Gewerkschaft der Polizei (GdP) empfiehlt zur Steigerung der Verkehrssicherheit ein Stoffgruppenverbot für „Legal Highs“
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat im April zum 3. Mal ihr Verkehrsforum in Potsdam veranstaltet. Die Veranstaltung, die vom Design her mit dem jährlich stattfindenden „Deutschen Verkehrsgerichtstag“ in Goslar vergleichbar ist, stand unter dem Thema: „Verbotene Stoffe im Straßenverkehr“
Neben Fragen zu Alkohol, Medikamente, und Beweisführung sollte auch das Thema „Drogen im Straßenverkehr“ im Arbeitskreis II diskutiert und entsprechende Empfehlungen dazu formuliert werden.
Hierzu hatte die GdP Herrn Patzak, Staatsanwalt aus Trier, und den Führerscheinexperten Theo Pütz als seinen „Kontrahenten“ eingeladen.
Im AK II sollte laut Programm der Frage nachgegangen werden:
„Ist die Polizei gerüstet, Fahrzeugführer, die Drogen eingenommen haben, hinreichend sicher festzustellen?“
Die Leiterin des Arbeitskreises POK Hauptmann macht dabei insbesondere auf die Problematik der so genannten „Legal Highs“ für die Verkehrssicherheit aufmerksam. Sie stellt dabei aber auch fest, Zitat:
„Immer dann, wenn Gesetze die neuen Stoffe auf den Index gesetzt haben, gibt es schon wieder etwas Neues, etwas, das von den Betäubungsmittelgesetzen nicht erfasst ist und sich unberechenbar auf die meist sehr jungen, experimentierfreudigen Konsumenten auswirkt. (…)
„Da diese Stoffe auch mit den „üblichen“ Drogenvortests nicht erfasst werden, können diese Substanzen oft durch die Kolleginnen und Kollegen auf der Straße nicht erkannt werden.
Dies stellt für alle Verkehrsteilnehmer ein enormes Gefahrenpotenzial dar.
Sowohl in der Erkennung als auch in der Art und Weise der Verfolgung muss ein Umdenken stattfinden, um dem Ganzen nicht hilflos gegenüberzustehen.“
Herr Platzak weist in seinem Impulsreferat auf die strafrechtlichen Probleme im Umgang mit den „Legal Highs“ hin. Bisher wären nur wenige Substanzen aus der JHW-Gruppe dem BtMG unterstellt. Eine Strafverfolgung des Handels / Vertriebs wäre derzeit nur unter erschwerten Bedingungen über das Arzneimittelrecht möglich. Er hoffe ferner, dass die 26. Betäubungsmitteländerungsverordnung, die derzeit in Vorbereitung ist, im Sommer verabschiedet wird. Hier sollen dann eine Vielzahl von Cannabinoiden, Cathinonderivate und Piperazine dem BtMG unterstellt werden.
Letztendlich hält er es aber für notwendig, ein „Stoffgruppenverbot“, welches durch die Bundesregierung angedacht ist, zu verabschieden, um dem Markt für „Legal Highs Produkte“ wirksam zu bekämpfen. Hierbei bleibt aber nebulös, welche positiven Auswirkungen ein Stoffgruppenverbot auf die Verkehrssicherheit haben soll.
Herr Pütz, nimmt in seinem Gegenvortrag direkt Bezug zur Verkehrssicherheitsaspekten, indem er die Frage aufwirft:
„Ist die derzeitige Rechtspraxis geeignet, verhältnismäßig und zielführend, um das Nüchternheitsgebot zu vermitteln und durchzusetzen?“
In seinen Ausführungen weist er zwar auch darauf hin, dass in den letzten Jahren ein enormer Anstieg an aufgedeckten Drogenfahrten zu verzeichnen war, dieser aber in erster Linie auf die Intensivierung der Drogenkontrollen, der Verbesserung der Messtechnik und Messverfahren zurückzuführen war. Positive Auswirkung auf die Unfallstatistik hatte dies bislang nicht.
Dies dürfte unter anderem daran liegen, dass der Gesetzgeber das Gefahrenpotenzial für die Verkehrssicherheit die von illegalen Substanzen ausgehen, alleine aus ihrem rechtlichen Status abgeleitet hat und jeder Konsumnachweis im Straßenverkehr als Wirkung im Sinne einer negativen Auswirkung für die Verkehrssicherheit gewertet wird.
