Samstag, 7. Januar 2017

Lebt eigentlich Hermann Gröhe noch?

 

 

Sadhu van Hemp

 

 

Lang, lang ist’s her, als Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe großspurig einen guten Tag für alle kranken Deutschen ausrief. Genau ein Jahr ist es her, als der CDU-Mann einen geradezu sensationellen Referentenentwurf präsentierte: Arzneimittel auf Cannabisbasis sollten künftig als verkehrs- und verschreibungsfähig zugelassen werden. Der Plan war, nicht nur Fertigarzneimittel und Rezepturen, sondern auch Cannabisblüten in pharmazeutischer Qualität über Apotheken abzugeben. Zur Gewährleistung der Versorgung sollte der Anbau von Cannabis in Deutschland erlaubt werden und eine „Cannabis-Agentur“ den Vertrieb übernehmen. Zudem war es Gröhes Absicht, durch eine entsprechende Änderung im Betäubungsmittelgesetz Patienten und Apotheken von der lästigen Antragsstellung zur Erteilung einer Ausnahmegenehmigung vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zu befreien. Die Entscheidung, ob ein Patient mit Medizinalhanf behandelt werden kann, sollte in Zukunft allein beim behandelnden Arzt liegen. Die Kosten der Therapie mit Hanfblüten sollten überdies den Krankenkassen aufs Auge gedrückt werden, sofern es keine alternative Therapie gibt, die Aussicht auf Erfolg verspricht.

 

Um der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung, die Höchstmengen festschreibt, gerecht zu werden, sollten Ärzte in einem Zyklus von 30 Tagen maximal 100 Gramm Cannabis verordnen dürfen. Nur in begründeten Ausnahmefällen sei es zulässig, diese Grenze zu überschreiten. Auch die Betäubungsmittel-Außenhandelsverordnung sollte angepasst werden, damit Patienten ihre Cannabisblüten auf Reisen in angemessenen Mengen mitführen können.

Einziger Wermutstropfen des Entwurfs ist die Vorgabe, dass Cannabis-Patienten zur Teilnahme an einer bis 2018 laufenden Begleitstudie gezwungen werden sollen, sofern die Krankenversicherungen die Kosten für die Behandlung mit Cannabis, Dronabinol oder Nabilon übernehmen.

 

Im Mai 2016 gab das Bundeskabinett schließlich grünes Licht für den Gesetzentwurf, der seitdem zur Ausarbeitung im Bundesgesundheitsministerium schmort, ohne dass in irgendeiner Weise der Öffentlichkeit mitgeteilt wird, wie der Stand der Dinge ist. Laut angekündigtem Zeitplan müsste das fertige Gesetz längst dem Bundestag zur Lesung vorliegen. Schließlich hatte Gröhe ja sein Ehrenwort gegeben, das neue Gesetz im Frühjahr in Kraft treten zu lassen.

 

Das Schweigen des Ministers lässt ahnen, dass da einer das Maul wohl etwas zu voll genommen hat und die Rechnung ohne den Wirt gemacht hat. Und der hat sich im September in persona der vielen, vielen Experten zu Wort gemeldet, als im Gesundheitsausschuss des Bundestags die öffentliche Anhörung zum Gesetzentwurf stattfand. Alles in allem herrscht Uneinigkeit darüber, welche Auswirkungen das Gesetz auf die Haushaltlage der gesetzlichen Krankenversicherer (GKV) hat und wie der zu erwartende Ansturm der Patienten, die sich auf kurzem Weg ein Rezept vom Arzt geben lassen, zu bewältigen ist. Der GKV-Spitzenverband sieht sogar ein Systembruch, da ohne die Sicherheit einer arzneimittelrechtlichen Zulassung die Erstattungsfähigkeit hergestellt wird. Kritik übte der Verband auch an der Preisbildung für die Abgabe von Cannabisblüten. Da die Apotheken die Blüten in unveränderter Form abgeben, erlaubt die Arzneimittelpreisverordnung ein Aufschlag von 100 Prozent auf den Einkaufspreis, was sich bei Kamille und Pfefferminze noch in angemessenen Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebot hielte, aber nicht bei Hanf, der mit etwa 18 Euro pro Gramm zu Buche schlage.

