Dienstag, 3. August 2010

Breitspiele im August

Ende Juni und das heißt, der Deutsche Spielepreis wurde vergeben und natürlich war schon Redaktionsschluss, bevor der Sieger im Berliner Hotel Esplanade bekannt gegeben wurde. Und wie jedes Jahr platzt der Raum, in dem der Gewinner vor der Presse gekürt wird aus allen Nähten, denn Jahr für Jahr zieht es die Journalisten in die Hauptstadt, um bei der Verleihung dabei zu sein. Ein Sieger steht allerdings schon fest: Mit dem Sonderpreis „Spiel des Jahres Plus“ wurde „Die Tore der Welt“ ausgezeichnet. Die Begründung der Jury: „Spielgeschichte, Mechanik, Grafik und Material gehen bei „Die Tore der Welt“ eine atmosphärisch pInzwischen sollten es ja alle Interessierten wissen, das Spiel des Jahres ist „Dixit“. Wer Genaueres über die Preisverleihung erfahren möchte, den verweise ich auf den fairplay-blog. Dort bekommt ihr einen Eindruck, wie es bei der Verleihung zuging.

In dieser Ausgabe stelle ich euch „Die Tore der Welt“ (Sonderpreis) und „Dixit“ vor, „Fresko“ und „Identik“ nur ganz kurz. Zuerst allerdings etwas ganz anderes, nämlich mal wieder ein Rollenspielbuch aus dem Hause Pegasus.

Cthulhu – Mittelalter
Die dunklen Jahre

Im Oktober 2009 ist dieses 310 Seiten dicke Buch erschienen. Der Quellenband umfasst sage und schreibe rund 1000 Jahre Geschichte. Wie im Titel schon angedeutet, ist die Zeit vom späten 5. bis Ende des 14. Jahrhundert keine besonders ruhmvolle: Stinkende Städte, in den Gassen Ratten, Dreck, düstere Burgen mit unheimlichen Verliesen. Es lauert der Schwarze Tod. Ketzerei, Folter, Scheiterhaufen, Inquisition. Ritter, Mönche, Minnesänger, Leibeigene oder Freie lebten zu dieser Zeit, aber auch die ersten Entdecker wie Magellan oder Marco Polo stachen in See, die Welt außerhalb Europas zu erkunden.
Eingeteilt ist das Buch in drei große Abschnitte, die einen geschichtlichen Überblick über die Epochen geben. Natürlich immer mit einem Blick auf cthulhuide Spielbarkeit. Geprägt durch die Kirche werden in jedem der drei Kapitel die Päpste, wichtige historische Ereignisse, sowie die „Geißel“ der Epochen vorgestellt. Im Frühmittelalter, das mit dem Niedergang des Römischen Reiches beginnt, sind es die Wikingerraubzüge. Im Hochmittelalter kosteten die Kreuzzüge vielen Menschen das Leben und im Spätmittelalter, das mit der Entdeckung Amerikas in eine neue Ära übergeht, ist es die Pest, die unzählige Menschen dahinraffte. Um in die richtige Spielstimmung zu kommen, sind jedem Kapitel Film- und Spieltipps hinzugefügt und das eine oder andere Szenario aufgeführt.
Aber es wäre kein Quellenband, wenn nicht auch ein weltlicher Blick auf die Gesellschaft, einige deutsche Metropolen der Zeit, die Rechtsprechung und auf den alltäglichen Wahnsinn geworfen würde. Damals wurde der Irre nicht als krank angesehen, sondern vom Teufel oder anderen Geistern besessen, weil sie Böses taten. Und von Sünden befreit ja bekanntermaßen die Kirche. Also wird fleißig exorziert. Und dementsprechend gibt es auch ein eigenes Kapitel über Vatikan, Mönche und Klöster. Aber auch Alchemie, einige Kulte sowie geheimnisvolle Orte werden vorgestellt.
Wie immer wird das Ganze abgerundet mit Szenarien, es wird auf die Charaktererschaffung eingegangen: zeitgemäße Namen, Fertigkeiten, Waffen und Berufe. Ein Abenteuer, angesiedelt in Island und eines namens Kinder der Dunkelheit vervollständigen den Quellenband.

