Montag, 5. Februar 2018

Rolf Zacher ist tot

 

Am Samstagmorgen verstarb der Schauspieler, Musiker und Haschbruder 76-jährig in Hamburg

 

 

 

 

 

Ein Nachruf von Sadhu van Hemp

 

 

Mit Zacher war stets gut kiffen. Wo ein Joint kreiste, war er zur Stelle und rauchte das Gerät heiß. In den 1970er und 1980er Jahren war der Wurzelberliner gleich hinter dem Schauspieler und Kabarettisten Wolfgang Neuss die Knalltype schlechthin. Wurde irgendwo in der Mauerstadt eine Party geschmissen, der Zacher-Rolf mit der großen Fresse durfte nicht fehlen. Er war mit allen auf du und du und nichts war ihm fremder als Dünkel. Der Haschbruder konnte mit jedem, egal aus welchem Milieu, sofern ihm nicht dämlich gekommen wurde.

Zacher war ein angenehmer und zugleich anstrengender Zeitgenosse, der sich auch nach der Arbeit allzu gerne selbst spielte und sein Publikum gerne in Kneipen suchte – und auch fand. Wer mit ihm zu Tische saß, war zum Zuhören und Kartenspielen verdonnert. Doch ein Zecher war Zacher nicht. Ein gepflegtes Frischbier genügte ihm als Quasselwasser. Umso lieber griff er zum Joint – und auch anderen psychoaktiven Substanzen.

 

Das Licht der Welt erblickte der Tausendsassa 1941 in Berlin. Gestillt wurde er im Luftschutzkeller, und die ersten Schritte machte er auf den Ruinen des Dritten Reiches. Die Hungerjahre nach dem Krieg verbrachte der Knabe mit seiner Mutter in Angermünde, einem Städtchen in der Uckermark. Mitte der 1950er Jahre ging’s dann zurück in die kaputte Stadt nach Kreuzberg und der Pubertierende wurde in die Lehre gesteckt.

Doch das Schicksal wollte es, dass sich schon damals die „etwas anderen Leute“ in Kreuzberg versammelten, die manch vaterlosem Kind als Vorbilder dienten. Der halbwüchsige Zacher geriet über den Maler Kurt Mühlenhaupt in die Künstlerszene, und so blieb es nicht aus, dass er mit den damaligen Größen des Westberliner Kulturbetriebs bekannt wurde. 1961 war es dann soweit: Zachers schauspielerisches Talent wurde entdeckt und die Filmkarriere begann. Engagiert wurde die „Berliner Schnauze“ vornehmlich für Rollen, die Figuren am Rande der Gesellschaft darstellen. Ein Kritiker charakterisierte Zacher als „den besten Kleinganoven des deutschen Kinos“. Bis 2016 war der Bundesfilmpreisträger in 189 Produktionen im Bereich Film und Fernsehen zu sehen.

Weniger bekannt ist Zachers Leidenschaft zur Musik. Er war Gastsänger bei der Rockband Amon Düül, veröffentliche eigene Singles und ließ sich immer mal wieder als Special Guest auf der Musikbühne blicken.

 

Zacher und die Drogen

 

1966 war das Jahr, das Zachers Leben auf eine ganz andere Überholspur brachte. Der begeisterte Autonarr flog bei einer Spazierfahrt mit seinem nagelneuen Porsche aus der Kurve und verletzte sich so schwer, dass sich die Ärzte nicht anders zu helfen wussten, als ihm gegen die Schmerzen morphiumhaltige Medikamente zu verabreichen. Schließlich wurde der Patient geheilt und drogensüchtig entlassen. Fortan medikamentierte sich Zacher mit Heroin selbst, während er beruflich weiter durchstartete. Was folgte war die ewige Litanei des Junkies: Entziehungskuren und Knast. Erst in den späten 1980er Jahren überwand er die Krankheit und beließ es dabei, hin und wieder am Joint zu ziehen, wenn ihm denn einer gereicht wurde.

 

Mit Rolf Zacher hat ein guter Junge mit vielen Ecken und Kanten das Zeitliche gesegnet. So schräg er auch drauf war, er war immer ein Gentleman, der galant zu Damen war und mit seinem gewinnenden Wesen jedermann zu betören wusste. Zwar nahm er es mit der Wahrheit nicht immer so genau, wenn er aus dem Nähkästchen plauderte, aber im Kern war er redlichen Sinnes. Zacher nahm kein Blatt vor den Mund, wenn ihn etwas ärgerte. Wie zum Beispiel die Cannabis-Prohibition. Hatte er im Fernsehen die Gelegenheit, sich für die Enttabuisierung von Cannabis einzusetzen, dann hat er sie auch genutzt. Unter anderem 2009 in der Telenovela „Rote Rosen“, als er sich in der Rolle als kiffender Alt-Hippie in die Herzen von rund 1,5 Millionen ARD-Zuschauern spielte.

 

Bleibt nur, dem Herzensbruder für sein Wirken und Schaffen zu danken. Möge er in Frieden auf Wolke Sieben chillen – umringt von 72 Top-Models, die mit dem Ex-RTL-Dschungelcamper Kartenspielen und ihm den Joint reichen.

 

 

 

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4 Kommentare
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Rotwein
6 Jahre zuvor

Schöner Bericht.
R.I.P. Rolf Zacher, wieder einer der Guten weniger.

Sony
6 Jahre zuvor

Der lieben Wahrheit halber muss man aber auch sagen, dass er dem Kiffen schon vor langer Zeit abgeschworen hatte.

Ralf
6 Jahre zuvor

Ich habe ihn mal in einer Diskussionsrunde gesehen da hat er für uns Gas gegeben, kein Blatt vor den Mund genommen und den Ton angeschlagen, den diese Prohibitionspsychopathen verdient haben. R.I.P. und Danke dafür Rolf Zacher.