 

Was bleibt, ist die Frage, wie es weitergeht. Der Bundestag hat die Lesung des Regierungsentwurfes „Cannabis als Medizin“ erst einmal auf unbestimmte Zeit verschoben. Der Termin für das Inkrafttreten des Gesetzes dürfte somit nicht mehr zu halten sein. Bis zu den Osternferien sind es nur noch wenige Wochen, dann stehen die Pfingsttage und die parlamentarische Sommerpause ins Haus. Und wer glaubt, dass bis zur Bundestagswahl im September noch Nägel mit Köppen gemacht werden, der sollte sich erst einmal davon überzeugen, ob der Hermann Gröhe wirklich noch lebt oder sich bereits zum Kokon versponnen hat, um im Herbst als aalglatter Lobbyist des Pharmakartells herauszuschlüpfen.

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29 Kommentare
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Candy
7 Jahre zuvor

Welche Möglichkeiten haben wir, diesen Prozess zu beschleunigen?

13/19Banana
7 Jahre zuvor

In Schland ? Kreine ! Bleibt nur am besten weg aus Schland !! Am besten weit weg aus Schland !!
In Schland wird es NIEMALS Cannabis frei für das doofe Volk geben. NIEMALS !!!

13/19Banana
7 Jahre zuvor

Gröhe ? Wer ist Gröhe?

jester
7 Jahre zuvor

– das öffnen für transzendent auflösende Heilmittel – wie Cannabis (nur nicht rauchen – aber Freiheit) – Psylocibin und LSD.25 würden tonnen von Chemie einsparen helfen, und damit auch tonnen von CO2 – und viele unnötige Operationen – s. Gabriel – auch durch fasten und beten für Christus – so lässt er sich leicht finden – Er ist das neue Zugrundeliegende! – LSD 25 ist die vollkommene Gottesekstase – du musst theosophisch (Chakralehre) eingeweiht sein, um die Energie – die frei wird – zu verkraften – und du musst beten können, dann erlebst du ein Wunder!! – nämlich die Auferstehung Christi in dir selbst. – über die Kundalini – das füllt dich mit geistigem Feuer aus den Chakren!! – die… Weiterlesen »

Axel Junker
7 Jahre zuvor

1. Ja, Hermann lebt.
2. Die zweite und dritte Lesung soll am 19.01. im Bundestag stattfinden (melden übereinstimmend Frank Tempel/Linke und der DHV)
3. Das Thema “Praxis-Budgetierung” wird einer der wesentlichen Hemmschuhe des Gesetzes werden neben der (noch) weit verbreiteten ärztlichen Cannabiswissen-Inkompetenz.
4. Das Gesetz lässt – gewollt? – hinreichend Lücken für juristisch wasserfeste Begründungen von Eigenanbau.
5. Wie geht`s eigentlich Marlene?

Dr. Vape
7 Jahre zuvor

Der gut informierte Beobachter weiß, das die VEarbschiedung des Gesetzes zum 1. März oder (achtung kein Aprilscherz) zum 01.04. dieses Jahres kommen soll. Also sollte es im Mai tatsächlich soweit sein – denn sonnst müsste das BfarM ja weitere Anbaugenehmigungen herausgeben… Alle bisher vergebenen Anbaugenehmigungen laufen bis Juni 2017…

Der Beitrag ist vollkommen unsachlich und bringt die Diskussion 0 weiter… Ich bin ja Grundsätzlich der gleichen Meinung – aber ich mag diese unsachliche plemische überflüssige Bericherstattung die auch viele Ängste bei betroffenen schürt nicht. Es wäre schön wenn wieder mehr mit Fakten als mit vermutungen geglänz würde…..

Realist
7 Jahre zuvor

@ Dr. Vape, bitte guck dir das Video auf exzessiv.TV mit Günther Weiglein an. Von Ängste schüren kann also keine Rede sein.
“Unsachlich” ist deine Lüge, dass das Gesetz zum 1. März bzw. 1. April in Kraft tritt und alle glücklich werden. Du weckst damit Hoffnung, wo keine ist.

