Sonntag, 20. November 2016

Hanf Beimer – voll druff

 

Sadhu van Hemp

 

hans-beimer-lindenstrasse

 

Hans Beimer ist krank: Parkinson. Doch ein Hansemann lässt sich nicht unterkriegen –ganz so wie Muhammad Ali, der 1984 an Schüttellähmung erkrankte und bis zu seinem Tod im Juni dieses Jahres dem schleichenden körperlichen Verfall wacker die Stirn bot. Doch so lange muss Opa Beimer nicht durchhalten, es sei denn, das Urgestein der „Lindenstraße“ will über hundert Jahre alt werden.

 

Die Diagnose „Morbus Parkinson“ bei Hansemann war ein Schock für Abermillionen Piefkes, die seit über drei Jahrzehnten jeden Sonntag zur Abendbrotzeit bei Beimers & Co. zu Gast sind und teilhaben an dem, was das Leben für den Mikrokosmos rund um das Mietshaus in der Lindenstraße 3 bereithält. Und dieses Leben hat es in sich, denn nirgends in Deutschland schlägt das Schicksal auf engsten Raum härter zu als in dem viergeschossigen Nachkriegsbau. Hansemann hat sie alle kommen und gehen sehen: Schwule, Lesben und Bisexuelle, Emanzen und Leihmütter, Tierrechtler und Umweltschützer, Wehrdiensttotalverweigerer, Veganer und Vegetarier, Migranten und Islamkonvertiten, linksgrünversiffte Gutmenschen und rechtsbraunverseuchte Schlechtmenschen, Behinderte, Ehebrecher, Arbeitslose, Transsexuelle und weiß der Himmel, was noch für unappetitliche Existenzen. Und ein Ende der sonntäglichen Horrorshow für besorgte Senioren, Katholiken und hasserfüllte Sachsen ist nicht in Sicht. Auch die nächsten Jahre werden wir Zeuge des wirklich wahren Lebens, das selbst ein „Dittsche“ nicht besser erzählen könnte.

 

Und wie sollte es anders sein? Selbstverständlich werden auch in der „Lindenstraße“ Drogen konsumiert – und nicht nur harte, für die bis zu seinem Tod Lindenstraßenpenner Harry Rowohlt zuständig war. 2006 sorgte Hansemanns Sohnemann Tom für helle Aufregung im Hause Beimer-Ziegler: Eine Dopingkontrolle überführte den Sechzehnjährigen des schweren Hanfmissbrauchs – mit der Folge, dass das Sporttalent mit Schimpf und Schande aus dem Verein geworfen wurde und sein Stipendium an einem Sportgymnasium verlor. Hansemann tobte, so wie es sich für einen Vater gehört, der von Kiffen und Husten keine Ahnung hat. Ganz im Sinne der damaligen Bundesdrogenbeauftragten Sabine Bätzing (SPD) wusch Vater Beimer seinem Sohn das Gehirn, ohne sich gewahr zu werden, dass er mit diesem Akt erzieherischer Gewalt das Verhältnis zu seinem Filius aus zweiter Ehe auf Jahre zerrüttete. Statt den Verstand einzusetzen und dem Söhnchen die Tüte zu halten, sah er zu, wie die Biographie des Jungen wegen des unseligen Hanfverbotes von Staat und Gesellschaft umgeschrieben wurde.

 

