Mittwoch, 24. November 2010

Mr. Reedoo im Interview

Das Beste von Culcha Candela

Dem breiten Publikum sind sie wohl erst seit ihrem Megahit „Hamma!“ ein Begriff, doch schon seit spätestens 2004 haben sich die fünf Vokalisten und der DJ von Culcha Candela mit einem kulturell bedingten Genremix aus Reggae, Dancehall, Salsa, Hip Hop, Ragga und einer Portion Pop in den Sprachen Deutsch, Englisch, Spanisch und Patois einen sehr guten Namen gemacht und auch zu einer der beliebtesten Livebands des Landes gemausert.
Anlässlich der Veröffentlichung ihres Albums „Das Beste“ bekamen wir am 22.Oktober die Gelegenheit, den MC und Sänger Mr. Reedoo zu interviewen …

Ha Jo: Hallo, Mr. Reedoo!
Mr. Reedoo: Moin, moin!

Ha Jo: Ihr habt ja jetzt ein neues Album rausgebracht – „Das Beste“ – und was erwartet uns denn da neben einer Rückschau auf neun Jahre Bandgeschichte?
Mr. Reedoo: Du hast es ja hervorragend zusammengefasst. Euch erwartet eine Rückschau auf neun Jahre Bandgeschichte. „Das Beste“ ist das, was ein „Best Of-Album auch hergeben sollte: das Beste von vorgestern, von gestern und natürlich von heute – und zum Teil auch von morgen. Es sind nämlich drei neue Songs drauf, die wir extra für das Best Of-Album gemacht haben. Einer davon läuft seit Wochen sehr erfolgreich im Radio, und es gibt noch zwei andere Perlen, und ich denke, die sind auch in der Lage, dieses Album ordentlich zu bewerben, weil es wirklich tolle Lieder geworden sind. Ansonsten haben wir uns bemüht – wir haben ja inzwischen vier Studioalben rausgebracht – wirklich von jeder Facette, die diese Band ausmacht, was da reinzupacken. Es sind natürlich unsere Hits mit drauf, und es sind aber eben auch Songs drauf, die vielleicht eher so den Spartenliebhabern gefallen werden. Wir sind halt sehr vielfältig und deswegen ist es auch ein langes Album geworden.


Mr. Reedo

Ha Jo: Und im Herbst geht’s dann für drei Wochen auf Tour durch Mittelamerika. Da geht bestimmt auch einiges, oder?
Mr. Reedoo:Ehrlich gesagt, ich weiss es nicht so genau, was uns da erwartet. Wir haben in einigen Ländern in Lateinamerika unsere erste internationale Version von unseren ersten beiden Alben veröffentlicht. Wir waren vor drei Jahren in Kolumbien, und da ist es vorgekommen, dass wir abends in irgendeiner Disco waren, wo dann auf einmal Culcha Candela lief und die Leute deutschsprachige Texte mitgesungen haben. Und das waren natürlich total geile Erlebnisse für uns, weil wir sowas nie für möglich gehalten hätten. Und was jetzt in Mittelamerika passiert, das weiss ich nicht so genau. Wir machen eine Tour in Verbindung mit dem Goethe-Institut, wie das für viele junge Musiker eine sehr gute Möglichkeit ist, auch mal aus dem Land rauszukommen und die deutsche Kultur im Ausland zu vertreten. Ich bin sehr gespannt und freue mich unglaublich, weil man auf jeder Reise mehr Dinge erfährt, viel erlebt und hoffentlich danach ganz viel von solchen Erlebnissen kann zehren.

