Montag, 6. August 2012

“Letztlich ist auch das aktuelle Verbot nur Makulatur”

Dr.Bernd Werse zur 26. BtmG-Änderung

Bei den so genannten „Legal Highs“ hat die Bundesregierung 27 neue Substanzen in das Betäubungsmittelgesetz (BtmG) aufgenommen. Diese Maßnahmen begründet sie auch mit dem Verweis auf die Forschungsergebisse des „Centre for Drug Research“ der Goethe Universität in Frankfurt/Main. Deren Verfasser, Dr. Bernd Werse, zieht jedoch andere Rückschlüsse aus seiner eigenen wissenschaftlichen Arbeit zu den neuen Designerdrogen und hatte der Parlamentarischen Staatssekretärin Ulrike Flach (FDP) bereits vor Monaten seine Bedenken bezüglich der beschlossenen, repressiven Gesetzgebung per Brief mitgeteilt. Wie man jetzt sieht ohne Erfolg.
Die Redaktion des Hanf Journals hat Herrn Dr.Werse um eine Stellungnahme zur aktuellen, 26.Änderung der BtmG gebeten, die uns gestern erreichte:

“Nachdem der deutsche Gesetzgeber nach dem großen Medienhype um “Spice” nur wenige Wochen und, ein Jahr später, bei Mephedron einige Monate gebraucht hatte, um neu auftauchende Substanzen zu verbieten, erstaunt es etwas, dass es im Fall anderer “Legal High”-Substanzen nun über anderthalb Jahre gedauert hat: Bereits im Dezember 2010 hatte der “Sachverständigenausschuss für Betäubungsmittel” die BtMG-Unterstellung der nun verbotenen Substanzen empfohlen. Meiner Ansicht nach zeigt dies die Hilflosigkeit auf, mit der die drogenpolitisch Verantwortlichen dem Legal-High-Phänomen gegenüberstehen. Letztlich ist auch das aktuelle Verbot nur Makulatur, da inzwischen wieder eine Vielzahl weiterer psychoaktiver Substanzen auf dem Markt aufgetaucht ist. Für die Konsumenten bedeutet dies allerdings wieder mehr potenzielle Gefahren, da sie zuvor schon nicht besonders viel Zeit hatten, sich an die Wirkungen und Risiken der nun verbotenen Stoffe zu gewöhnen. Die neu auf dem Markt erhältlichen Produkte sind nun wieder noch schlechter erforscht und noch ungewisser im Hinblick auf mögliche Schäden.
Um allerdings keinen falschen Eindruck aufkommen zu lassen: Allem Anschein nach sind es immer noch vergleichsweise wenige, die regelmäßig “Legal High”-Produkte nehmen. Gerade bei den Konsumenten der am weitesten verbreiteten Produktkategorie, den sog. Räuchermischungen, handelt es sich aber besonders häufig um Menschen, die aus Sorge vor Strafverfolgung bzw. aufgrund von sekundären Folgen des Drogenverbots (Preis, Verfügbarkeit) auf die Cannabis-Ersatzprodukte zurückgreifen. Diese Konsumenten werden nun mit ungewisseren und vermutlich (noch) höheren Risiken konfrontiert. Daher ist für mich das Legal-Highs-Phänomen kein Grund für immer mehr Verbote, sondern ein weiteres Argument für ein generelles Überdenken des aktuellen rechtlichen Umgangs mit Drogen.”

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