Freitag, 12. August 2016

Texta im Interview

 

„Verbote funktionieren einfach nicht, sonst gäbe es nicht so viele Drogen auf der Welt.“

 

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von Janika Takats

 

 

 

Texta wurde vor rund 23 Jahren in Österreich gegründet und auch wenn bis zur ersten Veröffentlichung 12 Jahre ins Land gingen, hat die Band die österreichische Hip Hop Szene maßgeblich geprägt. Nach all den Jahren macht es nicht den Anschein, als hätte die Truppe vor einen Gang runter zu schalten. Theaterproduktionen, Kooperationen mit Bands wie Blumentopf, die Veröffentlichung eines Best-of-Albums sowie einer Filmdoku über die Band und zahlreiche Einzelprojekte, welchen die einzelnen Mitglieder nachgehen, werden von Texta realisiert. Im April folgte dann das neue Album „Nichts dagegen, aber…“, welches ausschlaggebend war, die Band für ein Interview zu treffen.

 

 

Was könnt Ihr mir über Euer neues Album erzählen?

 

Huckey: Die neue Scheibe heißt „Nix dagegen aber…“ und hat einen starken Österreich-Bezug – musikalisch, als auch inhaltlich. Das ist eine Phrase, die Österreicher oft gebrauchen. Die härtere Version wäre: „Ich habe nichts gegen Ausländer, aber…“

 

Flip: In Deutschland kennt man den Spruch: „Ich bin kein Rassist, aber…“ ja auch. Allgemein geht es mit dieser Aussage darum, seine Haltung zu relativieren und nicht wirklich zu dem zu stehen, was man sagt.  Ich mache in der Regel die Beats für Texta. Ich hatte einige Beats mit österreichischen Samples und  habe angefangen dazu Texte zu schreiben. Dabei ist die Idee entstanden, ein Album nur mit österreichischen Samples zu schaffen. Da lag es dann nahe sich auch thematisch intensiv mit dem Land auseinander zu setzten. Österreich wird dabei in den Texten nicht einmal namentlich erwähnt.

 

Huckey: Es sind eher die Geschichten, die erzählt werden, die den Bezug herstellen. Man kann inhaltlich viel hineininterpretieren. Dabei sind viele der Themen dennoch universell und betreffen viele.

 

 

Die Veröffentlichung des Vorgängeralbums liegt schon eine Weile zurück. Woran habt Ihr in der Zwischenzeit gearbeitet?

 

Flip: An sehr vielem (lacht). Als Texta haben wir die Musik für zwei Theaterstücke am Landestheater in Linz geschrieben. Das eine war eine Adaption von „Max und Moritz“. Das zweite Stück hieß „Welcome to Astoria“. 2013 haben wir unser 20-jähriges Jubiläum gefeiert und dazu ein Best-Of-Album herausgebracht. Ich habe zudem im vorherigen Jahr mein Producer-Album in den USA herausgebracht, welches den Namen „Reflecitons“ trägt. Letztes Jahr erschien außerdem noch das „TNT“ Album gemeinsam mit Blumentopf.

 

Huckey: So eine Theaterproduktion ist ja nicht unaufwendig und wir standen zudem auch auf der Bühne und haben unsere Musik selbst gespielt, weil es der Regisseur unbedingt wollte. Nebenbei verfolgen wir alle unsere eigenen Projekte. Ich arbeite auch mit anderen Musikern an Alben und trete mit verschiedenen Künstlern auf.

 

Wie genau haben sich die Theaterproduktionen gestaltet?

 

Flip: Hier war der Unterschied, dass ich keine Samples verwendet, sondern alle Instrumente selbst eingespielt habe. Thematisch geht man auch anders an die Sache heran. Es geht darum, dass die Texte verständlicher und die Flows weniger kompliziert sind. Man schaut, dass das Stück durch die Musik getragen wird und nicht, ob die Musik ein Hit wird.

 

Huckey: Wir haben uns gemeinsam mit dem Regisseur an das Ergebnis herangetastet. Der Live-Anteil war relativ hoch. Bei einem Stück waren es acht Stücke. Ein Musical würde ich es allerdings noch nicht nennen.

 

 

Bei Eurem neuen Album ist auch eine Dokumentation über Texta dabei. Wie ist diese entstanden?