Doch, doch, die Figur des Beimer-Hans folgt exakt dem kulturellen Stereotyp, das den kleinen bundesdeutschen Mann mit etwas zuviel Bildung kennzeichnet. Ein unverbesserlicher Gutmensch eben, der niemandem ein Haar krümmen kann und deshalb fortwährend an sich und den Nachbarn scheitert. Dennoch – Hansemann hat ungeachtet aller menschlichen Unzulänglichkeiten auch so etwas wie Ideale, für die er unermüdlich kämpft und – wenn es sein muss – auch schon mal Opfer bringt. Und dieses Opfer ist seine schier grenzenlose Ichsucht und Triebhaftigkeit, die er nunmehr seit dem 8. Dezember 1985 im öffentlich-rechtlichen Fernsehen mit mäßigem Erfolg und ohne Rückgrat zu bändigen versucht. Frauen Schwängern ist sein Lebensinhalt. So wundert es nicht, dass der Sozialarbeiter im Ruhestand mit 70 Jahren noch einmal als Samenspender aktiv wurde und erneut völlig überforderter Vater geworden ist. Seit 2013 dürfen wir zugucken, wie Hansemann bei seinem achten Kind, das er groß zu ziehen beabsichtigt, versagt. Wieder werden auf Zank und Streit Tränen folgen, Porzellan wird fliegen, und niemand wird erwarten, dass Hansemann endlich mal Nägel mit Köppen macht und mit seiner Mischpoke dem kleinbürgerlichen Mief der „Lindenstraße“ entflieht. Gefangen zwischen dem 2. Obergeschoss links und der Taverne „Akropolis“ wird Hansemann bis zum Jüngsten Tag sein bisschen bundesdeutsche TV-Existenz mit ein paar Millionen GEZ-Gebührenzahlern teilen. Altbekannte Verhaltensmuster werden den Hans auch zukünftig auf der Stelle treten lassen und nicht nur den männlichen Zuschauern den Spiegel vor Augen halten. Nein, auch viele brave Frauen werden sich manches Mal die Augen reiben, wenn sie nach der halben Flimmerstunde auf das blicken, was neben ihnen auf dem Sofa auf den „Tatort“ wartet und dem Hansemann bis aufs Haar gleicht.

 

Doch halt! Seit Juni ist alles ganz anders. Erstmalig überschreitet Hansemann nicht nur Grenzen, sondern gleich den ganzen Rubikon von der Quelle bis zur Mündung. Schuld ist nicht er, sondern die Parkinson-Erkrankung – und der Nachbar aus dem 4. OG rechts. Jawoll, der gewissenlose Dr. Carsten Flöter war es, der den guten alten Hansemann in seiner Not auf die schiefe Bahn brachte. Gepeinigt von Schüttelkrämpfen und anhaltender Schlaflosigkeit bat Beimer den Hausarzt der „Lindenstraße“ um Hilfe. Doch dem von Tablettensucht gezeichneten Kurpfuscher fiel nichts anderes ein, als die Einnahme von Medizinalhanf anzuempfehlen. Ein fataler Fehler mit katastrophalen Folgen ungeahnten Ausmaßes! Zwar hat sich der gute Hansemann keine Überdosis Hanf in die Nase gespritzt, dafür aber hat die erste Rauschgiftzigarette seine Wirkung getan und Linderung gebracht. Das hätte nicht passieren dürfen – nicht einem Hansemann, der gegen allen guten Rat schon immer immun war und leicht wankelmütig wird, wenn es um das Eigenwohl geht. Wer ohne Kondome seinen ehe- und unehelichen Pflichten nachkommt oder – wie 2009 unter Beweis gestellt – für ein paar Folgen der Alkoholsucht verfällt, der hat keine Skrupel vor nichts, auch nicht vor fortgesetztem Haschgiftmissbrauch zum Zwecke unzulässiger Eigentherapie.

 

Und so kam es, wie es kommen musste: Hansemann kam auf den Geschmack, stand aber wie Millionen andere Hanfanwender vor dem Problem, das Heilkraut zu erwerben. Nach ein bisschen Internetrecherche in einschlägigen Gangsterforen war er dann geboren, der kriminelle Gedanke, das vom Teufel auf die Erde gebrachte Kraut selbst anzupflanzen. Nach nur wenigen Wochen hatte es Hansemann vollbracht, im Schnelldurchlauf etliche Einweggläser mit hochpotentem Medizinalhanf zu füllen. Natürlich folgten heftige Auseinandersetzungen mit Ehefrau Anna, die ihm ins noch nie richtig vorhandene Gewissen redete und Angst vor Strafverfolgung schürte. Doch wer das Hänschen kennt, der weiß, dass er auf Frauen nur ganz selten bis gar nicht hört. Statt das überschüssige Rauschgift zu vernichten, ist er nun dabei, das Kraut den Mitpatienten seiner Parkinson-Selbsthilfegruppe zu verhökern. Noch verbucht Hans die illegalen Einnahmen aus seinem Drogenhandel als moralisch vertretbare „Spende“, und die erste Anschaffung von den „Spenden“ war eine neue Premium-Waschmaschine in lotusweiß.

