Freitag, 24. April 2009

Global denken – lokal legalisieren!

Lange vor Sonnenaufgang werden Jeff und Liz an den Strand gehen. Sie haben sich für diesen 02. Mai schließlich eine Menge vorgenommen. Ihr privates Tuvalu-Legalize-Breakfest soll der Startschuss für die größte Pro-Cannabis-Demonstrationen der Welt werden. Der kleine Inselstaat Tuvalu war einer der letzen Flecken der Welt, den Hanf erreichte. Mitten im Pazifik gelegen, hatte der Spanier Alvaro de Mendaña de Neyra die Inselgruppe erst 1567/68 entdeckt. Doch diesmal würden sie die ersten sein. Jeff und Liz rechnen nicht damit, dass sie auf ihrer Insel viele Mitstreiter finden werden. Aber das stört sie nicht. Sie wissen, dass sie dennoch Teil einer gewaltigen Bewegung sind – sie sind Teil des Global Marijuana March.

Schon seit 1999 gibt es den GMM. In diesem Jahr werden sich mehr als 230 Städte beteiligen. „Zusammen“ mit Jeff und Liz auf Tuvalu, werden mehr als eine Million Menschen für die Legalisierung des Umgangs mit Cannabis demonstrieren… oder eben tanzen.

Tanzen ist zumindest das, was sich die Macher des GMM in Johannesburg vorgenommen haben. An Demonstrationen beteiligt sich hier nämlich niemand.
Die Angst vor Gewalt und Kriminalität hält die Einwohner der „gefährlichsten Stadt Afrikas“ in ihren Häusern. Da trifft es sich gut, dass die Organisatoren des GMM um den New Yorker Dana Beal, den beteiligten Städten die Wahl lassen. Jeder kann und soll so aktiv werden, wie er es mag – egal ob einfacher Infostand oder Kongress, Großdemonstration oder Konzert in einer Eckkneipe.
In der Hauptstadt Südafrikas wird es deshalb eine Legalize-Party geben. Reggae, Bässe und ein Mikrophon sind alles, was man dafür braucht. Nur eines macht den Organisatoren Sorgen – sie fürchten, dass die Besucher bei all dem Gefeier, die politische Botschaft vergessen.
Die Polizei wird sich sicher nicht blicken lassen. Für die sind die im täglichen Leben Südafrikas allgegenwärtigen Kiffer kein Problem. Es gibt wichtigeres zu tun.

Wichtigeres hätte eigentlich auch die Polizei des Königreichs Thailand zu tun. Nirgendwo sonst in Asien sind die Probleme mit Organisierter Kriminalität, Waffen-, Menschenhandel und Prostitution größer. Dennoch müssen sich Polizisten und Staatsanwälte in Thailand immer häufiger mit harmlosen Kiffern beschäftigen.
Ein ungestörtes Kifferfest wie in Johannesburg wird es in Bangkok deshalb nicht geben. Hier sind es vorwiegend ältere Menschen, die sich am GMM beteiligen. Viele Mütter sind darunter, die ihre Söhne wegen ein paar Gramm Bangh für sehr lange Zeit nicht wieder sehen werden. Schweigend werden sie gegen die Drogengesetze Thailands protestieren – nicht einmal das Verteilen von Flugblättern ist gestattet und die Polizei passt auf.
Vielerorts ist die Situation in Asien noch schlimmer. In manchen Ländern droht Cannabisfreunden sogar die Todesstrafe. Eine Legalizebewegung gibt es nicht. Wer den Mund aufmacht oder sich als Kiffer outet, verschwindet oft für Jahre hinter Gefängnismauern.

Nur in einer Region der Welt ist das ganze Ausmaß des „Kriegs gegen Marihuana“ noch greifbarer als in Süd-Ost-Asien. Wer sich in Mexiko zu seinem Cannabiskonsum bekennt, muss zwar nicht fürchten dafür ins Gefängnis zu wandern, dafür (be)trifft der Konflikt um das richtige Rauschmittel in Mexiko häufiger als irgendwo sonst auf der Erde Unbeteiligte. Allein im Jahr 2008 starben mehr als 1600 Mexikaner im Kugelhagel rivalisierender Mafiafamilien oder kamen bei Polizeieinsätzen ums Leben.
Marihuana ist bei den südlichen Nachbarn der USA Big Business. Milliarden werden mit dem Schmuggel des grünen Goldes in den reichen Norden verdient. Der größte Teil des Geldes wandert direkt in die Kriegskasse der Mafia. Die Regierung hält dank finanzieller Unterstützung durch die USA inzwischen mit militärischen Mitteln dagegen.
Die schlecht ausgebildete und unterbezahlte Polizei hatte die Grenzprovinzen bereits aufgegeben. Im Jahr 2006 wurden z.B. auf einen Schlag mehr als 10.000 Polizisten entlassen. Ganze Reviere standen auf der Gehaltsliste der Drogenhändler.
Weil ein Ende der Gewalt nicht in Sicht ist, werden in Mexiko-Stadt auch viele Nichtkiffer auf der GMM-Demo erwartet. Die Mexikaner wollen nicht länger ausbaden, was ihnen der große Nachbar eingebrockt hat. Immerhin gehen mehr als 90 Prozent der heimischen Hanfproduktion in die USA.
Den GMM 2009 werden die Einwohner Süd- und Mittelamerikas an vielen Orten nutzen, um darauf aufmerksam zu machen, dass sich ihre Regierungen mit dem Geld der Vereinigten Staaten und den Männern der DEA tausendfaches Elend, Gewalt, Tote und Verletzte ins Land geholt haben.
Immer mehr Südamerikaner haben die Schnauze voll davon, dass ihre Landsleute Opfer des längsten amerikanischen Kriegs werden.

Das der „War on Drugs“ ein Ende findet, fordern zum Glück auch in den USA immer mehr Menschen. Hier findet der GMM mehr Zuspruch als im Rest der Welt – rund 80 Städte werden sich diesmal beteiligen.
Doch die USA sind ein Land der Gegensätze. Während in Kalifornien am 02. Mai tausende legale Joints entzündet werden, ist es der Traum der Organisatoren des GMM-Events in Dallas mit seinen 1,3 Millionen Einwohnern, dieses Jahr hoffentlich wieder 100 Mitdemonstranten zu finden.
Doch selbst wenn das nicht klappt, wird Barry Cooper, der Stargast der einzigen texanischen Legalisierungsveranstaltung nicht traurig sein. Wie Jeff und Liz auf ihrem zigtausende Kilometer entfernten Atoll weiß Barry, das er Teil von etwas besonderem ist. Er nimmt am größten Legalisierungsevent der Welt teil – er ist Teil des Global Marijuana March!

Abonnieren
Benachrichtige mich bei

Schnelles Login:

0 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare zeigen