Montag, 5. März 2012

„Der Papa wird‘s schon züchten“

Neues vom besten Babysitter der Welt

Wir hatten Fix und Foxi bereits 2005, 2007 und 2009 besucht, also habe ich mir gedacht, den Turnus beizubehalten und mal zu schauen, was die beiden zur Zeit so treiben. Ihr erinnert euch:
Die beiden Hobbygärtner waren lange auf die Zucht von Stecklingen spezialisiert, hatten sich dann aber 2009 entschieden, wieder eine Blütekammer zu betreiben. Jetzt, Ende 2011, hat sich wieder ein wenig geändert, Fix betreibt nach wie vor seine 400 Watt g-tool-Box für blühende Ladies, während sich Foxi wieder fast ausschließlich der Zucht von Stecklingen widmet. Ich treffe die beiden ambitionierten Hobbygärtner an dem Ort, wo Fix seine neue Stecklingskammer aufgebaut hat: Ein unauffälliges Zimmer zur Untermiete bei einer Rentnerin, der Herr Student. Das Beste daran sei, so Foxi bei der Begrüßung, dass es sich bei der Dame um eine so genannte „Alt ‘68erin“ handele, vor der er sein Hobby nicht verstecken muss. Ganz im Gegenteil, manchmal frage sie ihn sogar nach einer kleinen Blüte für sich und ihren Freund. Doch das ist nicht das Einzige, was sich seit meinem letzten Besuch geändert hat:

KIMO: Hi, ihr zwei!
F&F: High KIMO!

KIMO: Wie geht es so und vor allen Dingen: Was hat sich seit meinem letzten Besuch getan?
Fix: Uns geht es prima, allerdings war ich in letzter Zeit ein wenig fauler als der Herr Kollege. Ich habe nach wie vor meine 400 Watt Lampe und eine Mini-Mutterkammer in dem g-tools-Schrank. Läuft nach wie vor, nur die Sorte habe ich mittlerweile gewechselt. Ich züchte jetzt AK-47 und Spontanica. Die habe ich aus Foxis neuem Sortenpool. Der hat nämlich wieder eine ordentliche Auswahl.
Foxi: Ja, ich habe mich wieder der Stecklingszucht gewidmet. Seit wir beide aufgehört hatten, im größeren Stil Steckis zu züchten, kam es im Bekanntenkreis immer wieder zu heftigen Versorgungsproblemen. Ich habe ja damals, bei unserem ersten Interview schon gesagt: „Blühen kann jeder“ und das hat sich auch bestätigt. Die meisten Stecklings-Kunden, denen ich damals ein Tutorial zur Selbstversorgung mit Steckis gegeben hatte, haben den Mehraufwand nicht auf die Reihe bekommen. Das kostet einfach doppelt so viel Zeit und Arbeit, auch wenn es nur eine ganz kleine Mutterkammer ist.
Fix: Das kann ich bestätigen, ich investiere genauso viel Zeit in meine Mini-Mutterkammer mit einer Mutter und maximal 30 Stecklingen wie ich für meine blühenden Pflanzen opfere.
Foxi: Genau, und dazu ist halt nicht jede/r bereit, die meisten wollen einfach nur growen. Deshalb sind ja auch in anderen Länder feminisierte Samen so erfolgreich: Einpflanzen und loslegen, genau wie mit Stecklingen. Nur, dass man Stecklingen noch ein paar zusätzliche Vorteile hat: Es gibt keine unterschiedlichen Phänotypen und man spart sich die vegetative Phase unter dem teuren Metallhalogenlicht, indem man die Babys neben der Mutterpflanze so lange vorwachsen lässt, bis sie „blühfertig“ sind.


Gute Bewurzelung

KIMO: À propos Blüte, was ist aus Deiner Blütekammer geworden, Foxi? Du hattest doch auch so eine Box wie Fix?
Foxi: Die steht jetzt bei meiner Freundin und brummt munter vor sich hin. Ich schaue auf und an nach dem Rechten, ansonsten arbeitet die Kleine schon ziemlich autark.

