Redaktionsschluss 15.10.2010. Die Spielemesse fängt aber erst am 21.10. an. Für mich äußert ungünstig. Was soll ich also in dieser Ausgabe schreiben. Neues kann ich noch nicht vorstellen. Altes? Na ja, ich gebe zu, Ungespieltes liegt zwar noch immer rum, mehr aber auch nicht. Was bleibt, ist ein kleiner Rückblick und eine Vorschau auf das Kommende.
Anfangen will ich mit dem Deutschen Spielepreis, der am Abend vor dem offiziellen Messebeginn verliehen wird. Jener Preis, der nicht von einer Jury, sondern von Spielern vergeben wird. Gewonnen hat ihn Fresco, was schon für das Spiel des Jahres nominiert war. Und ich kann euch nichts darüber sagen, denn mir wurde das Spiel von Queen Games leider nicht zugeschickt. So viel ich mitbekommen habe, ist das Besondere an dem Spiel der Mechanismus, vor allem wann die Arbeiter täglich ihre Arbeit aufnehmen. Und auch bei den Kollegen von der Fairplay steht dieses Spielchen gerade hoch im Kurs. Mir persönlich sagt das Thema nicht so zu: Eine Decke bunt anmalen, ich weiß nicht.
Zugegebenermaßen war ich in diesem Jahr nicht so spielfreudig wie die vergangenen Jahre, auch hatten ich, meine Mitspieler und Mitspielerinnen weniger Zeit und einige sind derzeit eher dem Table-Top-Spielen verfallen. Folglich landeten weniger Spiele auf meinem Küchentisch, dafür haben mir die gespielten ganz gut bis sehr gut gefallen. So richtig doof fand ich auf alle Fälle keins. Zu den Top Spielen gehört seit Oktober 2009 Die Insel der Steinernen Wächter, bei dem sich zwei bis vier Spieler von Anfang an kämpfend von Feld zu Feld vorarbeiten, um die Hauptstadt des Inselreichs zu erobern und eine bestimmte Zeit zu halten.
Als Imperial-Liebhaberin hat natürlich auch der Nachfolger Imperial 2030 mein Herz erobert, vor allem, weil einige kleine Mängel des Vorgängers abgeschafft wurden und das Spiel insgesamt für mich eine neue Herausforderung darstellt. Denn trotz der wenigen Änderungen spielt es sich anders als Imperial.
God‘s Playground, Rise of Empires, Steam mit der Erweiterung Steam Barons und Waterloo von Martin Wallace gehören natürlich zu den guten, weil ich seine Spiel mag, sie immer komplex und abendfüllend und damit so richtig nach meinem Geschmack sind.
Magister Navis und Die Werft haben mich als kleinere Spiele überzeugt und zählen zu denjenigen, die ich immer wieder auspacken würde.
Revolution, Im Wandel der Zeiten – das Würfelspiel und Langfinger gehören für mich zu den Spielen, mit denen ein Spieleabend angenehm ausklingt.
Mir macht auch Fabrikmanager von Friedemann Friese Spaß, meine Mitspieler hat es weniger überzeugt. Zu trocken. Dafür fies.
Zu den eher mittelmäßigen Spielen zählen Chaos in der Alten Wald und Carson City.
Wohingegen Maria von Histogames seinem Vorgänger Friedrich ebenbürtig ist.
Komme ich nach Insel der steinernen Wächter zu meinem zweiten Topspiel des Jahres: Lluna Lena.
Luna LLena
Obwohl es im derzeitigen Hype-Genre von Werwölfen angesiedelt ist. Zumindest, was die Bücherwelt angeht. Mich hat Lluna Lena begeistert. Den Weg durch den Wald zu finden und dabei möglichst nicht von den Werwölfen zerfleischt zu werden, ist eine echte Herausforderung. Ohne Einschränkungen zu empfehlen. Und der Verlag Gen X Games kommt ja mit einer Erweiterung auf der Messe. Und darf die Rollenspielhalle nach zwei Jahren verlassen. Endlich, da dürften mehr Spieler auf den spanischen Verlag aufmerksam geworden sein. Damit bin ich schon bei der Vorschau.
