Mittwoch, 2. Januar 2013

Undurchsichtiges Licht Teil 2

Wir begrüßen Euch zum zweiten Teil unserer Artikel-Serie über die Bedeutung des Lichts bei der Pflanzenzucht unter Kunstlicht.

Autor: Mr. Jose & legalizace.cz

Grafik: Mr.Jose
Grafik: Mr.Jose

Den letzten Teil haben wir mit einigen Fragen abgeschlossen, von denen wir Euch jetzt ein paar beantworten werden. Wir verwenden die gleichen Fachbegriffe wie im ersten Teil, falls Ihr also aus irgendeinem Grund die letzte Ausgabe des Hanf Journals nicht gelesen habt, könnt Ihr ihn hier herunterladen.
Aber genug geredet, lasst uns an die Arbeit gehen.
Der Original-Artikel ist bei der tschechischen Hanfzeitung Legalizace! erschienen und kann ebenso auf www.magazin-legalizace.cz downgeloadet werden. Wir danken den Kollegen aus Prag für die Rechte am Abdruck.

Wie viel PAR W/m² brauchen die Pflanzen?
Auf dem Gebiet der Pflanzenzucht wird das Kunstlicht meist als Ergänzung zum Sonnenlicht verwendet. Mit Hilfe von Speziallampen wird beispielsweise der Tag in Gewächshäusern verlängert, was eine Zucht von Gemüse für längere Zeit, als es nur mit der Sonne denkbar wäre, ermöglicht. Weitere Verwendung findet Kunstlicht in botanischen Gärten, denn manche exotische Pflanzen brauchen eine sehr hohe Lichtintensität zum Leben, die man in unseren Breitengraden selten erreicht. Künstliches Licht für Pflanzen ist vielen Menschen, die im Sommer vor ihrem Haus verschiedene Palmen und Kakteen haben, ein Begriff.

Diese würden den hiesigen Winter nicht überleben und deshalb werden sie über die kalte Jahreszeit in Scheunen, Garagen und Kellern „gelagert“. Zu ihrer Beleuchtung genügen fluoreszierende Leuchtstoffröhren mit dem richtigen Lichtspektrum. Kunstlicht zur Aufzucht von Zimmerpflanzen findet auch hier und da Liebhaber, denn einige Pflanzen entfalten ihre volle Blütenpracht eben nur unter der künstlichen Sonne. Auch die Aquarienliebhaber sollte man nicht unter den Tisch kehren, es gibt wohl kaum ein Aquarium ohne Lichtquelle, sei es zum Wuchs der Wasserpflanzen oder zur Unterstützung der gesunden Entwicklung der dort lebenden Tiere.

In den oben genannten Fällen werden die Pflanzen mit einer deutlich niedrigeren Intensität beleuchtet, als bei Züchtung von Hanf. Mir ist kein anderer Fall bekannt, in dem auf einen Quadratmeter eine so hohe Wattzahl verwendet wird, wie beim Indoor Hanfanbau, wofür es gleich mehrere Gründe gibt. Bei der industriellen Zucht von Pflanzen wie Tomaten, Paprika, Gurken und anderem Gemüse ist die primäre Lichtquelle die Sonne. Für das „Nachleuchten“ mit Kunstlicht genügt dann eine niedrigere Intensität. Auch werden Zierpflanzen die unter Kunstlicht überwintern nicht dafür gezüchtet, möglichst groß zu werden.

Da die Grower jedoch gezwungen werden sich in Kellern oder in anderen Räumen, die kein natürliches Licht aufweisen, zu verstecken brauchen Sie für ihre Pflanzen unbedingt eine maximale Lichtintensität, um eine hervorragende Ernte zu erreichen.

Schaut Euch die Tabelle an, um eine Vorstellung über das nötige Beleuchtungsniveau zu bekommen.

