2B or not 2B.
Wenn ein Videospiel in der ersten Minute über gängige Speicherfunktionen scherzt, einen philosophischen Monolog gegen Gottes Güte hält und in Bildern eine Hommage an einen glorreichen 16-Bit-Shooter abbrennt, steigt der Puls bei Videospielliebhabern rasant. Wenn es sich bei dem beschriebenen Titel um eine nie erwartete Fortsetzung eines heiß geliebten Herzbluttitels der vergangenen Generation handelt, wird es schwierig, die subjektive Freude über das pünktlich veröffentlichte Werk noch irgendwie steigern zu können. Wenn dazu dann aber doch noch das derzeit wohl fähigste japanische Programmierteam die Hände an die überraschend stattfindende Entwicklung legt, ist das Happening im Spielerherz schon vor dem eigentlichen Ausprobieren perfekt. NieR: Automata von SquareEnix erfüllt all diese Punkte, da die Fortsetzung des Ausreißertitels Nier nun von Platinum Games zusammengebaut und mit vielen ehemaligen Entwicklern des damaligen Cavia-Teams fertiggestellt wurde. Ein Traum.
So wie Nier ist auch NieR: Automata schlecht in ein Genre einzuordnen, was den wenigen Fans des Erstlings natürlich sehr gut gefällt. So wie in 2010 wird jetzt ein grafisch schlichtes Werk geliefert, das eher durch seine Inhalte zu punkten versucht. So bietet NieR: Automata ein Rollenspiel-Grundgerüst, in dem die Charaktere aber wie in einem hektischen Hack’n Slay gesteuert werden. Gleichzeitig gibt es Momente mit Bullet-Hell-Schusswechseln oder gleich ganze Shoot’em Up-Einlagen, die jüngere Spieler oft wohl schon komplett verpasst haben. Ein großflächiges Areal dient zur Erkundung und Einholung von Nebenaufgaben, welche in Gesprächen mit den Computercharakteren angenommen werden können. Bei erfolgreicher Erfüllung erhält man Items und Informationen, die einen beim Erleben der bizarren Geschichte von NieR: Automata anschließend weiterhelfen.
Im zweiten Teil von Nier übernimmt der Spieler die Kontrolle über die sexy Androidin 2B, die mit ihrem Partner 9S auf der Erde im Namen der Menschheit kämpft. Vor Hunderten von Jahren fielen Aliens auf dem Planeten ein und starteten eine Invasion mit mechanischen Kriegern. Die Menschen flüchteten auf den Mond und schufen eine Armee aus Androiden, die nun versucht den blauen Planeten zurückzuerobern. Da manche der mechanischen Alien-Kämpfer aber die Waffen niederlegen und einen Frieden mit den Androiden wünschen, werden moralische Entscheidungen seitens der künstlich hergestellten Menschenmaschinen nötig. Während die Stimmungen, das Setting und die Erzählweise in NieR: Automata alles bieten, was sich weiterhin perplexe Nier-Fans nie zu wünschen wagten, sind sieben Jahre nach der Genre überspringenden Bekanntmachung leider recht wenig Fortschritte in der neuen Produktion feststellbar.
Während der Erstling trotz seiner grafischen Schwächen spielerisch ständig überraschte, wird dieser Effekt bei NieR: Automata aufgrund der entfachten Erwartungshaltung etwas vermisst. Da sich grafisch auch nur marginale Verbesserungen ausmachen lassen, die dafür jedoch nun ständig unter ruckelnder Darstellung leiden, findet Verwunderung – aufgrund der vervielfachten Ressourcen im Rechenbereich – selbst bei Liebhabern als logische Konsequenz statt. Da diese Gamer aber NieR: Automata eher aufgrund der verbauten Gags, Anlehnungen und Verbeugungen spielen werden – und sich einfach weiterhin über den lange unmöglich geglaubten zweiten Teil erfreuen – dürften bei diesem Titel viele Augen zugedrückt sein, wenn es um die Betrachtung des technischen Aspektes geht, der erschreckend oft auf Indie-Niveau liegt.
Doch auch, wenn man die Mehrheit daher kaum von den Besonderheiten der Reihe überzeugen können wird, bleibt NieR:Automata eine dringend notwendige Veröffentlichung abseits der Norm, für die mancher Zocker das restliche Leben lang dankbar sein wird. Für Fans ist Nier: Automata ein mechanisches Wunderwerk mit schlagendem Herz – ein liebenswerter Genre-Bender im Bauhausdesign.
Bite my shiny metal ass!
NieR: Automata
Fotos: SquareEnix
USK 16
Circa 59 €
PS4 – ASIN: B00ZULHU3Y / PC-DVD – ASIN: B01MT5K13Y
hohles buttonmashing kombiniert mit biliggrafik, spielerisch und stilistisch zum davonlaufen. aber hat ja hier im hajo schon tradition dass fast nur kackspiele getestet werden
Hi kloppe82 und danke für dein Kommentar.
Ich versteh die hohen Wertungen in den Fachmagazinen – die den besseren Erstling meist schlecht bewerteten – auch nicht recht. Für Fans ist NieR: Automata was – aber allgemein die 90er Wertungen bei diesem technisch oft unterirdischen Game rauszuhauen, grenzt 2017 schon etwas an etwas leichten Wahnsinn.
Yoko Taro freuts immerhin.
Dass ich “fast” immer nur “Kackspiele” teste, sollte dagegen eher etwas über die Lage des aktuellen Software-Marktes aussagen können … er ist schräg geworden.
greetz
mze