Was war – was kommt
Von Sadhu van Hemp
Auch 2015 war auf unsere politischen Eliten Verlass – in Sachen Hanfprohibition. In bewegter Zeit, die unsere Gesellschaft zu zerreißen droht, ist der Anti-Hanf-Krieg mittlerweile das Beständigste auf deutschen Boden – und man will die Kifferhatz schon gar nicht mehr missen. Wer wirtschaftlich und menschlich überleben will, der ist auch im neuen Jahr gut beraten, seinem Lebensstil treu zu bleiben, denn das in Stein gemeißelte Hanfverbot garantiert eine gesicherte Existenz außerhalb des Schwarmes. Selbst wenn Schland im politischen Chaos versinkt und kein Stein auf dem anderen bleibt, der Hanf wird auch weiterhin blühen und den Hänflingen selbst in dunkelster Zeit den Weg in die Freiheit leuchten.
Während sich die Bevölkerung des amerikanischen Kontinents allmählich von den Fesseln der Hanfprohibition löst und neue Wege für einen normalen Umgang mit Cannabis und seinen Anwendern einschlägt, sitzt der Rest der Welt weiterhin in der selbst gegrabenen Grube und der Mangel an Verstand führt zu allgemeiner Schwarmdemenz – bei Jung und Alt.
Auch die Deutschen vergessen sich, als gäbe es kein Gestern. Anstatt aus der Geschichte für die Gestaltung einer aufgeklärten und der Zukunft zugewandten Gesellschaft zu schöpfen und die Irrtümer nicht zu wiederholen, greifen die Bundesbürger tief in die Mottenkiste menschlicher Unzulänglichkeiten. Der Hanf, der bislang nur seiner selbst verteufelt wurde, hat im letzten Jahr Helfershelfer des Bösen bekommen. Nunmehr baumeln neben den Hanffreunden auch „Mutti“ Merkel und Sigi „Pop“ am Galgen der „Achse des Guten“. War gestern noch der Kiffer die Ausgeburt der Hölle, so sind heute alle Erdenbürger, die nicht ins reaktionäre Weltbild unserer von Angst besessenen Philister passen, das auszumerzende „Viehzeug“.
Der gesellschaftliche Klimawandel, der uns die Renaissance der Herrschaft des Pöbels beschert, vergiftet mehr und mehr die Köpfe der kleinen Männer und Frauen, die sich bemüßigt fühlen, endlich aufzuräumen im deutschen Haus. Während die einen immer lauter nach Lynchjustiz für alle und keinen kreischen, werden die anderen immer kleinlauter. Wer heute einen links-grünen Wohlstands- und Bildungsbürger fragt, wie es mit der Entkriminalisierung des Hanfes aussieht, der erhält zur Antwort nur ein müdes Achselzucken mit dem Hinweis auf die anderen drängenden Probleme.
Und ja doch, wir haben sie, die anderen großen Probleme! Darauf können wir dann aber auch richtig stolz sein, denn wir haben diese selbst produziert. Auch 2015 haben wir die Blase des kollektiven Versagens tüchtig aufgepumpt, wohl wissend, dass das Reservoir porös ist und der Eiter der Versäumnisse auf fruchtbaren Boden kleckert. Wir erinnern uns: Vor einem Jahr stand noch der Wunsch der Hanffreunde nach einer Entkriminalisierung im Fokus der medialen Berichterstattung und politischen Diskussion, und der Glaube an ein baldiges Ende der Prohibition machte sich in der Community breit. Zwölf Monate später ist von Hanf ganz und gar nicht mehr die Rede. Jetzt ängstigen sich unsere Bürgersleute nicht nur vor Kiffern und schwarzarabischen Kinderdealern aus dem Abendland, sondern auch vor Kriegsflüchtlingen aus dem Orient, die alle Mann im Rudel über unsere blondierten Frauen herfallen und ganz Germanien mit Fußpilz anstecken. Vorbei die schönen Zeiten, als noch die Haschgiftfixer unseren Stammtischbrüdern als Brechmittel genügten. Die Teufel sind nunmehr die armen Seelen aus den Kriegsgebieten im Morgenland, die nicht länger für uns die Rübe hinhalten wollen und vor unseren Waffen türmen.
