Freitag, 31. Mai 2024

Cannabis-Teilfreigabe: Ein bisschen Freiheit in klaren Grenzen

Deutschland verabschiedet sich vorerst aus dem weltweiten Krieg gegen kleine Kiffer, verschärft aber zugleich den Kampf gegen die, die die Versorgung der Bevölkerung mit Haschisch und Marihuana gewährleisten
Cannabis

 

 

Ein Kommentar von Sadhu van Hemp

 

 

Bis zuletzt war es ein hartes Ringen zwischen den Befürwortern und den Gegnern der von der Ampelregierung initiierten Cannabis-Teillegalisierung. Ein letztes Mal bäumten sich die Prohibitionisten aus den Reihen der CDU/CSU und rechtsextremen AfD bei der abschließenden Lesung des Cannabis-Gesetzes im Deutschen Bundestag auf – doch vergeblich. Zeter und Mordio schrien sie, die ewiggestrigen Hass- und Wutprediger, doch am Ende der Aussprache wollte sie einfach niemand mehr hören – die gute alte Hanflüge, die mehr als ein halbes Jahrhundert in aller Sinnlosigkeit dazu diente, kleine und große Kiffer zu stigmatisieren und bis aufs Blut zu jagen.

 

Von Seiten der Legalisierungsbefürworter wurde kräftig gelacht, gehöhnt und gespottet im Plenarsaal, als der CSU-Abgeordnete Stephan Pilsinger, dessen Name allein schon Programm ist, in aller Verzweiflung den hilflosen Versuch unternahm, seinen eigenen Bierkonsum schönzureden und zugleich Cannabis zu verteufeln. Mit geballter Faust versprach der 37-jährige Bayer den Abgeordneten und allen Deutschen, nach der nächsten Wahl alles wieder rückgängig zu machen: „Bald ist Bubatz wieder illegal“.

 

Doch vorher stimmten erst einmal 407 Abgeordnete für das Cannabis-Gesetz – eine mehr als deutliche Mehrheit bei 226 Gegenstimmen und vier Enthaltungen. Und zuletzt zerschlug sich auch die letzte Hoffnung der Prohibitionsfanatiker, dass grüne und sozialdemokratische Landespolitiker, die sich ihren Bundesländern in der Koalition mit der CDU befinden, ausscheren und das Cannabis-Gesetz im Schulterschluss mit den Christdemokraten über den Bundesrat an den Vermittlungsausschuss verweisen. Wäre es so gekommen, hätte sich das Gesetzgebungsverfahren über den 1. April hinaus um Monate verzögert oder gar von selbst erledigt. Dieses Szenario ist nicht eingetreten: SPD, FDP und Grüne haben weitgehend Wort gehalten und ihr Wahlversprechen nicht gebrochen.

 

Die Teil-Legalisierung von Cannabis ist nur eine Duldung und keine Befreiung

 

So soll im Frühjahr 2024 erst einmal die Freude überwiegen, dass Deutschland trotz des massiven Widerstands des rechtskonservativen und rechtsextremen Lagers den Paradigmenwechsel in der Cannabis-Politik hinzukriegen scheint. Das Fundament für einen vernunftbasierten staatlichen Umgang mit dem kiffenden Teil der Bevölkerung wurde tatsächlich und zum Erstaunen vieler Pessimisten gelegt.

 

Die Türen öffnen sich, die Verfemten werden aus der Unterwelt in die regulierte Freiheit entlassen. Die Potheads dürfen sich – zwar immer noch unter strengster Beobachtung – ungeniert in der Öffentlichkeit zeigen, ohne fürchten zu müssen, sogleich von der Polizei eingefangen und weggesperrt zu werden. Das Damoklesschwert schwingt nicht mehr allzu nah über den Köpfen vieler Millionen braver Bürger, die Cannabis zu Entspannungszwecken konsumieren.

 

Der Kampf gegen das Hanfverbot ist jedoch noch lange nicht gewonnen. Die Hanf-Community bleibt gefordert, Widerstand  zu leisten, denn das Gesetz ist in seinen Ausführungsvorschriften mit nicht hinnehmbaren Fallstricken versehen. Die Grenzen, in denen sich Hänflinge zukünftig bewegen, sind bei Weitem noch zu eng und die Strafverfolgungsbehörden werden auch nach dem Inkrafttreten des Cannabis-Gesetzes ein wachsames Auge auf die Hanfgemeinde haben, um das Abstandsgebot, die maximale Besitz- und Anbaumenge sowie den nach wie vor illegalen Kleinhandel zu kontrollieren.

 

Der Verdacht, dass jemand gegen die Vorschriften verstößt, ist schnell konstruiert – insbesondere im Freistaat Bayern, das neben dem harten Suchtgift Alkohol aus Prinzip keine anderen bewusstseinsverändernde Genussmittel dulden will. Die Polizei wird also weiterhin Leibesvisitationen, Hausdurchsuchungen sowie Drogenkontrollen im Straßenverkehr durchführen und im Akkord Strafanzeigen wegen eines Btm-Vergehens verteilen.

 

Der gute Glaube vieler Kiffer, nunmehr unantastbar zu sein, wird sich als Irrglaube erweisen. Selbst wenn sich der von der Polizei ausgespähte Delinquent an die Regeln hält, Anlass für eine eingehende Kontrolle ist das allemal. Könnte ja sein, dass der Kiffkopp auf seinem Balkon mehr als drei Hanfpflänzchen zur Blüte treibt oder daheim noch ein Rauchpiece zu viel in seiner Schatulle aufbewahrt. Ebenso bleibt für jeden Polizisten die Frage relevant, aus welcher Quelle das Haschgift stammt.