Wie erzielt man eine nötige Bestrahlungsstärke
Wie man an der Tabelle sieht funktioniert die Zucht von Hanf, wenn eine Intensität von 60 -100 PAR/m² erreicht wird. Je näher an den 100 W/m² desto besser. Wie erzielt man das aber? Im vorherigen Teil der Artikel-Serie haben wir erfahren, wie man die ungefähre Intensität von PAR/m² ausrechnet, wenn die ausführlichen Parameter der Lichtquelle bekannt sind. Jetzt schauen wir uns an, wie die Lichtquelle in Zusammenhang mit der auszuleuchtenden Fläche steht und so die optimale Beleuchtung ermittelt wird.

Beispiel
Eine Anbaufläche von 1 x 2 Meter (2m²)
Die nötige Bestrahlungsintensität wird mit der Anbaufläche multipliziert:
2m² x 80 PAR W/m² (für Indoor Züchtung vom Hanf) = 160 PAR W.

Um die Lichtverluste durch Wände und den Boden auszugleichen und zugleich zu beachten, dass sich die Pflanzen gegenseitig beschatten, multiplizieren wir das Ergebnis des vorangegangenen Schritts mit 1,5:
160 x 1,5 = 240 W PAR. Der Faktor 1,5 ist bei der Berechnung von Pflanzenbeleuchtungsmitteln üblich.
Auf eine Fläche von 2m² benötigen wir 240 W PAR.
Jetzt muss die der PAR/ W Wert der vorhandenen Lichtquellen ausgerechnet werden. Das Musterbeispiel hierzu kennt Ihr bereits aus der letzten Ausgabe.

Bei der Wahl der Lichtquellen gibt es mehrere Möglichkeiten. Denkt daran, dass eine gleichmäßige Verteilung des Lichts sehr wichtig ist. Manchmal ist es besser mehrere schwache Lichtquellen als eine starke zu nutzen. Beim Beleuchten von größeren Flächen ist es sogar günstiger, weniger starke Lampen zu verwenden, weil dadurch die Licht- und die Anschaffungskosten gesenkt werden.
Das gilt für alle Pflanzen. Wenn Ihr also Zierpflanzen irgendwo in der Garage überwintern lasst, könnt Ihr es genauso machen. Allerdings sollte man dann statt mit 80 PAR W/m² mit einem niedrigeren Wert wie 30 PAR W/m² (siehe Tabelle), kalkulieren.

Entfernung und Intensität
Man könnte meinen, dass wir jetzt über die Beleuchtung für Pflanzen unter Kunstlicht mehr als genug wissen. Das stimmt natürlich nicht. Auf Jäger-Latein ausgedrückt wissen wir jetzt zwar, wie viel Schrot wir verballern müssen, aber noch nicht wohin wir genau schießen und wie weit weg wir uns vom Ziel positionieren sollten, damit der Schuss so effektiv wie nur möglich wird.

Mit wachsender Entfernung von der Lampe sinkt die Lichtstärke deutlich, womit auch die Dosis der photosynthetisch aktiven Strahlung abnimmt. Die Intensität sinkt dabei exponentiell – also ziemlich schnell. Nur 30 cm Unterschied beim Abstand der Lichtquelle senken die Lichteinstrahlung um ein Vielfaches.

Der Einfachheit halber bleiben wir beim Jäger-Latein und der Jagdflinte. Stellen wir uns vor, dass jedes Schrotkorn ein Lumen ist. In der Patrone sind 10.000 Schrotkörner, also 10.000 Lumen. Nach dem Schuss fliegen alle Schrotkörner aus dem Lauf, scheinbar in dieselbe Richtung. Je weiter diese jedoch vom Lauf entfernt sind, um so weiter entfernt fliegen sie voneinander weg, streuen sie. Angenommen das nach einem Meter Flug alle 10.000 Schrotkörner eine Fläche von 1 m² abdecken, dann wird nach zwei Metern eine 4 mal (2²) größere Fläche abgedeckt, nach drei Metern sogar eine 9-mal größere (3²). Die Zahl der Schrotkörner bleibt dabei gleich. Und genauso verhält es sich mit Lumen.