Dr. Vape
7 Jahre zuvor

@Realist… Realität ist wie eine Gesetzgebung läuft… und in Sachen Cannabis als Medizin läuft Sie momentan noch mehr oder weniger im Zeitplan es gibt keinen Grund für diese Spekulationen. Auch die ACM berichtet ähnliches. So heißt es in dem letzten Newsletter das alles im Zeitplan ist und es sich nicht mehr lohnt einen Antrag für eine Ausnahmegenehmigung zu beantragen. Die ACM ist für mich da eine weitaus seriösere Quelle als betroffener als dieses “Kiffermagazin” was keine abwertung sein soll. Allerdings trennt man hier kaum zwischen medizinischer Realität und Wunschdenken zu einer allgemeinen Legalisierung. Das wird beidem nicht gerecht und daher ist sry dieser Beitrag Kappes….

Rainer Sikora
7 Jahre zuvor

Die kassen sperren sich gegen Zahlungen.Cannabispatienten sind auch Cannabisbefürworter und die gilt es zu unterbinden.Außerdem will Gröhe sich mit niemandem anlegen der so tickt wie er selbst. Am Liebsten würde er alles Hasch aus der Welt verbannen und das ganze Thema gleich mit.

E.B.
7 Jahre zuvor

Im Zweifel für den Angezweifelten, oder? 19.01.2017, 10:50, Drucksache 18/8965 wird beraten (bundestag.de/tagesordnung).

Drucksache 18/8965
7 Jahre zuvor


C. Alternativen
Keine.
Ein Eigenanbau von Cannabis durch Patientinnen und Patienten zur medizini-
schen Selbsttherapie birgt die Gefahr von mangelnden Qualitäts- und Sicherheits- kontrollmöglichkeiten und ist aus gesundheits- und ordnungspolitischer Sicht nicht zielführend.

Axel Junker
7 Jahre zuvor

“Eigenanbau nicht zielführend” aus der Tastatur überforderter Referenten ist ähnlich nichtssagendes, an der Realität vorbei geschwafeltes Textbaustein-Politformulier wie die fast schon legendäre Verbotsbegründung von “fehlender Unbedenklichkeitsbescheinigung für Cannabis.”

greenness
7 Jahre zuvor

Ich bin ja nu weder in der Berliner Politszene noch in einer Cannabislegalizerszene involviert und habe deswegen keine fundierten (Insider-)Kenntnisse, hätte aber eine weitere Verschwörungstheorie zu bieten:

Die bundesdeutschen Politiker wissen, was in den kommenden Monaten auf sie zurollt (Nordamerika). Dieses Cannabis-als-Medizin-Konstrukt könnte in dieser Form ganz schnell hinfällig/sinnlos werden.

Nummer14
7 Jahre zuvor

Alles beim alten wie immer ein erschreckend schwaches “Journalistisches Werk”. Strotzt vor Halbwahrheiten. Die meisten der Berichte im Hanfjournal dienen maximal als seichte Unterhaltung. Auch das niveaulose Schema F Dissen der Politischen Kaste was Ursus hier ist zeigt weder Substanz geschweige den Seriösität.

Nummer14
7 Jahre zuvor

@mze du hast schon gesehen das ich geschrieben habe.
das Ihr meistens seichte Unterhaltung produziert?

Tut mir sehr leid aber ich verabscheue so eine Art von “Journalismus”. Diese Art von Journalismus hat den US Wahlkampf bestimmt.

Aber lassen wir das eure Seite also auch eure Wahl was für ein Niveau.