Für mich gibt es vor und während der Messe gewisse Routinen. Am Mittwoch vor Messebeginn auf der Neuheitenschau die Spiele oberflächlich anschauen und nachmittags die ersten Spiele holen. Und zwar in diesem Jahr bei Warfrog: London und Age of Industries. Interessant ist natürlich die Halle 4, dort geben sich die Neulinge, also kleine und unbekannte Verlage mit ihren Spielen ein Stelldichein. Dort ist das eine oder andere Schnäppchen zu finden. Und auch Czech Games Edition hat dort angefangen. Dann sind da noch die großen und etablierten Verlage, denen ein Besuch abgestattet wird und die Spiele zumindest angespielt werden. Bei Pegasus ist Junta – Das Kartenspiel erschienen und bei Kosmos erscheint Schwarzer Freitag von Friedemann Friese, ein angeblich staubtrockenes Nebenprodukt seines Freitag-Projektes. Die Fortschritte des Projektes können hier online verfolgt werden. Jeden Freitag arbeitet Friese eine bestimmte Zeit mit F, z.B. fünf Minuten oder fünf Stunden oder vielleicht auch fünfzehn Stunden an der Entwicklung eines Spiels. Und was er da so macht oder wo er sich da grade befindet oder auch warum er gerade nicht so wirklich daran arbeiten kann, das könnt ihr auf der Webseite lesen.
Die meiste Zeit werde ich wohl beim Heidelberger Spieleverlag verbringen, denn wenn ich mir deren Neuerscheinungsliste anschaue, könnte ich mich eigentlich auf deren Angebot beschränken. Sie vertreiben Fantasy Flight Games, Importspiele, die strategisch meiner Kragenweite entsprechen. Phalanx Games, die ebenfalls Spiele herausbringen, die lange Spielregeln haben und dementprechend auch eine lange Spielzeit. Allein 14 Titel gibt es beim Heidelberger Stand, die auf meiner persönlichen Liste stehen. Was auch daran liegt, dass der Vertrieb inzwischen die Spiele diverser kleiner Verlage unters Volk bringt. Zum Beispiel die von Czech Games Edition, deren Dungeon Lord ich leider immer noch nicht ausprobiert habe.
Insgesamt sind es ungefähr 660 Neuerscheinungen. Eigentlich unvorstellbar. Die Qual der Wahl. Deshalb heißt es auch in diesem Jahr wieder: Nur Spiele, die ab 12 oder unwiderstehlich sind. Doch es bleiben immer noch zu viele übrig: Auf der Seite von Spielbox Online stehen die Neuerscheinungen ja schon im Vorfeld und am 11.10. waren auf meiner Liste noch über 100 Spiele. Davon ausgehend, dass ich in zwölf Ausgaben Hanf Journal maximal 50 Spiele besprechen kann, und im nächsten Jahr noch einige dazu kommen, heißt es mit Argusaugen über die Messe laufen und vieles, was nicht sofort überzeugt, am besten schon beim Anschauen, links liegen lassen. Aber ich bin fest entschlossen, nur noch die Spiele mitzunehmen oder zu ordern, die ich wirklich spielen will und zwar öfter als ein einziges Mal. Gut, dass ich mit dem Zug nach Essen fahre. Im Rucksack ist nicht so viel Platz.
Bevor ich losfahre, gibt es noch einiges zu tun, denn die Verlage, deren Spiele ich bespreche, wollen natürlich auch Belege sehen, also heißt es die Rezensionen ausdrucken und für jeden kopieren. Und weiterhin die Spiele unter die Lupe nehmen, um auf der Messe die Highlights nicht zu übersehen. Ich freue mich auf Automobile, dass im vergangenen Jahr schon zu Beginn der Messe vergriffen war, Civilization weil ich Spiele mit diesem Namen einfach haben muss. Gespannt bin ich auf MageStorm, ein 2-Personen-Spiel im Reich der Magie, und Navegador von Mac Gerdts, dem Autor von Imperial und und und …
Tja und das alles, was ich bisher von mir gegeben habe, ist ja inzwischen Schnee von gestern. Was ich nun alles mitgebracht habe und meine Eindrücke und Bilder von der Messe gibt es dann ab Dezember an dieser Stelle zu lesen.
PS: Ich habe mich entschieden. Meine beiden Lieblingsspiele der letzten Messe heißen: Insel der steinernen Wächter und Lluna Lena.
God‘s Playground …
… entführt genau drei Spieler als Repräsentanten polnischer Adelsfamilien nach Polen und ihr Ziel ist es, gemeinsam polnisches Gebiet gegen die Feinde rundherum zu verteidigen und gleichzeitig die meisten Siegpunkte zu erringen. Welche Feinde gestärkt in den Angriff gehen können, wird zweimal pro Runde ausgewürfelt.
