigen THC-Dosis ist dieses Abbauprodukt im Allgemeinen 2 bis 5 Tage lang im Urin nachweisbar, bei gewohnheitsmäßigen Konsumenten jedoch deutlich länger, nämlich 2 bis 3 Wochen, in einigen Fällen auch deutlich länger als ein Monat. Bei regelmäßigem Konsum sinkt die Urinkonzentration nicht kontinuierlich ab, sondern es gibt starke Schwankungen, sodass THC-COOH an einem Tag nicht mehr nachweisbar ist, jedoch am Folgetag wieder nachgewiesen werden kann.
Es ist nicht bekannt, wieso THC bei mehreren Konsumenten mit der gleichen Konsumintensität sehr unterschiedlich lang im Urin nachweisbar ist. Theorien, nach denen die Nachweisbarkeitsdauer beispielsweise mit dem Fettanteil (dicke oder schlanke Konsumenten), mit der sportlichen Aktivität (vermehrtes Schwitzen, vermehrter Abbau von Fettreserven) oder anderen Eigenschaften verbunden sein könnten, sind bisher nicht bewiesen. Es gibt zudem keine Beweise, nach denen die Einnahme bestimmter Mittel (Vitamine, Enzyme, kommerzielle Produkte, etc.) signifikant die Nachweisbarkeit von THC-COOH im Urin beeinflusst.
Die einzige überprüfte wirksame Methode, die Nachweisbarkeitsdauer von THC-COOH im Urin zu reduzieren, besteht in der Verdünnung des Urins durch eine vermehrte Flüssigkeitsaufnahme, beispielsweise durch das Trinken von zusätzlichen zwei Litern Wasser innerhalb von sechs bis acht Stunden vor der Entnahme der Urinprobe. Eine absichtliche Verdünnung des Urins lässt sich durch die Bestimmung des Kreatiningehalts im Urin nachweisen. Ist die Konzentration von Kreatinin im Urin erniedrigt, so ist der Urin vermutlich verdünnt. Die Kreatininkonzentration im Urin kann künstlich erhöht werden, indem zwei bis drei Tage vor der Urinentnahme täglich 10 Gramm Kreatin eingenommen wird. Kreatin gibt es frei verkäuflich in der Apotheke und wird beispielsweise von Bodybuildern zum Muskelaufbau eingesetzt.
Wie verlaufen die Wirkungen von THC im Verhältnis zum Verlauf der Konzentration im Blut?
Die maximale psychische THC-Wirkung tritt sowohl bei der Inhalation als auch bei oraler Aufnahme deutlich nach der maximalen THC-Konzentration im Blut auf. Während nach dem Rauchen die maximale Blutkonzentration etwa nach fünf Minuten festgestellt wird, sind die psychischen Wirkungen im Allgemeinen nach 20 bis 30 Minuten am stärksten und klingen dann innerhalb von etwa vier Stunden wieder weitgehend vollständig ab. Die maximale Zunahme der Herzfrequenz wird allerdings bereits nach etwa fünf Minuten gemessen und hat sich nach drei Stunden wieder vollständig normalisiert. Verschiedene Cannabiswirkungen haben also hinsichtlich ihrer Stärke keinen vollständig parallelen Verlauf.
Auch nach der oralen Aufnahme (essen, trinken) haben verschiedene Wirkungen einen unterschiedlichen Verlauf. Psychische Wirkungen setzen im Allgemeinen nach 30 bis 90 Minuten ein und erreichen ihr Maximum nach 2 bis 4 Stunden. Selbstverständlich sind diese Zeiten dosisabhängig. Bei entsprechend hohen Dosen können deutliche psychische Wirkungen 12 Stunden oder sogar länger bestehen bleiben. In diesem Zusammenhang ist es bemerkenswert, dass es viele Patienten gibt, die bei unterschiedlichen Erkrankungen (chronische Schmerzen, Appetitlosigkeit, Tourette-Syndrom, etc.) mit nur zwei Dosen oder sogar mit nur einer einzigen Dosis pro Tag auskommen und damit ihre Symptomatik 24 Stunden lang im Griff haben.