 

Ja, es ist schier zum Verzweifeln, dabei zusehen zu müssen, wie Hansemann blind vor Glück in sein Unglück rennt. Sonntag für Sonntag brüllen Millionen treue Lindenstraßenfans in die Fernsehröhre: „Hansemann, hör uff damit! Das geht nicht gut, Keule! Das nimmt ein böses Ende.“ Doch Deutschlands ältester Seifenopernstar will nicht hören, und dealt bereits ungeniert per Telefon mit nicht mehr unerheblichen Mengen der illegalen Substanz. Wie lange das noch gut geht, ist nur noch eine Frage von ein paar Folgen.

 

Was den Lindenstraßenfans bleibt, ist die Hoffnung, dass das Drehbuch nicht so realistisch fortgeschrieben wird wie bisher und Hansemann die Flucht über die Balkanroute nach Holland gelingt, wo er politisches Asyl erhält. Doch von dieser Hoffnung ist abzuraten, denn in über dreißig Jahren „Lindenstraße“ gab es nur in den seltensten Fällen ein Happy End der Episoden. Wer sterbenskrank war, ist auch gestorben, und Lug und Trug ist noch immer aufgeflogen.

 

Und so wird unweigerlich jener Blutsonntag folgen, an dem ein Sondereinsatzkommando der bayerischen Polizei ganz wirklichkeitsnah das Haus Nr. 3 stürmt, irrtümlich bei Helga Beimer im 1. OG links einfällt und diese krankenhausreif schlägt, um zu guter Letzt dem Hanfdealer Hansemann auf der Flucht von hinten per Kopfschuss für immer das Licht auszuknipsen. So traurig es für Millionen Hansemannfans auch ist: Unser Held wird sterben. Und das ist auch gut so: Denn der überaus sympathische und telegene Tatortkommissar Tschiller, der Hansemann im Namen des deutschen Volkes füsiliert, darf zur Belohnung die freigewordene Schlafstelle im 2. OG links einnehmen und bis zur Pensionierung die Rolle des Witwentrösters spielen.

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5 Kommentare
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Rainer Sikora
7 Jahre zuvor

Weg mit dem Rauschgiftverbrecher.

Helga
7 Jahre zuvor

Ich will nicht, dass Hansemann erschossen wird. Können wir denn dagegen gar nichts tun? Vielleicht eine Rettet-Hanf-Beimer-Facebook-Seite einrichten.

Andreas
7 Jahre zuvor

Beimer bleibt wenigstens nett wenn er kifft und wird nicht so ein agrressiver Ego-Pisser wie manch andere. LOL

Ralf
7 Jahre zuvor

Also, wenn ich das richtig verstehe sind alle die nicht “nett” sind, agressive Egopisser. Diese Ausssage finden aber bestimmt viele hier überhaupt nicht nett ! Was bist du also dann in deren Augen? Die Merkel ist immer “nett”, schickt mir aber ihre agressiven, mit Waffengewalt bei mir eindringenden Schergen auf den Hals! Die und die vielen anderen “netten” Prohibitionisten sind also keine agressiven Pisser? Ich bin der agressive Pisser, weil ich bei ihrem Übefall nicht “nett” zu ihnen bin? Wer stigmatisiert und verfolgt wird, soll trotzdem zu seinen Peinigern “nett” sein nur weil diese ihm das Leben auf “nette” Art und Weise kaputt machen? Aua, da sich gerade beim Verfolgen dieser voll logischen Kette in meinem Gehirn die ersten schmerzhaften… Weiterlesen »

underground-grower
7 Jahre zuvor

Ich muss immer noch Lachen über deinen Beitrag zur Lindenstraße, dem Volksdeutschem Kind…Lach.

Es ist eine Verschwörung im Gange….

Lange schon so nicht mehr das Grinsen aus dem Gesicht gekriegt…

Geil geschrieben, du hast mich heftigst zum Lachen gebracht Sadhu van Hemp.

Hoch lebe werde das Hanf.