Da es nur einen Sieger geben kann, müssen sich die Spieler in den Regionen ausbreiten, indem sie Ländereien besetzen, diese mit Armeen schützen und in Feindesland vordringen, so dass keine Invasion droht. Dafür benötigen sie Adelige. Da es von diesen nicht allzu viele gibt, heißt es genau abwägen, wo und wie viele sie platzieren, welche sie für den Kauf von Ländereien benutzen und welche sie gegen die Feinde schicken. Kommt es zur Invasion, können die Armeen versuchen, die Eindringlinge zu dezimieren. Für jede Armee darf einmal gewürfelt werden. Bleiben nach allen Verteidigungswürfen mehr Feinde in polnischen Regionen als eigene Adelige übrig, breiten sich die Eindringlinge auch in andere Regionen aus, Ländereien gehen verloren und ihre Werte sinken. Die Folge sind geringere Einnahmen und damit weniger Armeen und schon sind die Invasoren langfristig im Vorteil.
Doch wenn die drei Spieler darauf achten, vor allem in der ersten Runde die Regionen unter sich aufzuteilen und gemeinsam die Grenzen zu verteidigen, ist der Einstieg ins Spiel geschafft. Sollte es mal nicht so klappen, dann wissen die Spieler zumindest, wie es den Polen die 400 Jahre ging, die in vier Runden je 16 Phasen abgearbeitet werden.
Mir gefällt das Spiel, aber wie immer bei den Warfrog Spielen gilt: Nichts für Gelegenheitsspieler, denn 1. dauert es mindestens drei Stunden und 2. die Regel ist lang und nicht besonders gut, 3. der Glücksfaktor ist relativ hoch, was wohl auch den einen oder anderen reinen Strategiespieler etwas abschrecken könnte. Der größte Pluspunkt ist, dass es ein Spiel für drei ist, denn davon gibt es immer noch zu wenig.
New York
New York-Im Schatten der Wolkenkratzer
Das Quellenbuch für weitere 1920ger Cthulhu-Tischrollenspiele entführt die Spieler nach New York. Die einführende Chronologie der Stadt beginnt im Jahr 3000 v. Chr. mit der Besiedelung durch die Indianer und endet im Jahr 1930. Den Schwerpunkt des Bandes bilden Prohibition und organisiertes Verbrechen, was auch die Grundlage für die Abenteuer ist. Es werden die verschiedenen Schichten vorgestellt, wo diese ihre Zeit verbringen und in welchen Stadtteilen sie sich am liebsten aufhalten. Die Schönen und Reichen trifft man eher in den Nachtclubs oder Theatern der Stadt und ins Viertel Central Park West kommen nur hochangesehene Leute. Den Stadtvierteln wie Downtown Manhattan oder Bronx sind ganze Kapitel gewidmet, so bekommt der Spielleiter einen guten Einblick in die verschiedenen Milieus und den dazugehörigen Szenarien und kann auch bei den Spielern die entsprechende Atmosphäre erzeugen. Eine Karte ergänzt das Material. Das Buch gibt ausführliche Anknüpfungspunkte für Abenteuer, wie den Fall von Josefina Terranova, die auch einen ausführlichen Ablauf eines Gerichtsprozesses aufzeigt. Zahlreiche typische New Yorker Charaktere werden beschrieben und auch cthuluide Wesen, die in den Abenteuern auftauchen können, werden mit ihren Werten vorgestellt. Zwei Abenteuer runden „Im Schatten der Wolkenkratzer“ ab. Der Inhalt des Buches macht Lust auf cthuluide Abenteuer im Mafiamilieu der 1920er Jahre in den Bars und auf den Straßen von New York. Viel Spaß.
Luna Llena
Wie alles begann: Nach der ersten Nacht im Wald finden die Camper ein zerstörtes Zelt, die beiden Bewohner sind verschwunden. Eine Blutspur verheißt nichts Gutes. Doch es kommt noch schlimmer, denn die Zwei hatten die Karte des Gebietes. Also müssen sie den Spuren folgen, um an die Karte zu kommen und den Wald möglichst vor Einbruch der Dunkelheit wieder zu verlassen. Das Spiel beginnt …
Luna Llena entführt zwei bis sieben Spieler in ein schön umgesetztes Werwolf-Szenario. Ein Spieler übernimmt die Rolle des Werwolfs und zeichnet auf einer Karte geheim seinen Weg zum Lager, sozusagen die Blutspur. Die anderen Spieler sind harmlose Menschen, die mit ihren Aktionskarten die Route finden müssen, um eventuell ihre Mitcamper zu befreien, aber zumindest die Karte wiederfinden sollten, um dem Wald zu entfliehen. Natürlich lauern auch die Wölfe tagsüber im Wald, sind aber schwächer als in der Nacht. Ihr Ziel ist es, die Menschen zu infizieren und deren Flucht zu vereiteln. Von den Menschen muss es mindestens einem gelingen, den Wald an der richtigen Stelle zu verlassen. Atmosphärisch gut umgesetztes Spiel, das Finden der Wege, das Suchen nach Gegenständen, die Kämpfe mit den Werwölfen, eines der innovativsten Spiele, die ich im vergangenen Jahr gespielt habe. Ich freue mich schon auf die nächste Partie Luna Llena.