Ha Jo: Wenn wir schon bei dem Thema internationale Projekte sind – ihr unterstützt ja auch deutsche und globale Charity-Projekte. Erzähl’ uns doch mal, welche Hilfsprogramme ihr fördert und in welcher Form?
Mr. Reedoo: Es ist eigentlich relativ simpel. Wir sind inzwischen glücklicherweise in der Position, dass wir einfach als prominente Werbeträger für alle möglichen Projekte unseren Namen, unser Gesicht oder unsere Tätigkeiten herhalten können. Wir kriegen sehr sehr viele Anfragen von ganz unterschiedlichen Projekten, und wir machen auch nur ganz wenig, weil wir uns schon immer gesagt haben: Wir machen lieber ein paar Sachen richtig und unterstützen die dann auch gerne, zum Beispiel seit ein-zwei Jahren sehr intensiv die Kampagne „Alle Kids sind VIPs“ (www.allekidssindvips.de), die sich für Kinderrechte, sozial benachteiligte oder auch Kinder mit Migrationshintergrund einsetzen und sehr tolle Projekte machen. Ich hab’ sowas als junger Mensch verpasst, habe aber jetzt die Möglichkeit da dran teilzunehmen und als Pate, als Gesicht oder als prominenter Name solche Projekte zu unterstützen, und das gefällt mir sehr gut. Wir haben uns sehr intensiv für die UN-Milleniums-Kampagnen engagiert, also der Versuch von einer weltweiten Nichtregierungsorganisationsverbindung zwischen verschiedenen Organisationen die Politiker dieser Welt dazu anzuhalten, ihre Versprechen in Bezug auf Armutsbekämpfung einzuhalten. Und ansonsten möchte ich natürlich vor allem unser eigenes Projekt hervorheben – das heisst „Afrika Rise“ (www.afrikarise.info) und hat ursprünglich über den Verkauf von Benefiz-Samplern mit anderen Musikern stattgefunden. Inzwischen haben wir da auch eine eigene Klamotten-Linie, zur WM hatten wir ganz superstylishe Fussbälle mit unserem Logo entwickelt und verkauft, und die Gelder gehen in eine Stiftung, und diese Stiftung hat angefangen mit einem Brunnenbau in Uganda, und inzwischen läuft das so erfolgreich, dass wir da gerade eine Schule und ein Berufszentrum für mittellose Jugendliche bauen. Das ist toll, und mir macht es grossen Spass, dass ich als Musiker auch die Möglichkeit habe, meine sozialen Kompetenzen und meine Interessen da mit einzubringen. Das ist wirklich super.


Culcha Candela v.l.n.r.: Larsito, Johnny Strange, Don Cali, DJ Chino, Mr. Reedoo, Itchyban – Foto: www.culchacandela.de

Ha Jo: Um nochmal bei der Thematik Reggae zu bleiben. Ihr spielt ja auch gerne auf dem Summer Jam und anderen Reggae-Festen gerne und oft, und im Reggae ist die Homophobie-Thematik relativ gewichtig geworden in der letzten Zeit. Ihr habt euch natürlich nie mit solchen Texten in dieser Richtung beteiligt. Wie ist denn da eure Erfahrung mit anderen Künstlern die man vielleicht im Backstagebereich mal trifft und die das nicht so ganz klar verurteilen? Habt ihr da schon mal interne Diskussionen innerhalb der Reggaeszene auch unter Künstlern mitbekommen?
Mr. Reedoo: Wie du schon meintest, machen wir keine homophoben Texte und haben uns von Anfang an ziemlich eindeutig positioniert. Damit haben wir sicherlich einige Reggaepuristen vergrault.
Aber das Thema Homophobie ist in der Reggaeszene natürlich immer wichtig gewesen und es wird auch immer wichtig bleiben, solange sich insbesondere jamaikanische, US-amerikanische und mittlerweile leider eben auch deutsche Künstler mit diesem Thema auf diese Weise auseinandersetzen. Ich war lange, lange Zeit ein ganz großer Gegner von homophoben Texten und Künstlern und bin das auch immer noch. Doch ich hab’ mich ein wenig entspannt und bin mittlerweile nicht mehr ganz so verbissen und kämpferisch, weil ich meinen Horizont in der Form erweitern konnte, dass ich einfach sehe, wo diese Künstler herkommen und was es bedeutet in Jamaika Musik zu machen und in einer Szene bestehen zu wollen, die ein unfassbares Haifischbecken ist, selbst für deutsche Verhältnisse, und was es bedeutet sich mit einem komplett anderen Hintergrund, Bildungsstand und Kultur in dieser Szene behaupten zu müssen, um möglicherweise seine Kinder zu ernähren. Das sind alles Aspekte, die da ganz dringend in die Diskussion gehören, die aber nicht direkt als Rechtfertigung genutzt werden sollten. Ebenso ist jedoch die Art und Weise, wie sich die Politik und insbesondere die Lesben- und Schwulenszene der Thematik annimmt und damit umgeht, problematisch, obwohl ich das auch nachvollziehen kann.