Die unmittelbaren Auswirkungen für die Betroffenen sind auf der anderen Seite aber oftmals existenzgefährdend, da ein alleiniger Drogennachweis, völlig unabhängig von einer merkbaren Wirkung, zu einer Reihe an Sanktionsfolgen führt, die von den Betroffenen kaum nachvollziehbar sind.
Herr Pütz verweist in seinem Referat einmal auf das Grenzwertproblem, indem er schreibt:
„Diese Diskrepanz zwischen den analytischen Grenzwerten und einer merkbaren Wirkung allein führt schon zu Unverständnis, da den Betroffenen eine Missachtung des Nüchternheitsgebotes vorgeworfen wird, ohne dass eine Wirkung vorgelegen haben muss.“
Und viel wichtiger, weist er auf die Probleme mit den Verwaltungsbehörden hin, die aufgrund eines Drogennachweises im Straßenverkehr die Fahrerlaubnis in der Regel gänzlich und mit sofortiger Wirkung entziehen, ohne dass eine Wirkung bewiesen sein muss (Beweislastumkehr) und somit die Sanktionsfolgen aus dem Straßenverkehrsgesetz (§24a StVG) – 4 Wochen Fahrverbot – für die erste Drogenfahrt regelhaft ins Leere läuft.
„Hinzu kommt, dass in diesen Fällen zwei konkurrierende Rechtsnormen greifen, die völlig unterschiedlichen Rechtssystematiken unterliegen, die das berechtigte Nüchternheitsgebot bzw. deren Einforderung mittels Sanktionsfolgen in letzter Konsequenz sogar ad absurdum führen.“ Darüber hinaus weist Herr Pütz auch darauf hin, dass dem Markt für die „Legal Highs“, insbesondere der sog. Kräutermischungen der Boden u.a. durch die derzeitige Rechtspraxis im Verkehrsrecht bereitet wird, indem er schreibt:
„Neben den unmittelbaren negativen Auswirkungen für die Betroffenen führt die derzeitige Rechtspraxis auch dazu, dass Betroffene oder auch potenziell Betroffene auf vermeintlich legale (Legal Highs) Mischungen ausweichen, u.a. weil sie nicht nachweisbar sind.“
Neben der Empfehlung, ganze Stoffgruppen unter das Betäubungsmittelgesetz zu stellen, empfiehlt der Arbeitskreis II darüber hinaus, Schnelltester zu entwickeln, die es der Polizei erlauben, die Substanzen der „Legal Highs“-Gruppen bei Verkehrskontrollen festzustellen.
Im Weiteren wird empfohlen, die Aus- und Fortbildungen zur Drogenerkennung bei der Polizei zu verstärken.
Interessant dabei ist allerdings, dass es hierbei nach Wortlaut der Empfehlung, um die Erkennung der Wirkung von psychotropen Substanzen geht und nicht mehr alleine um die Feststellung des reinen Drogenkonsums, so wie es in der ursprünglichen Fragestellung des Arbeitskreises zu finden war.
Insgesamt erscheinen die Empfehlungen des AK II aber wenig geeignet, um die Straßenverkehrssicherheit zu steigern, da keine Novellierung oder Erweiterung der Anlage zum § 24a StVG gefordert wurde, die aber notwendig wäre, um einen „Kontrollauftrag“ hinsichtlich der Einhaltung des Nüchternheitsgebot zu schaffen.
Ein reines Stoffgruppenverbot, sprich die Aufnahme von ganzen Stoffgruppen unter das Betäubungsmittelgesetz, würde dazu führen, dass jedwedes Besitzdelikt oder ein reiner Konsumnachweis – auch außerhalb einer Verkehrsteilnahme – zu einer MPU-Anordnung oder zum völligen Verlust der Fahrerlaubnis führt.
Damit reduzieren sich die Sanktionsfolgen auf eine reine Konsumbestrafung, völlig losgelöst von der Einhaltung des Nüchternheitsgebotes. Dies wiederum wird aber dazu führen, dass der Markt entsprechend reagiert und neue Substanzen kreiert, die von den neu zu entwickelnden Schnelltestern nicht erfasst werden.
Die Gefahren für den Einzelnen, und damit auch für die Verkehrssicherheit, werden dadurch allerdings nicht kleiner.
In der nächsten Ausgabe gibt es ein ausführliches Interview mit Theo Pütz.