 

Flip: Ein langjähriger Freund von uns ist Filmemacher. Es war seine Initiative, über uns einen Film zu drehen und wie haben ihn natürlich unterstützt. Der Film ist zu der Zeit entstanden, also Skero – der 20 Jahre lang dabei war – die Band verlassen hat. Insgesamt haben wir im Laufe eines Jahres immer wieder Interviews geführt und wurden von ihm zu Konzerten begleitet. Er ist auch zu unseren Eltern gefahren und hat sehr viel Material gesammelt, aus dem dann der Film entstanden ist. Viele Musikdokus arbeiten vorrangig mir historischen Konzertaufnahmen. Das ist bei uns jedoch nicht der Fall. Die Geschichte wird von uns als Erzähler im 20. Band-Jahr erzählt und endet mit unserem Jubiläumskonzert in Linz.

 

 

In Euren Texten setzt ihr euch kritisch mit Österreich bzw. Eurem Umfeld auseinander. Hat sich Euer Fokus in den letzten 20 Jahren verschoben oder geht es immer noch um die gleichen Knackpunkte?

 

Huckey: Wenn man jetzt den Titel des neuen Albums betrachtet, spiegelt er eine seit langem aktuelle Grundproblematik wieder. Vom musikalischen her, gab es in Österreich klare Verschiebungen: wie agieren größere und kleinere Labels, wie ist die gesamte Industrie bzw. Musiklandschaft aufgebaut etc. Aktuell erhalten österreichische Bands auch im Ausland relativ viel Aufmerksamkeit. Dies bietet natürlich auch für andere Musiker eine Chance. Dennoch wird sich in den nächsten zwei/drei Jahren zeigen müssen, ob dieser Trend auch von Dauer ist.

 

Flip: Wir haben uns seit jeher kritisch mit der Politik oder bestimmten Geschehnissen auseinandergesetzt, doch wir waren nie eine Band, die zu bestimmten Handlungen aufgerufen hat. Unser Ansatz war eher ein philosophischer, auch wenn es um die direkte Auseinandersetzung mit der Hip Hop-Szene ging. Wir haben mit verschiedenen Sounds und Musikrichtungen experimentiert, doch an unserer Grundhaltung hat sich nicht viel geändert. Dabei sind wir nicht verbittert, wie viele andere und versuchen uns auch nicht mit aktuellen Künstlern zu vergleichen. Wir sind in der Szene eine gewisse Instanz und haben uns unseren Namen erarbeitet. Es wäre mir unangenehm jetzt irgendwelche Leute auf dem Album zu dissen oder die ganze Zeit zu betonen wie fresh und funky wird sind. Klar können wir uns Entwicklungen angucken und unsere Meinung dazu abgeben, aber es sollte nicht darum gehen anderen vorzuschreiben, was sie zu tun haben.  Mir sind die Werte, die die Hip Hop-Kultur einmal gehabt hat wichtig. Hip Hop hat einen universellen Anspruch. Es geht nicht darum woher du kommst, sondern darum was du machst. Es geht darum Spaß zu haben, doch dabei sollten Inhalte nicht in den Hintergrund geraten. Hip Hop war die erste Kultur in unseren Breitengraden die Kids mit Migrationshintergrund eine Identifikationsfläche gegeben hat. Im Indie-Rock gibt es hingegen bis heute kaum Anzeichen von gelebter Integration. Im Hip Hop haben sich hingegen Menschen aus unterschiedlichen Kulturen zusammengefunden. Dieser Zusammenschluss war genau das spannende. Leider wurde er durch die  wirtschaftliche Ausbeutung wieder etwas aufgebrochen und von der Hip Hop-Kultur der 1990er Jahre ist nicht viel geblieben. Ich finde es für uns als Veteranen jedoch wichtig, dass wir diese Werte aufrechterhalten.

 

Huckey: Ich kann die Inhaltslosigkeit, die Flip eben angesprochen hat nicht ganz nachvollziehen. Warum scheut man sich davor seine Meinung zu sagen. Man kann durchaus tanzen und gleichzeitig denken bzw. Party machen und trotzdem eine Haltung haben. Es ist ja nicht so, dass das eine das andere ausschließt.

 

 

Verfolgt Ihr in Österreich die aktuelle Debatte um Cannabis?