KIMO: Und Du widmest Dich wieder ausschließlich dem Nachwuchs?
Foxi: Jep. Ich habe mir hier wieder was Schönes hingestellt: Die fünf Mutterpflanzen stehen in einer 1m² Homebox unter einer 400 Watt Metallhalogen-Lampe in sechs-Liter Töpfen auf Erde. Abgesaugt wird mit einem 240m³/h Lüfter und dem passenden Filter. Die Stecklinge habe ich in zwei liegenden Secret Jardin 40 stehen. Die kleinen Boxen einfach hinzulegen anstatt aufzustellen hat sich als sehr praktisch erwiesen. So habe ich viel mehr Platz, ohne Etagen in die Box bauen zu müssen. Die Jungpflanzen werden mit den T5-Neon (2x 36 Watt, 6400 Kelvin) beleuchtet, in meinen Augen eines der besten Energiesparleuchtmittel auf dem Markt.

KIMO: Welche Sorten hast Du in der Box?
Foxi: Da wäre eine Top44 für die Kommerz-Grower, eine AK-47 und eine Spontanica, das ist ein „Clone-only“ Strain, weil die Samen schon lange nicht mehr gebreedet werden. Mein ganz persönlicher Liebling. Außerdem habe ich noch eine White Widdow und eine Schneewittchen.
In den kleineren Töpfen selektiere ich gerade eine neue Sorte, Sensi Star von Paradise Seeds. Ich habe die aus Samen gezogen und von jeder Pflanze eine Kopie gemacht, also einen Steckling abgeschnitten. Den habe ich dann zu meiner Freundin in meine alte Blütekammer gestellt und warte gerade, wie die sich entwickeln. Die befinden sich dort in der zweiten Blütewoche und bisher habe ich noch kein Männchen identifizieren können. Aber ich musste leider auch auf feminisiertes Saatgut zurückgreifen, weil auch Paradise Seeds nur noch diese Art Samen anbietet. Gerade für die Selektion einer Mutterpflanze sind mir aber reguläre Samen lieber, denn was haben Zwitter-Merkmale an meiner Mutter verloren? Anfangs war ich ja total skeptisch, aber die Praxis hat mir gezeigt, dass man auch aus feminisierten Saatgut ganz gute, stabile Mütter herstellen kann. Ich habe das bislang ungefähr zehnmal gemacht und nur einmal ist mir eine Mutter „umgekippt“: Ich musste wegen des Vermieters urplötzlich umziehen und habe die Muttis beim Transport und während des Neuaufbaus ziemlich gestresst. Eine Voodoo, die aus feminisierten Samen selektiert war, fing dann auf einmal an, zwittrige Stecklinge zu produzieren, einmal soll nach Angaben des betroffen Growers sogar ein Männlein dabei gewesen sein. Die habe ich dann sofort entsorgt und ein paar Jahre kein feminisiertes Saatgut mehr genutzt. Seit einiger Zeit mache das in Ausnahmefällen aber trotzdem, die werden halt leider immer häufiger, da das reguläre Saatgut langsam vom Markt zu verschwinden droht. Deshalb möchte ich Idealisten wie Shantibaba von der Mr.Nice Seedbank an dieser Stelle meinen Respekt aussprechen. Der macht den Hype als einziger der großen Samenfirmen nicht mit und kann anscheinend trotzdem halbwegs gut leben. Aber man sollte nicht auf die Firmen schimpfen, eher auf die faulen Grower, die nicht lernen wollen, wie es richtig und nachhaltig funktioniert. Die, die nicht warten können, bis die Natur ihr an sich perfektes Werk verrichtet hat, Stichwort Selbstblüher. Eine an sich sehr schöne und kaum beachtete Variante des Hanfs, die Rudealis, wird total kommerzialisiert und über den grünen Klee gelobt, obwohl man mit herkömmlichen Techniken weitaus effektiver arbeiten kann. Da geht es doch wieder nur darum, ständig Samen nachkaufen zu müssen anstatt schöne Mutterpflanzen zu züchten. Denn bei Selbstblühern ergibt sich die Frage nach einer Mutterpflanze von selbst.