Die Tore der Welt

Die Tore der Welt …

… ist ein anderes Kaliber als der Vorgänger, „Säulen der Erde“. Ob das literarisch auch der Fall ist, weiß ich nicht. Spielerisch auf alle Fälle. Es geht von Anfang an zur Sache und um am Ende in der ersten Liga mitzuspielen muss auf ganz schön viel geachtet werden.
Die Kathedrale in Kingsbrigde ist seit 200 Jahren fertig. Händler, Bauern und Baumeister versuchen weiter im Geschäft zu bleiben und müssen sich den Gegebenheiten der Zeit anpassen. Dabei darf die eigene Versorgung nicht vergessen werden, sonst wird es immer schwieriger ohne Punktverlust über die Runden zu kommen. Gespielt werden 4 Kapitel, in jedem der Kapitel machen die Spieler reihum sechs von zwölf möglichen Aktionen. So wissen die Mitspieler nie genau, was die anderen vorhaben. Doch zuerst wird eine Ereigniskarte gezogen, die neben einem Ereignis auch für Einkommen sorgt. Je nach dem wie sie auf ihrem Feld platziert wird, erhält jeder der Spieler Einkommen: Stein, Getreide, Wolle, medizinisches Wissen, Holz, Frömmigkeit, Loyalität oder Geld. Und alles ist wichtig. Außerdem wird der Gunststein möglicherweise weiterbewegt, was allerdings meist nur dem aktiven Spieler was bringt. Anschließend folgen die sechs Aktionen, die in erster Linie wieder Einkommen bringen. Mit der Aktion Bauvorhaben können die Spieler an neuen Gebäuden bauen, die teilweise zu bestimmten Zeitpunkten, teilweise durch die Ereigniskarten ins Spiel kommen. Mit dem Privileg wird die zuletzt gespielte eigene Aktion wiederholt. Die Aktion Hausbau ist notwendig, um ein Haus zu errichten, für das dann mit der Karte Hauspacht das Einkommen vergrößert wird. Spenden können auf unfertige Gebäude gelegt und werden bei dessen Fertigstellung vergütet. Mit der Tuchherstellung wird Wolle in Tuch getauscht, die Medizin erlaubt ab Kapitel drei an der Pest Erkrankte zu heilen. Und wer die Gunst ausspielt, darf eben jenen Stein um ein Feld weiterbewegen.
Letztendlich sind alle Aktionen dazu da, Einkommen zu erwerben, um es an anderer Stelle wieder einzusetzen, um noch mehr Einkommen zu bekommen, um zum Schluss die meisten Punkte erwirtschaftet zu haben. Aber einen Teil muss man als Obulus wieder abgeben und zwar am Ende jeden Kapitels sind Frömmigkeit, Getreide und Geld als Pflichtabgaben fällig. Wer nicht zahlen kann, verliert Siegpunkte und wird in der nächsten Runde bestraft, wenn er sich mit Loyalität freikaufen kann. Wie man an Siegpunkte kommt? Durch die Beteiligung an Bauvorhaben, durch Spenden, insofern das Gebäude fertig gestellt wird. Durch einige Gunstfelder, mit der Aktion Medizin, allerdings braucht man dafür medizinisches Wissen. Auch manche Häuser bringen als Pacht Siegpunkte. Also in jeder Runde an die Pflichtabgaben denken, genügend medizinisches Wissen anhäufen, zur rechten Zeit die passenden Baustoffe im Vorrat haben, dann kann eigentlich nichts schief gehen. Wenn da nicht die Ereignisfelder wären. Gut, dass niemand der Mitspieler sieht, was man gerade benötigt, denn alles Einkommen ist hinter einem Sichtschirm verborgen.
Das Fazit fällt kurz und knapp aus: Die Regel ist schnell verstanden, das Spiel recht einfach, aber der Teufel sitzt im Detail. Auf die Ereigniskarten als Einkommensbringer kann man nicht bauen, denn man weiß nicht, welche kommen und wie sie hingelegt werden. Also müssen die eigenen Aktionen gut geplant sein. Fehler werden hart bestraft. Und so gewinnt derjenige, der davon die wenigsten macht. Hat den Sonderpreis verdient.