 

Flip: Kiffen ist bei uns in der Band jetzt nicht mehr so das Thema, doch es ist wichtig, dass auf dem Gebiet eine Entwicklung stattfindet. Die Dämonisierung von Hanf ist absurd, auch wenn es durchaus Menschen gibt, die mit dem kontinuierlichen Cannabis-Konsum nicht klarkommen. Letztendlich kann man den Menschen vor nichts bewahren. Verbote funktionieren einfach nicht, sonst gäbe es nicht so viele Drogen auf der Welt. Der Schwarzmarkt und die damit verbundene Finanzierung von kriminellen Machenschaften sind für mich der erste Grund, warum eine Legalisierung stattfinden sollte.  An den Entwicklungen in den USA lässt sich sehr gut erkennen, dass dies der richte Weg ist und dann ein regulierter Markt funktioniert, ohne dass das Land überschwemmt wird und Kinder auf dem Schulhof zum Kiffen gezwungen werden. In Österreich spricht sich derzeit glaube ich gerade mal die Sozialistische und die Grüne Jugend für eine Legalisierung aus. Die konservativen und populistischen Kräfte halten weiterhin an der Prohibition fest. Es ist also noch ein langer Weg.

 

 

Wie ist derzeit den Grundstimmung der Leute im Land?

 

Huckey: Ich verfolge die Debatte und finde sich richtig und wichtig. Vor kurzem habe ich erst einen Bericht über das medizinische Potenzial von Cannabis gesehen. In der Diskussion um die Legalisierung sind die Fronten verhärtet, so dass eine objektive Auseinandersetzung mit dem Thema schwer fällt. Verallgemeinerungen sind in diesem Fall ebenfalls schwieg. Nicht jeder Jugendliche, der einmal ein Bier trinkt, endet gleich als Schnapsleiche und Alkoholiker. Drogenkonsum kann man nicht pauschalisieren, weil jeder Mensch anders tickt.

 

Flip: THC ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Dennoch kursiert immer noch das Horror-Bild der „Haschgiftspritzer“ und der Mythos der Einstiegsdroge. Die Mehrheit der Kiffer hat nie eine andere Droge angerührt. Ein Verbot von Drogen funktioniert einfach nicht. Das ist nur eine Scheinlösung zur Beruhigung der Bourgeoisie.

 

Huckey: Man hat ja an der Alkohol-Prohibition deutlich gesehen, dass das Konzept gescheitert ist. Die Mafia hat seht stark profitiert. Für die Konsumenten hat sich wenig geändert außer, dass der Konsum gefährlicher wurde. Ein gewisser Prozentsatz der Bevölkerung kann nicht mit Drogen umgehen. Dafür muss man sich Lösungen einfallen lassen. Die Verbote bewirken nichts.

 

Flip: Die Menschen, die Probleme mit Drogen haben, werden auf der anderen Seite immer einen Weg finden sich zu berauschen. Ob nur mit Medikamenten oder illegalen Drogen oder was auch immer. Das lässt sich einfach nicht verhindern. Umso wichtiger ist es Programme zu schaffen, um diese Menschen aufzufangen und sie nicht als Kriminelle zu verfolgen.

 

 

Vorhin habt Ihr von Euren Nebenprojekten erzählt. Wie bringt Ihr das alles unter einen Hut?

 

Huckey: Manchmal kann es schon stressig werden, wenn man versucht an mehreren Dingen gleichzeitig zu arbeiten. Gleichzeitig bekommt man so immer wieder auch den Kopf frei und es können neue Ideen entstehen, die wir dann in der Band aufgreifen. Nicht alles findet bei Texta Platz, daher nimmt sich jeder für sich immer wieder den Freiraum anderes zu probieren.

 

Flip: Wenn ein Texta Projekt ansteht, hat dies ganz klar Priorität. Alles andere kommt danach. Durch unsere langjährige Erfahrung arbeiten wir recht schnell. Für die Theaterstücke haben wir uns getroffen und am Ende des Tages war der Song fertig. Wir sind alle sehr fokussiert, dabei hilft uns natürlich unsere Erfahrung, weil wir nicht mehr viel Zeit mit Diskussionen verschwenden. Aber natürlich ist es nach wie vor ein intensiver Prozess ein Album aufzunehmen und fertig zu stellen.

 

Vielen Dank für das Interview.

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1 Kommentar
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Bundeskanzler
7 Jahre zuvor

Viele Drogen? Ohne Verbote wären es erst viele.

Finde aber nicht dass man Konsumenten verfolgen sollte, eher die Dealer/Hersteller. Und viele Drogentote haben wir auch nicht im Verhältnis zu den Einwohnern und der Jahreszahl/Zeit.