Kurzvorstellungen
Tja und diese Spiele sind leider liegen geblieben und das nicht, weil sie nicht so toll sind, sondern schlichtweg weil ich nicht dazu gekommen bin, sie auszuprobieren. Alle Spiele dauern mindestens 90 Minuten und thematisch sollte für jeden etwas dabei sein.
Spartacus von John B. Firer ist ein Spiel für Zwei. Der Karton enthält 400 Spielsteine, einen großen Spielplan und zahlreiche Karten, die den Spielablauf steuern. Angesiedelt ist Spartacus 80 v. Chr., dem römischen Reich steht ein Aufstand bevor. Ein Spieler übernimmt die Rolle Sertorius, der die Stämme Lusitaniens gegen Rom führt, um den Zusammenbruch des römischen Reiches herbeizuführen. Der römische Spieler muss dies verhindern und seinerseits versuchen die Verräter vom Angesicht der Erde fegen. Möge ihm der Kriegsgott Mars wohlgesonnen sein. (Phalanx Games).
Machtspiele: – „Unsere Firma läuft wie geschmiert“ von Bauldric & Friends….
…. ist ein Wirtschafts-Aufbau-Spiel von eggertspiele, in dem es – wie der Untertitel vermuten lässt – vor allem ums Schmieren der Mitspieler. Drei bis fünf Führungskräfte stellen Mitarbeiter ein, bilden neue Abteilungen, gründen Hauptabteilungen, um die Positionen der Bereichsleiter einzunehmen. So gelangen sie an Privilegien und Einfluss, um in den Vorstand zu wechseln. Wer genug Geld hat, kann Aktienpakete kaufen oder seine Mitspieler bestechen. Je geschickter die Spieler dabei vorgehen, umso schneller erreichen sie vier von sechs möglichen Siegpunkten., die sie in folgenden Bereichen erringen können: Einfluss, Aktien, Hauptabteilungen, Korruption, Berater, Erzfeind besiegen. (ab 12).
Nachdem ich euch schon im vergangenen Jahr einen ausführlichen Bericht zu Steel Driver versprochen habe, gesellen sich stattdessen zwei weitere Spiele ( Warfrog / Treefrog Line, ab 13) von Martin Wallace dazu und ich muss euch weiter vertrösten. Schande über mein Haupt.
Last Train to Wendsleydale…
…. schickt drei bis vier Spieler in unwegsames Gelände. Dort sollen sie Eisenbahnlinien bauen, um Steine, Passagiere und vor allem Käse zu transportieren. Aber vor allem die Farmer sind von Eisenbahnschienen auf ihrem Land nicht begeistert. Früher oder später müssen unprofitable Strecken an größere Gesellschaften abgegeben werden. Dieses Eisenbahnspiel gewinnt, wer am Ende viel von allem transportiert und dabei wenig Minuspunkte eingefahren hat.
Tinner‘s Trail entführt drei bis vier Spieler in die Kupfer- und Zinnminen des 19. Jahrhunderts in Cornwall. Spielziel ist, die Minen in möglichst lukrative Ecken zu bauen, um hohe Gewinne zu erzielen. Wenn da nur nicht das Problem mit dem Wasser wäre, das aus den Minen gepumpt werden muss, wofür verschiedene Techniken genutzt werden können. Die geschürften Metalle müssen zur richtigen Zeit verkauft, die Gewinne in neue Industrien investiert werden. Doch dabei nie vergessen, Rücklagen zu schaffen, um neue Minen zu bauen. Glaubt man dem Text auf dem Spielkarton, soll es einfacher sein als andere Warfrog Spiele, doch so komplex, dass es auch die routinierten Wallace-Spiele-Spieler noch herausfordert.
Na, dann.
God‘s Playground
Autor: Martin Wallace
Verlag: Warfrog Games
Spieler: 3
Alter: ab 13
Dauer: ca. 3 Stunden
Preis: ca. 40 Euro
New York –
im Schatten der Wolkenkratzer
Quellen- und Abenteuerband von Pegasus Press
Hardcover, 224 Seiten
ISBN: 978-3-941976-05-4, 29.95 Euro
Luna Llena
Autor: Servando Carballar
Verlag: Gen X Games
Spieler: 2-7
Alter: ab 14
Dauer: ca. 3 Stunden
Preis: ca. 30 Euro