U-G
7 Jahre zuvor

Hallo, einen geilen Sonntag an Alle die heute mit mir den 2-ten Weihnachtsfeiertag feiern und auch grüße an die die sich heute ausruhen und erbarmungslos für legalen Hanfverkauf kämpfen!!!!!!!!!!!!!!!! Ich sagte doch schon vor Wochen, hier ist meine politische Heimat. MEINUNGSFREIHEIT=MENSCHENFREIHEIT=MENSCHENRECHT Gottseidank sitzen wir alle in einem Boot und unterstützen uns für legales Cannabis, ob Medizinisch oder CSC zum Spaß-kiffen. Biblisch würde ich die “Zehn Gebote” von Moses fest “Ankern”. Streit Diskussionen bedeuten noch lange nicht FREMDENHASS, es fehlen nun mal Gelder an allen Ecken und “Kanten” und Spaßbremsen, wie Schäuble und Banko-Automato der Müll rausspuckt, wie “Jesus” sagen würde…gekaufte Verräter “Kokser”-Pervitin-Konsumenten? Die Spar-Pille vom Staatskassen-Dompteuer kommt ohne Boni nicht aus… Fühl dich “Frei”, denn Geiz ist geil… Ironie des… Weiterlesen »

E.B.
7 Jahre zuvor

@Nummer14: Schimpfen ist aber auch nicht das Mittel zur Besserung, oder? Dann hat Sadhuman an einer Stelle eben was übersehen. Ist ja bereits zur Korrektur angemerkt und bleibt ohnehin in kleinen Zirkeln. Und was das Gedisse gegen Politiker angeht, da bin ich prinzipiell auch kein Freund von, aber dir ist schon aufgefallen, dass friedliche Hanffreunde aus unausgewogenen Gründen mit allen Mitteln der Staatsgewalt verfolgt und unterdrückt werden? Und dass die Politik sich nach Kräften sträubt, hier was zu ändern? Vielleicht kannst du es den Unterdrückten etwas nachsehen, wenn sie mal kräftiger gegenhalten, als es sachlich angebracht wäre. Wollen wir aber auch nicht vergessen, dass das Gesetz laut Ankündigung – wenn ich mich nicht irre von Ende 2014 – bereits 2016… Weiterlesen »

Sadhu van Hemp
7 Jahre zuvor

Liebe LeserInnen, wie bereits von Kollege mze freundlichst angedeutet, fußt der Leitartikel auf der von Michael Knodt verfassten Meldung des Hanfverbandes vom 14. Dezember 2016: https://hanfverband.de/nachrichten/news/abstimmung-zu-medizinischem-cannabis-im-bundestag-verschoben Das Hanf Journal ist ein Monatsmagazin. Planung, Satz und Druck haben einen längeren Vorlauf als eine Tageszeitung, die binnen 24 Stunden mit heißer Nadel gestrickt wird. Somit kann es schon mal passieren, dass die am 14. Dezember gestellte Frage, „ob Hermann Gröhe noch lebt“, bereits nach Drucklegung hinfällig ist, wenn der Vermisste ein Lebenszeichen von sich twittert. Nun gut, Journalismus lebt von der Leserschaft – und jede kritische Anmerkung ist eine Art „Qualitätskontrolle“. Doch Kritik sollte schon frei von Hate Speech und Diffamierungen sein. Wer dem Adressaten mitteilen will, wo es Not tut, ist… Weiterlesen »

Axel Junker
7 Jahre zuvor

In Anbetracht der Tatsache, dass der Cannabis-medizinische Hintergrund für die Umterminierung des angedachten Gesetzes etwa ZWANZIG JAHRE zurückliegt und zweifelsohne auch in Gründung, Existenz und Aktivität der ACM zu finden ist, scheint die vom Autor innerhalb nur eines Tages veröffentlichte Richtigstellung in Bezug auf die verschobene Lesung des Gesetzes (sinnbildlich) bloß ein zeitlich überaus eingekürzter Eintagsfliegenschiss zu sein, welchen man sich von in Gesundheitspolitik involvierten Referenten und Abgeordneten in dieser Arbeitsgeschwindigkeit lediglich wünschen kann.

Leidtragende dieser Polit-Slow-Motion dürften in der Tat das Gefühl entwickelt haben, dass Hermann das Zeitliche gesegnet hat.
Weiterhin ungesegnet bleibt allerdings, was er uns da – wann auch immer – als Gesetz schmackhaft machen will.