Sonntag, 1. Juli 2018

Haschisch-Industrie gründet Weltverband

 

Satire

 

 

Sadhu van Hemp 

 

Haschisch ist die Hefe des Denkens. So steht es im Neuss Testament geschrieben. Doch mit der Legalisierung von industriell hergestelltem Gewächshaus-Cannabis droht das gute alte Haschisch aus dem Orient mehr und mehr ins Hintertreffen zu geraten. Um das zu verhindern, haben sich nun Haschischproduzenten, Schmuggler und Großdealer aus aller Welt zusammengeschlossen und die „Fédération Internationale de Haschich Association“ (FIHA) gegründet. Erste Verbandspräsidentin ist eine mit internationalem Haftbefehl gesuchte Deutsche, die vom Islamischen Staat aus den Haschischimport nach Süddeutschland und die Alpenrepubliken Österreich und Schweiz organisiert. Das HaJo sprach mit der Frau, die im Morgenland wie Mutter Teresa verehrt wird.

 

Herzlichen Glückwunsch zur Wahl, Frau Verbandspräsidentin. Dass ausgerechnet eine Deutsche künftig der FIHA vorsteht, ist eine echte Überraschung. Wie konnten Sie die vorwiegend männlichen Delegierten des Weltverbands überzeugen, dass Sie die richtige Person sind, die die Interessen des weltweiten Haschischgewerbes als Ansprechpartnerin vertritt?

 

Höre ich da etwas heraus, das ein Fall für die „#MeToo“-Debatte ist? Seid Ihr auch so ein paar Chauvinisten, die Frauen die Fähigkeit absprechen, sich herabzulassen, um Männern auf Augenhöhe zu begegnen?

 

Stopp mal, Frau Präsidentin! Man wird ja wohl noch in diesem unseren Vaterland sagen dürfen, dass Sie eine höchst attraktive Person sind, ohne gleich als Chauvinist und Sexist abgestempelt zu werden. Was können wir dafür, dass Sie für den männlichen Teil der Hanf-Community den Reiz einer Traumfrau versprühen? Gucken Sie doch mal in den Spiegel, dann wissen Sie, dass Sie jederzeit Deutschlands Next Topmodel werden können.

 

Na gut, dann will ich das mal als Kompliment auffassen. Und nun zu Eurer Frage: Die Wahl fiel auf mich, nicht weil ich den Männern den Kopf verdrehe, sondern die Deutschen hohes Ansehen im Orient genießen. Und das nicht nur wegen unserer hochmodernen Rüstungsindustrie, die auch im Anti-Drogen-Krieg als verlässlicher Partner gilt. Viele Delegierte der FIHA hoffen darauf, dass mein Netzwerk über genügend Einfluss verfügt, um die Schein-Legalisierung von Cannabis in Europa und Asien zu verhindern. Im Vordergrund meines Engagements steht, den Krieg gegen den Hanf mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln zu verlängern, um den internationalen Schwarzmarkt für Haschischprodukte am Leben zu erhalten.

 

Das heißt, die „Fédération Internationale de Haschich Association“ kämpft mit Ihnen an der Spitze gegen die Entkriminalisierung der Kiffer – mit der Folge, dass weiterhin Millionen Existenzen zerstört werden.

 

Ja, so soll es sein. Besser Kolletaralschaden als Totalschaden. Und mal ehrlich, Jungs, und Hand aufs Herz! Glaubt Ihr Einfaltspinsel ernsthaft, der jetzt eingeschlagene Weg der Legalisierung gibt den Hanf frei? Das ist doch kompletter Unsinn und Lügenpropaganda raffgieriger Geschäftemacher. Von Freiheit für den Hanf und die Konsumenten kann keine Rede sein, solange der Wirkstoff THC nicht komplett von der Liste der verbotenen psychoaktiven Substanzen gestrichen wird. Was soll das für eine Freiheit sein, wenn es nur noch standardisiertes Gras gibt, das von einigen wenigen Großkonzernen unter Kunstlicht industriell hergestellt wird? Nein, wir von der FIHA sind strikt gegen ein staatlich kontrolliertes Cannabis-Monopol, das Aktiengesellschaften zugeschanzt wird und die außen vor lässt, die seit Jahrtausenden die hohe Kunst der Veredelung von Freilandhanf zu hochwertigen Haschisch bewahren. Die weltweite Hanfprohibition ist der Garant dafür, dass Haschisch der Menschheit erhalten bleibt.

 

In Ihrem nun veröffentlichen Kommuniqué fordern Sie den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen auf, gemäß des Einheitsabkommen über die Betäubungsmittel von 1961 gegen jene Länder Sanktionen zu verhängen, die Cannabis legalisieren und somit gegen die grundsätzliche Rechtsbindung an die Normen der UNO-Charta verstoßen. Die USA, Kanada und Uruguay seien Schurkenstaaten, die mit der Cannabisfreigabe nicht zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit beitrügen. Wollen Sie mit einem UNO-Mandat einen dritten Weltkrieg anzetteln?