Die Lichtintensität wird ausgerechnet, indem die Lumenanzahl durch die Größe der beleuchteten Fläche teilt. Heraus kommt die Beleuchtungsstärke (E)
Jetzt ist klar, weshalb die Beleuchtungsstärke mit zunehmender Fläche bei gleichbleibendem Abstand der Lichtquelle abnimmt.

Weiter weg wird’s düster
In der nebenstehenden Grafik fallen bei einer Entfernung von 3 Metern 1.111 Lumen auf 1m² (1.111 lx/m²), gegenüber 10.000 Lumen auf 1m² (10.000 lx/m²) bei einer Entfernung von 1 Meter.

Wie soll man also feststellen, welche Entfernung optimal ist? Vor allen Dingen wenn wir mehrere Lichtquellen zur Verfügung haben? Ich kann Euch ehrlich sagen, dass ich mich mit dieser Frage lange gequält habe. Ich bin kein Mathematiker und auch kein Physiker. Aber ich bin neugierig. Aus dem Grund habe ich mich an Leute gewandt, die sich schon lange mit den Eigenschaften von Licht befassen und deren Erfahrungen mit der Pflanzenzucht unter Kunstlicht länger zurückreichen, als die Geschichte des ältesten Coffeeshops in Holland.

Es war nicht einfach, solche Menschen aufzutreiben. Zuerst hatte ich erwartet, dass ich von den Leuchtmittelherstellern Informationen bekomme. Aber weder Vertrieb noch die Produktionsabteilung konnten mir Antworten geben. Mit der Zeit habe ich mich zur richtigen Person vor telefoniert und gemailt: Einem Uni-Dozenten, dessen Namen ich aus ethischen Gründen geheim halte. Der Mann hat sich nicht gerade gefreut. Es war ihm sofort klar, dass die Daten die mich interessieren vor allem für Grower nützlich sein könnten, wofür er offenbar keine Verständnis hatte. Der Herr Dozent widmete mir trotzdem ein Stück seiner wertvollen Zeit und erklärte mir, dass die Wunderformel zur Bestimmung der von mir geforderten Daten nicht realisierbar sei. Ich habe aber während unseres Gesprächs viel Nützliches erfahren und mich auch ein bisschen über meinen Gesprächspartner amüsiert.

Eine Diskussion über die Eigenschaften von Licht und Lichtquellen zwischen zwei Menschen, von denen der eine Physik zum letzten Mal in der Mittelstufe hatte, während der andere sich sein halbes Leben damit beschäftigt hat, birgt einfach viele Überraschung für beide Seiten.

Das Fazit unseres Gesprächs war, dass die einzige Art die notwendigen Daten zu erhalten, das praktische Messen sei. Auf jeden Fall gehören dem Herren Dozenten meine Hochachtung und mein Dank für seine Geduld.

Hiermit endet unser theoretisches Text über das Licht. In der nächsten Ausgabe des Hanf Journals präsentieren wir unsere Messresultate, die von einem staatlich zertifizierten Elektrotechnischen Prüflabor in Tschechien durchgeführt wurden. Wir haben neben den Hochdruck-Dampf Leuchtmitteln auch LED-Lampen mit verschiedenen Reflektoren und unter verschiedenen Bedingungen getestet. Ebenso haben wir eine Testreihe zur Reflektion in Growboxen sowie verschiedensten Reflektions-Folien durchführen lassen und haben natürlich auch die Stärke der photosynthetisch aktiven Strahlung (PAR) in unterschiedlichen Entfernungen zur Lichtquelle getestet.

Die Resultate gibt es dann in der nächsten Ausgabe des Hanf Journals.

Übersetzung: Andrea Hallerova, KIMO

Mr. José
Autor des umfassendsten und übersichtlichsten Buches über den Anbau unter Kunstlicht gibt es derzeit (leider) nur auf Tschechisch und auf Polnisch. Mehr dazu findet ihr unter www.pestovat.cz. Wir danken unseren Kolleginnen und Kollegen des Magazins Legalizace!für diesen Artikel sowie die freundliche Unterstützung, die unsere Redaktion im Rahmen der Cannafest-Messe erfahren hat.

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