Mittwoch, 3. November 2010

Erster Cannabistoter in Bayern

Unbemerkt von der Öffentlichkeit vermeldet die Polizeidirektion Oberbayern Süd den ersten Cannabistoten

Die einzige als Rauschgiftopfer registrierte Person im Landkreis Miesbach war ein 20-jähriger Italiener. Der Mann war aufgrund seines kostenaufwändigen Konsums von Cannabisprodukten offenbar in eine finanzielle Schieflage geraten. Seine Situation veranlasste ihn, sich im Tegernsee zu ertränken. Da der Drogenkonsum und die daraus resultierende subjektive Ausweglosigkeit ursächlich für den Suizid war, wird dies als Rauschgifttodesfall erfasst.
(Aus dem Sicherheitsbericht der Polizeidirektion Oberbayern Süd, Seite 20)

Daraus folgt: Eine Person, die aufgrund von ungezahlten Raten für den Neuwagen und den daraus resultierenden Problemen Suizid begeht, ist ein Verkehrstoter.

Schlimmer geht es nimmer, selbst vor einer Manipulation offizieller Statistiken schrecken die Fahnder nicht zurück, denn dieser bedauernswerte Selbstmörder wird im Drogensuchtbericht 2009 in die Zahl der Drogentoten einfließen. Auch in dieser Ausgabe des Hanf Journals ist Bayern mit seiner mittlerweile menschenverachtenden Drogenpolitik wieder überproportional oft vertreten (siehe Seite 23 und 24).
Auch die CDU-geführten Länder Baden-Würtemberg und Hessen lassen dem Hanf konsumierenden Teil der Bevölkerung wenig Freiräume, ob dort die Bürgerrechte gerade in Bezug auf Personen- und Körperkontrollen seitens der ausführenden Organe immer beachtet werden, ist mehr als fraglich. Autofahrer aufgrund eines vor Gericht nicht zugelassenen, freiwilligen Urintests bei positivem Ergebnis erkennungsdienstlich zu behandeln, ohne irgendwelche verbotenen Substanzen zu finden, ist eines Rechtsstaates definitiv nicht würdig. Hanfaktivisten werden, trauen sie sich mal an de Öffentlichkeit, im Süden sofort mit undemokratischen Mitteln an ihrer Arbeit gehindert und kriminalisiert: In Fürth ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen einen jungen Mann, der Flugblätter des Deutschen Hanfverbands an Bushaltestellen ausgelegt hatte wegen angeblicher Aufforderung zur Sachbeschädigung. Denn, so wird argumentiert, die Kritik an der Werbeaktion der Stadtwerke, könnte von der „Szene“ als Aufruf zum Graffiti verstanden werden.
Stein des Anstoßes war ein Bus der Stadtwerke, auf dem die Polizei Fürth einen durchgestrichenen Joint und ein Cannabisblatt mit dem Untertitel „Drogen machen cool“ neben einer Leiche abgebildet hatten. Eine Buchung von Werbeflächen für den DHV auf Münchner Bussen hingegen hatten die dortigen Stadtwerke kurz zuvor abgelehnt: Fünf Busse sollten für den DHV drei Monate lang in München mit der Botschaft „Schluss mit Krimi – Cannabis normal“ fahren. Die Antwort auf die Frage, warum man nicht buchen dürfe, war eindeutig: Sie wissen ja, was der DHV macht.

Selbst Akzeptanz orientierte Drogenberatung und -arbeit, anderswo selbstverständlich, werden in Bayern staatlich sanktioniert, ebenso leistet sich das südöstliche Bundesland eine im oberen Drittel der Statistik angesiedelte Zahl an Drogentoten bundesweit, mit steigender Tendenz. Trotzdem weigert man sich beharrlich, am nachgewiesen erfolgreichen Abgabeprogramm von Heroin für Schwerstabhägige teilzunehmen.
Wo Kruzifixe in den Gerichtssälen hängen, wiegt die Stigmatisierung Abhängiger schwerer als eine Überlebenshilfe. Der Tod von Drogenabhängigen wird, durch die Weigerung an der Heroinabgabe teilzunehmen, von den Verantwortlichen billigend in Kauf genommen, während Ärzte, die Abhängigen aus Notlagen helfen, strafrechtlich verfolgt und verurteilt werden.
Wenn sich Menschen mit einem wohl begründeten, politischen Anliegen demokratisch und verfassungsgemäß organisieren und deshalb von den örtlichen Behörden durch anhaltende Schikanen daran gehindert werden, in einigen Teilen des Landes ihren Aktivitäten oder ihrer Arbeit nachzugehen, ist das diskriminierend.

“Stellen wir uns vor, wenn man ausgegrenzt wird und ständig Sticheleien ertragen muss. Toleranz heisst, offen für Andere zu sein, sich auch in die Lage Anderer hineinzudenken. Dann weiß man auch: ‚Niemand darf diskriminiert werden. Niemand.”, sagte vor nicht allzu langer Zeit Bundeskanzlerin Angela Merkel.

„Es sei denn, es geht um Cannabis oder andere, illegalisierte Substanzen“ sollte man hinzufügen.

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