Bestes Equipment

KIMO: Wie oft wechselst Du die Sorte?
Foxi: Eigentlich ständig. Ich habe immer vier bis sechs fertige Mutterpflanzen und ein oder zwei Sorten, die ich gerade neu selektiere, so wie zur Zeit die Sensi Star. Meine Mutterpflanzen lasse ich höchstens ein Jahr alt werden, manchmal kommen sie auch früher in die Blütekammer zu Fix, Lupo, Professor Knox oder einem anderen Freund.

KIMO: Du hast uns ja bereits mehrfach geschildert, wie Du Deine Stecklinge schneidest. Hat sich an Deiner Technik oder dem Zubehör irgendwas geändert?
Foxi: Wenig. Ich nutze immer noch das gleiche Wurzelgel, die gleichen Messer und dieselben Gewächshäuser wie seit Jahren. Als Medium für die Babys nehme ich ein Kokos-Perlite Gemisch, nur die Torfquelltöpfe habe ich gegen Eazy Plug Anzuchtwürfelersetzt. Damit arbeitet sich einfach sauberer und meine Bekannten, die auf Steinwolle züchten, freuen sich umso mehr. Beim Beschneiden achte ich darauf, die Schnittstelle nicht lange der Luft auszusetzen, indem die Stecklinge in ein Glas Wasser stelle. Die Mutterpflanze versuche ich, kompakt zu halten, indem ich auch mal ein paar dicke Triebe entferne. So wachsen mir die Ladies nicht bis zur Decke, auch wenn sie schon sechs Monate stehen. Leider habe ich seit dem Umzug immer ein paar Probleme mit Ungeziefer, genau gesagt Spinnmilben. Ich habe das, weil ich nicht mit gerechnet hatte, natürlich viel zu spät gemerkt, die unteren Blätter waren bereits total gelb. Da hat nur noch die Chemo-Keule geholfen, über die von mir ausgesetzten Nützlinge haben sich die Viecher anscheinend halb tot gelacht. Die Chemie hat erst einmal geholfen, aber nach der vorgeschrieben Abbauzeit habe ich auf jeden Fall vor, mir wieder wie damals mit Fix, regelmäßig Nützlinge zu bestellen. Schließlich rauche ich die Pflanzen ja später selbst.

KIMO: Stichwort selbst rauchen. Tauschst Du immer noch Stecklinge gegen Blüten?
Foxi: Klar, deshalb hatten wir ja damals damit angefangen und so ist es bis heute geblieben. Ich stehe halt auf Sortenvielfalt, deshalb will ich von jedem Steckling, den ich weg gebe, ein kleines Blütchen zurück haben, wenn er fertig ist. Seit ich wieder angefangen habe, Babys zu machen, ist die Sortenvielfalt in meinem Freundeskreis um das Fünffache gestiegen, weil ich ja jetzt fünf Sorten habe. Das gesamte Jahr 2010 haben wir nur Shiva Shanti geraucht, weil es keiner geschafft hatte, eine neue Sorte zu selektieren. Stattdessen wurden immer diese Shiva Stecklinge, deren Mutter bereits zwei Jahre alt war, herumgereicht. Das Alter einer Mutter spielt bei der Qualität der Stecklinge übrigens keine Rolle. Sofern sie durch Befall, Krankheit oder Stress keine Defekte hat, kann eine Mutterpflanze über viele Jahre hinweg Stecklinge gleichbleibender Qualität liefern. Die Spontanica ist das beste Beispiel, die Ur-Mutter hat Ende der1990er Jahre das Licht der Welt erblickt und wird seitdem herumgereicht wie ein Hermann der Glückskuchen*. Die bringt immer noch Hammererträge und ein superleckeres, leicht Sativa lastiges Weed hervor, hat aber fast schon Indica-Wuchseigenschaften.


Die Top44

KIMO: Wie viele Stecklinge schneidest Du so von einer Pflanze?
Foxi: Ungefähr 50- 80. Meist so, dass ich einen Tray voll bekomme, das sind 77 Stück. Ich beschneide eine Mutti ein bis zweimal im Monat, die Top44 wächst zum Beispiel so langsam, dass nur ein Schnitt alle vier Wochen möglich ist, das Schneewittchen kann ich alle zwei Wochen beschneiden und muss manchmal schweren Herzens sogar ein paar Triebe wegwerfen, weil die beiden Gewächshäuser schon voll sind. Die drei anderen Mamas liegen irgendwo in der Mitte. Wie viele Stecklinge das sind habe bisher nicht mitgezählt. Allerdings reicht es zum Ertauschen meines Eigenbedarfs und für ein wenig mehr. Aber reich bin ich davon bisher nicht geworden und werde es sicher auch nicht mehr.