 

Derzeit wollen rund fünf Millionen Deutsche mit Haschisch und Marihuana versorgt werden. Dass der Hanf ab dem 1. April nicht vom Himmel fällt, wissen auch die Strafverfolgungsbehörden, die davon ausgehen, dass nur ein Bruchteil des im Umlauf befindlichen Cannabis aus legalem Eigen- bzw. CSC-Anbau stammt.

Und genau hier beißt sich die Ratte in den Schwanz. Ampelpolitischer Wille ist es, den Schwarzmarkt mit Stumpf und Stiel austrocknen zu wollen. Wer dealt oder sein Dope mit anderen teilt, bleibt also im Visier der Polizei und ein Fall für die Justiz.

 

Die Aufgabe aller Hanffreunde ist nun, das viel zu enge Korsett des noch druckfrischen Gesetzestextes aufzuschnüren und mehr Praktikabilität herzustellen. Gesundheitsminister Karl Lauterbachs Ankündigung, langfristig den kanadischen Weg der Hanfpolitik einzuschlagen, wäre schon einmal ein Anfang, um dann irgendwann einmal für immer und ewig den finalen Frieden mit der kiffenden Bevölkerung zu schließen.

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5 Kommentare
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Rogg
1 Monat zuvor

Toll geschrieben…und leider sehr wahr. War eigentlich abzusehen, dass man in diesem Rechtsstaat friedliche Mitbürger nicht in Frieden lassen kann. War mir schon vor schon vor Monaten klar, dass die Vertreter dieses “Rechtsstaates”, sich nicht die leichtesten Opfer vom Brot nehmen lassen. Neeeein, da werden wie irre Kiffer und Co gefilzt, gefickt und mit Strafen bedroht wenn sie ihre Quelle nicht nennen. So erbärmlich charakterlos kann nur ein deutscher Beamter sein. Die Niedertracht in Reinkultur….gegen die eigenen Bürger, die noch immer keinen Schaden anrichten….wieder mal Zeit die Heuchler beim Namen zu nennen und sich zu schämen, dass man mit diesem Pack im selben Land lebt. Immer wieder gewählt von Vollidioten die sich für Politik, Europa oder die Gesellschaft an sich,… Weiterlesen »

Haschberg
1 Monat zuvor

Das ist schon eine ganz üble Masche, mit wieviel Fallstricken, Vorschriften, Einschränkungen und Verboten hier künftig Millionen von Menschen regelrecht gegängelt werden sollen. Viele Konsumenten werden ohnehin weiter auf Schwarzmärkte angewiesen sein und zwar solange, bis es endlich Fachgeschäfte gibt, in denen man problemlos auch potentes Harz und ebenso hoch dosierte Tropfen kaufen kann. Denn das ist die allerbeste Medizin, die man noch immer dem Bürger bewußt vorenthalten will. Die Dummen lassen es halt mit sich machen und saufen lieber, die anderen tun das, was ihrer Gesundheit am besten bekommt. Mein Körper, der mittlerweile gut eingestellt ist, braucht eben, um leistungsfähig und weitgehend gesund bleiben zu können, in regelmäßigen Abständen THC haltiges Cannabis. Ich hasse nichts mehr, wie Schwarzmarktware, die… Weiterlesen »

trec.
1 Monat zuvor

Blöd daß bei Substantztoten
“illegale Drogen” seit Zikaden immer in hinteren Rängen aller Substanzen gelistet wurden.
..bei THC war ist und bleibt die Todesliste gähnend leer. In Worten: Null Tote.

Vernunftbegabungsgruß

Fred
1 Monat zuvor

Die Lage hat sich fundamental verändert. Sich gegen eventuelle Übergriffe von Behörden zu wehren, ist deutlich leichter geworden. Und das muss man dann einfach auch mal machen.
Gegen abenteuerliche Interpretation des Gesetzes durch die Behörden muss man sich eben mit juristischen Mitteln wehren.

Was übrigens nichts besonderes ist. Jedes neue Gesetz wird in den Jahren nach der Einführung durch die Rechtsprechung gejagt und letztlich durch die Gerichte korrigiert und ” steht ” dann nach ein paar Jahren mit klaren Regeln.

Also alle schön bissig werden. Übergriffe wie in Bayern grundsätzlich nicht einfach hinnehmen, sondern sich beschweren. Geschenkt bekommt man halt nichts.

Ralf
1 Monat zuvor

Natürlich hat sich die Lage nicht fundamental, sondern nur ein klein wenig verändert. Dies gilt noch mehr in Anbetracht der Tatsache dass es bei einem März als Bundeskanzler noch keine vier Wochen dauern wird bis dieses Gesetz rückgängig gemacht wird. Deswegen, traut diesem “Frieden” nicht und seid weiter vorsichtig. Trotzdem hoffe ich immer noch dass ich mich irre. Was ich im Moment tue, ist, die Leute dran zu gewöhnen, indem ich an Orten wo mich niemand kennt, öffentlich und offen konsumiere. Es ist dabei oft sehr aufschlussreich und auch amüsant, die Mimik der Passanten zu beobachten, das geht von Einem leichten Grinsen bis zu offensichtlich hasserfüllten Blicken. @Haschberg Vielen Dank für deine Unterscheidung zwischen berügerischem (Mich kotzt es auch immer… Weiterlesen »