 

Wenn’s sein muss, ja. Mit der Russischen Föderation, der Volksrepublik China, Frankreich und Großbritannien unterstützen vier der fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates die Forderungen unseres Weltverbandes. Somit stehen die USA allein auf weiter Flur, und die Trump-Administration muss sich entscheiden, entweder selbst gegen die drohende Gefahr der Cannabislegalisierung auf dem nordamerikanischen Kontinent vorzugehen oder den Spuk von einer internationalen Eingreiftruppe beenden zu lassen. Nord-Korea, Iran, China und Russland haben bereits signalisiert, Friedenssoldaten und Kriegsgerät zu entsenden, um in besagten Staaten wieder Recht und Ordnung herzustellen.

 

Wie es scheint ist die FIHA bestens bis in höchste Regierungekreise vernetzt. Der philippinische Präsident Rodrigo Duterte soll in einem Telefonat mit Ihnen sogar angeboten haben, sich höchstselbst einen Blauhelm zur Rettung der Welt aufzusetzen und an vorderster Front mitzukämpfen. Hat die FIHA gar keine Skrupel, mit Despoten, Menschenschlächtern und Berufverbrechern gemeinsame Sache zu machen?

 

Nein! Leute wie Rodrigo Duterte sind nützlich für unsere gemeinsame Sache, weil sie aus Überzeugung handeln. Nein, mit Moral muss uns niemand kommen, denn zuerst kommt immer das Fressen. Die Cannabislegalisierung raubt Millionen fleißigen Hanfbauern und Haschischherstellern in der Dritten Welt die Lebensgrundlage. Mit jeder im Gewächshaus gezogenen Hanfpflanze verhungert ein Kind mehr in Indien, Nepal und Afghanistan. Die weltweite Hanfprohibition bietet Chancengleichheit für alle, die sich als Hanfgärtner und Schmuggler betätigen wollen. Und was den Vorwurf betrifft, die FIHA würde mit Berufsverbrechern kollaborieren, kann ich nur Bert Brecht zitieren: Was ist ein Dietrich gegen eine Aktie? Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank? Wer bei klarem Verstand ist, weiß, dass die sogenannte Cannabis-Legalisierung nur ein großangelegter Betrug ist – zugunsten des Geldadels. Am Ende steht immer die Ausbeutung und Versklavung des Menschen. Dagegen sind die Mechanismen des illegalen Drogenmarktes geradezu human. Wer sich als Gewerbetreibender an die Regeln des organisierten Rauschgifthandels hält, muss die Prohibition nicht fürchten und hat ein gutes Auskommen.

 

Die Gründung der FIHA stößt in Kreisen der Hanflegalisierer auf größte Ablehnung. Leute wie Sie seien Zyniker, die aus der Zeit gefallen sind und sich der Realität verweigern. Sie nähmen mit ihrer strikten Forderung nach der Aufrechterhaltung der Prohibition in Kauf, dass Millionen Cannabispatienten weiterhin kriminalisiert würden und nur über den Schwarzmarkt an ihre Medizin kämen.

 

Ja, und? Hanf ist Hanf. Wir machen da keinen Unterschied. Dass der Hanf ein Heilkraut ist wusste bereits Hildegard von Bingen. Wir sehen überhaupt keine Veranlassung, zwischen legalem Medizinalhanf und illegalem Genusshanf zu unterscheiden. Fehlt nur noch, dass ein paar clevere Geschäftemacher auf die Idee kommen und Medizinalkaffee auf den Pharmamarkt bringen. Nein, Mogelpackungen sind unsere Sache nicht. Für uns sind alle Hanffreunde gleich, egal zu welchem Zweck er oder sie Hanfblüten oder Haschisch verwendet.

 

Sie sprechen von einer Ungleichbehandlung und Benachteiligung der haschisch-produzierenden Länder. Haschisch aus freier Herstellung müsse dem staatlich kontrollierten legalen Cannabis gleichgestellt werden. Sollen dann die Apotheken auch Gelben Libanesen, Grünen Lachtürken und Schwarzen Afghanen ins Sortiment aufnehmen und zu überhöhten Preisen anbieten?

 

Das wäre unsere Minimalforderung. Unser eigentliches Ziel ist jedoch die Anerkennung aller Cannabisprodukte aus aller Welt als verkehrsfähiges Handelsgut. Erst wenn der Hanf wie Kaffee, Tee und Kakao produziert und gehandelt wird, ist die Arbeit der „Fédération Internationale de Haschich Association“ getan. So lange das nicht der Fall ist, werde ich weiter mit ganzem Herzen gegen die Schein-Legalisierung und das nordamerikanische Cannabiskartell kämpfen.

 

Und Sie, Frau Verbandspräsidentin, Sie sind wirklich so integer und ehrbar, der Übermacht der milliardenschweren legalen Cannabis-Industrie zu widerstehen. Was ist, wenn man Ihnen ein unanständiges Angebot macht?

 

Na ja, wenn es sich nicht vermeiden lässt, könnte ich mir das gefallen lassen. Ihr wisst ja: erst das Fressen, dann die Moral. Schließlich bin ich ja auch nur ein Mensch und muss meine Familie ernähren.

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