Damit das nicht so wahrgenommen wird, wie es ist, sind die Bösen natürlich nicht unsere Aktionäre, die sich eine goldene Nase mit Rüstungspapieren verdienen, sondern die, die der Einfachheit halber wegen des moslemischen Glaubens als Opfer abonniert sind.
2015 sind alle Dämme gebrochen in der deutschen Volksseele, und selbst die von den besorgten Problembürgern verhohnepiepelten linksgrünen „Gutmenschen“ stehen unter Schockstarre angesichts der eigenen Unanständigkeit, sich auf das Bauchgefühl des Schwarmes zu verlassen und zu schweigen. Geradezu pervers mutet es an, wenn vormals überzeugte Linke plötzlich wie ein Mann hinter Angela Merkel stehen und nichts mehr fürchten als ein Leben ohne „Mutti“.
Machen wir uns nichts vor: Die Epoche der Rassisten, Fremdenfeinde, Nationalisten, Revanchisten, Faschisten und christlichen Fundamentalisten ist angebrochen. Ohnmächtig schauen wir zu, wie sich der in jeder Hinsicht zu kurz gekommene Plebs mausig macht und nicht verhehlt, dass brennende Asylbewerberheime und Prügelorgien gegen Andersartige jeder Couleur ein legitimes Mittel zur Abschaffung des verhassten „Systems“ sind.
Völlig enthemmt rufen die Deutschen jene Geister, die längst für alle Zeiten vertrieben schienen. Sehenden Auges laufen wir blindlings in eine ethische Katastrophe, die unsere moderne und aufgeschlossene Gesellschaft in mittelalterliche Moralvorstellungen zurückwirft. Der Anfang mit knapp tausend Brandanschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte ist gemacht, und niemand in diesem unserem schönen Deutschland will etwas davon wissen, dass unsere Gesellschaft längst vorm braunen Terror kapituliert hat. Anders als vor 25 Jahren, als unsere geistig minderbemittelten Wutbürger schon einmal eine Blutspur durchs Land zogen, bildet sich diesmal kein Widerstand in Form von Lichterketten und Mahnwachen. Vielmehr verschließen die, die es besser wissen müssten, die Augen und flüchten sich in die innere Immigration, um bloß nicht später als Zeuge aussagen zu müssen.
Erschreckend auch, dass Volkes Zorn über das „Versagen der anderen“ generationsübergreifend ist. Wir erleben dieser Tage das seltene Schauspiel, dass die Alten nicht in Konflikt mit den Jungen stehen. Vielmehr ist ein ganzes Volk einig darüber, dass das „linksversiffte Merkel-Gabriel-Regime“ mittels einer Revolution von Rechts zur Rechenschaft gezogen werden muss. Ein bisschen „Nazi“ ist en vogue wie lange nicht mehr, weil ja früher unterm Adolf auch nicht alles schlecht war. Wohin man auch horcht, quer durch alle Schichten geht ein lautes Gähnen, wenn es darum geht, unserer freiheitlich-demokratischen Wertegemeinschaft das Wort zu reden. Die Saat der Sarrazinesen geht auf, und die imaginäre Angst, dass Deutschland von Invasoren und „Gutmenschen“ abgeschafft wird, pflanzt unaufhörlich Ressentiments und längst überwunden geglaubte Phobien in die Köpfe der sittlich nicht so ganz stabilen Deutschländer.
Wie immer sucht die Volksseele nach Schuldigen, die verantwortlich für das gemacht werden können, was wir selbst verbrochen haben. Nicht unsere geldgierigen Heuschrecken und Aktionäre, die die Verdummten dieses Landes mit Dumpinglöhnen und Wuchermieten aussaugen, die Millionen Menschen auf Hartz-IV-Niveau im Käfig halten und den Kindern den Zugang zu Bildung verweigern, müssen sich vor Regressansprüchen der Verarschten fürchten, sondern die, die ohnehin im Arsch sind.