Ha Jo: Es ist ja auch eher ein Problem der jamaikanischen Gesellschaft und nicht nur des Reggae, oder?
Mr. Reedoo: Natürlich. Es ist ein Problem der Gesellschaft, aber nicht nur der Jamaikanischen, sondern von sehr vielen Gesellschaften. Und da haben wir das Glück uns in einem sehr toleranten Land zu befinden, das in solchen Bereichen recht weit entwickelt scheint. Wo Andersdenkende insgesamt leichter akzeptiert werden als in vielen anderen Teilen der Welt, in denen man sich eben nicht so leicht als Schwuler outen kann ohne Sorgen vor Übergriffen haben zu müssen. Es ist alles eine Frage der Entwicklung und vielleicht kann Jamaika in einigen Jahren mit dieser Frage auch entspannter umgehen.
Sagen wir mal so, ich finde, dass jeder die eigene Entscheidung haben sollte, wie er damit umgehen möchte. Ich möchte nicht angegriffen werden, wenn ich meine Meinung sage und ich möchte auch nicht dafür angegriffen werden wenn ich sage, dass ich Homosexualität toleriere. Das sag ich auch öffentlich, denn für mich gehört das zur Stadt wie alles andere auch.
Das Problem in Deutschland ist auch nicht, dass die jamaikanische Reggaeszene homophob ist, sondern eher, dass sich hier irgendwelche Soundsysteme denken mit homophoben Tracks mehr Hype in der Hall zu bekommen, wenn sie die schwulenfeindliche Thematik auf Deutsch eins zu eins übernehmen. Das ist halt armseelig sich als deutscher Act, aufgrund von erhofften Plattenverkäufen so auf ein Feindbild zu stürzen. Aber das müssen die Leute halt auch selber entscheiden, wo sie hin möchten und wie sie sich dahingehend verhalten. Bedarf an solchen Liedern scheint ja eben auch vorhanden, denn wenn man sich mal in der deutschen Raplandschaft umschaut, ist das vom Content ja auch nicht so weit entfernt.

Ha Jo: Wir vom Hanf Journal sprechen uns ja nicht für eine stupide Legalisierung aus, sondern eher für eine Regulierung unter strengsten Jugendschutzbestimmungen ähnlich dem kalifornischen Modell. Wie stehst Du denn zum Thema Hanf, Hanfregulierung oder Hanffreigabe?
Mr. Reedoo:Ich steh dazu eigentlich relativ einfach. Ich denke, jeder Mensch hat ein Recht auf Rausch.
Aber ich hab’ ein großes Problem mit harten Drogen und mit Drogen, die einen Menschen nachhaltig zerstören. Dazu kann auch Hanf gehören, da ich Menschen kenne, die nach exzessivem Hanfkonsum nach Jahren einfach nicht mehr so nett sind wie früher. Doch das ist bei jeder Droge so. Es kommt da immer drauf an, wie ein Mensch mit dieser Droge umgeht und wofür er sie einsetzt. Ich bin da relativ liberal eingestellt und denke, dass Cannabis wie Alkohol erlaubt und für eine bestimmte Nutzung freigegeben sein sollte. Ich bin jedoch auch nicht mehr so verblendet, dass ich dafür bin alles freizugeben und dann hoffe, dass alles toll wird. Eigentlich ist es auch egal, denn wenn ein Kiffer etwas zu rauchen haben möchte, dann bekommt er schon was.
Jedoch ist es nicht mehr unbedingt eine Thematik, die mich so anspricht wie früher, als ich mich damit intensiver beschäftigt habe. Grundsätzlich möchte aber schon gestehen, dass ein Berauschen in angemessenen Maßen schon ein ganz tolles Erlebnis sein kann, auch für mich persönlich.

Ha Jo: Dann danken wir Dir für das Interview und wünschen Dir noch eine schicke Zeit, eine erfolgreiche Platte und eine schöne Tournee in Südamerika.
Mr. Reedoo: Oh ja, die werden wir haben. Vielen Dank.

Das komplette Interview (also zuzüglich zwei weiteren Fragen) könnt ihr eventuell irgendwann auf Exzessiv TV sehen, falls ihr euch bis dahin alle die neue Platte gekauft habt. Wir prüfen das nach …

www.culchacandela-dasbeste.de

www.culchacandela.de

www.myspace.com/culchacandela

Abonnieren
Benachrichtige mich bei

Schnelles Login:

0 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare zeigen