Dixit

Dixit

Spiel des Jahres. Ehrlich gesagt, mir fehlen ein wenig die Worte. Aber ich fand 2007 „Zooloretto“ auch nicht gerade den Renner. Aber an dieser Stelle ist ja „Dixit“ dran: „Hippiespiel“ finde ich, beschreibt es ganz gut. Um was es geht? Wer dran ist, wählt eine seiner sehr naiv gemalten Karten aus und legt sie mit einem Stichwort verdeckt auf den Tisch. Alle anderen suchen dann eine ihrer Karten aus, die zu dem Stichwort passen und legen sie dazu. Dann Karten mischen und aufgedeckt hinlegen. Die Spieler platzieren verdeckt ein Abstimmungsplättchen vor sich und zwar das, welches ihrer Meinung zu der Karte des Erzählers gehört. Anschließend werden Punkte vergeben. Der Erzähler kriegt Punkte, wenn mindestens einer aber nicht alle sein Bild erraten haben, alle anderen wenn sie es erraten haben. Und wessen Karte für die des Erzählers gehalten wurde, bekommt zusätzlich Punkte.
Sobald keine Karte mehr auf dem Nachziehstapel liegt, endet das Spiel und es gewinnt, wessen Häschen am weitesten nach vorn gehoppelt ist. In Spanien und Frankreich hat es ähnliche Preise wie hierzulande abgesahnt. Wie meinte einer meiner Kollegen von der Fairplay: Ein Mädchenspiel. Ich finde das trifft es ganz gut. Wie schon eingangs erwähnt, mir ist das alles zu liebevoll. Bin ich wohl die Ausnahme von der Regel.

Identik

Ein Spieler erklärt, was er auf einer Karte sieht, z.B. ein Schiff, drei Segel, ein Tau usw. die anderen malen. Ist die Sanduhr abgelaufen, werden Punkte verteilt, allerdings erfahren alle erst jetzt wofür es Punkte gibt. Also genaues Erklären aller Details ist vonnöten. Wer auf Montagsmaler steht, ihr wisst schon, kam mal im Fernsehen, sollte an diesem Spiel Gefallen haben.

Fresko

Erste Entscheidung: Aufstehen ja oder nein. Ist eine Frage des Geldes und des Betriebsklimas. Doch irgendwann muss jeder ran an die Arbeit und was der Malermeister und seine Gehilfen vorhaben, wird geheim geplant. Ihr Ziel ist es, eine Decke mit einem neuen Anstrich zu versehen. Glaube ich meinem Kollegen Udo Bartsch ist es ein solides „Arbeiter-Platzier“-Spiel, so werden diese Spiele also genannt mit einer stimmigen Spielgeschichte. Also wer Lust hat auf ne Runde Farbe einkaufen, Farbe mischen und dieselbige an die Decke zu klatschen, dürfte mit diesem Spiel seine Freude haben.

Cthulhu – Mittelalter, Die dunklen Jahre
Quellenband für Cthulhu von Pegasus Press; 312 Seiten, Hardcover, Leseband; Art.-Nr.: 44300G, ISBN 978-3-937826-84-4, 39,95 Euro

Die Tore der Welt
Autor: Michael Rieneck und Stefan Stadler
Verlag: Kosmos
Anzahl: 2 – 4 Spieler
Alter: ab 12
Dauer: ca. 90 Minuten
Preis: 32,00 Euro

Dixit
Autor: Jean-Louis Roubira
Verlag: Libellud, Vertrieb Asmodee
Anzahl: 3 – 6 Spieler
Alter: ab 8
Dauer: 30 Minuten
Preis: 30,00 Euro

Identik
Autor: William P. Jacobson und Amanda A. Kohout
Verlag: Asmodee
Anzahl: 3 – 6 Spieler
Alter: ab 8
Dauer: 45 Minuten
Preis: 30,00 Euro

Fresko
Autor: Marco Ruskowski und Marcel Süßelbeck
Verlag: Queen Games
Anzahl: 2 – 4 Spieler
Alter: ab 10
Dauer: 60 Minuten
Preis: 35,00 Euro

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