KIMO: Wer bekommt Deine Babys?
Immer noch die gleichen Leute wie damals. Dabei handelt es sich nur um Freunde, die, mit Ausnahme vom Professor, alle nur im Kleinen anbauen. Klar, bei Lupo hängen mittlerweile auch drei Lampen, aber der wohnt ja auch in einer Fünfer-WG, wo alle gerne mal einen rauchen. Und dann auch nicht alleine, sondern mit Freunden. Da ist bis zur nächsten Ernte nix übrig, ohne dass die Jungs auch nur ein Gramm vertickt hätten.

KIMO: Eigentlich wollte ich Dich nach dem Preis pro Steckling fragen, um es mit den legalen Schwestern in Österreich vergleichen zu können, die ungefähr 10 Euro/Stück kosten. Aber Du meintest eben bereits, dass Du nicht verkaufst, sondern nur tauschst?
Foxi: Genau, denn wenn einer meiner Freunde neue Stecklinge braucht, hat er auch meist gerade geerntet. Ich will nix verkaufen und nicht viel THC im Hause habe, gerade Du verstehst ja am besten, weshalb das so ist. Deshalb nur tauschen, aber da gibt es schon eine Art festen Kurs.“Ein Bud pro Steck“ heißt das bei uns hier. Ich denke, das ist fast billiger als in Österreich, wobei ich die Weedpreise da nicht kenne. Aber bei uns sind 10 Euro ungefähr 1,3 Gramm. So groß ist der Bud nicht, den ich für einen Stecki erwarte. Aber ich habe auch keine Waage oder so und mache das auf Vertrauen und per Augenmaß. Für meinen Lebensunterhalt gehe ich nach wie vor arbeiten und ich betrachte die ganze Sache hier als ein aufwendiges Hobby, das ein paar angenehme Nebeneffekte hat. Aber ich würde nie auf die Idee kommen, meinen Job hinzuschmeißen und ganztags zu growen, um davon zu leben.

KIMO: Auch wenn es legal wäre?
Foxi: Auch dann nicht. Ich bin eher der Gärtner, nicht der Verkäufer. Und ob legal oder illegal: Wenn es um den Profit geht, wird das schönste Business oft schmutzig und gar nicht mehr so spaßig. Gerade in Sachen Hanfzucht will ich nicht riskieren, den Spaß an meinem schönsten Hobby zu verlieren.


Fast schon Baumstämme: Die älteren Mutterpflanzen

KIMO: Dann wünschen wir euch viel Glück für die Zukunft, bis zum nächsten Mal.
Foxi: Ja danke, Grüße an alle Hanf Journal Leser/innen da draußen.
Fix: Ich hatte diesmal ja eh nicht viel zu sagen, dann zieh wenigstens auch mal an meiner Tüte nach dem ganzen Gerede. Das ist Sponatanica aus meiner Kammer, die Stecklinge sind natürlich von Foxi.

Der ehemalige Kollege von Foxi hält mir einen dicken Pur-Spliff hin, dessen Geschmack ich immer noch als einmalig in Erinnerung habe: Ein Sativa-Indica Gemisch, aus dem man beide Geschmacksrichtungen intensiv herausschmeckt – sehr narkotsich und sicher einzigartig. Für mich wird es jetzt wirklich Zeit zu gehen, denn die Wirkung der Purtüte weckt in mir den Wunsch auf eine lange, ruhige Zugfahrt ohne weitere Fragen. Bis zum nächsten Mal.

*bei „Hermann“ handelt es sich um einen im Kettenbriefverfahren verschickten Kuchenteig, der durch Fütterung nach 10 Tagen backfertig wird. In der Bundesrepublik der 1980er Jahre kannte jede/r (West)-Deutsche den „Hermann“.

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