Auch im neuen Jahr werden wir zusehen, wie nach unten getreten wird. Wie Masochisten werden auch wir selbstgerechten und eigennützigen Hanffreunde im Namen des Christengötzen nach noch mehr Law and Order schreien und denen in die Hände spielen, die uns einschüchtern, kontrollieren und wie Marionetten tanzen lassen wollen. Und die Chancen stehen nicht schlecht, dass wir alle mitmachen und uns in die schöne neue Welt mit Totalüberwachung führen lassen. 2016 wird das Jahr der Tabubrüche – deutschland- und weltweit. Das Wörtchen „Freiheit“ wird einen völlig neuen Sinn bekommen, wenn sich Europa einmauert und vor den Toren unserer Freiheit das große Sterben beginnt. Gestern noch war der Satz, Deutschland sei nicht das Sozialamt der Welt, eine verbale Entgleisung rechtspopulistischer Schreihälse, morgen schon wird die Allegorie zur moralischen Rechtfertigung für die unterlassende Hilfeleistung.
Der Blick in die Glaskugel offenbart eine Zukunft, die die Räume enger und die Gräben tiefer werden lässt. Wir sehen eine dekadente deutsche Gesellschaft, deren Frauen vor Glück schreien, wenn der Niedriglohnsklave des Kurierdienstes mit den Schuhkartons auf der Fußmatte steht. Auch 2016 wird es viele, sehr viele junge Männer geben, die lieber zu Hause an Muttis Brust hängenbleiben und von dicken Autos, prallen Blondinen und der neuesten Konsole träumen. Überall und nirgends wird weiter beschissen und betrogen, gefaulenzt und gepfuscht – und alle wollen nur das eine Glück, bevor nichts übrigbleibt: Spaß! Wie einst in den Golden Twenties des letzten Jahrhunderts tanzen die Drückeberger der Gegenwart und die Verlierer der Zukunft auf dem Vulkan, bis die Geldkarte eingezogen wird und die Suppe in der Suppenküche ausgelöffelt werden muss. Noch wird der Rausch anhalten, und der Glaube der irregeleiteten besorgten Bürger, mit ein paar Schönheitsreparaturen könne die Idylle des eigenen Lügengebäudes wiederhergestellt werden, wird die Gesellschaft weiter spalten.
Und wir verfemten Hänflinge? Ja, wir machen weiter wie immer, kreisen in unserem illegalen Mikrokosmos, und 2016 wird sich nichts ändern: Alles bleibt so schön hübsch-hässlich wie immer. The show must go on – und als Zaungäste der Gesellschaft dürfen die Hanffreunde diesmal sogar 366 Tage dabei zugucken, wie Angst und Dummheit die Seele der Deutschen auffrisst.
Es ist zwar Satire … aber das Lachen will einem wahrlich im Halse stecken bleiben. WIE STARK IST die HANFBEWEGUNG? In Deutschland und international? Wie gut sind wir vernetzt? Was trauen wir uns zu? Was können wir erreichen? ************ WIR FORDERN ein “HANF TRIBUNAL”! Warum? … nur ein Grund von VIELEN: [… die “Ausmerzung” der Drogen und der dazugehörenden “Geldwäsche” befehlen. Über diesen lustigen Auftritten dürfen wir allerdings nicht vergessen, was gemeint ist. Die milliardenschweren Paten des Drogenhandels, die inzwischen halbe Kontinente beherrschen oder terrorisieren, sind nichts als die ekligen Fettaugen der Prohibition. Heroin, das Hustenmittel der Bayer AG, wird unter den wachsamen Augen der Bundesverteidigungsministerin in nie gekannter Menge in Afghanistan produziert, während die Freunde aus Amerika die Volksgesundheit… Weiterlesen »
Sehr guter Text Sadu. Mein Bauchgefühl sagt genau das…
@ Sadhu van Hemp
Der Artikel beschreibt treffend den Ist-Zustand unserer Gesellschaft und ist mit Sicherheit keine Satire. Was aber immer außen vor bleibt, sind die Fragen nach den Wurzeln des Übels. Ist das alles so nur einfach Gott gegeben, oder von Menschen gemacht? Wenn ja, zu welcher Zeit, wie und von wem, zu welchen Zwecken? Wer sich weigert auch nur eine dieser Fragen vollständig zu beantworten, läuft mit Scheuklappen durch die Welt!