Dienstag, 7. April 2009

Rolys Silberscheiben des Monats April

High Tone, Die Firma, Aceyalone, Bar Lounge Classics – Late Night Edition

High Tone: Underground Wobble
(jarring effects)

Seit mittlerweile 10 Jahren erobern die fünf Franzosen jede Stadt und jeden Club im Sturm. Ihre bassgewaltigen Live-Sets knallen, drehen und verwinden sich, ohne dabei auf mächtig Schub zu verzichten. Diese kreativen Alchemiker aus Lyon sind wahrlich respektlose Erben von Lee Scratch Perry, King Tubby und Kollegen und revolutionieren das Dub-Genre mit massiven Elektro Vibes. Sie transzendieren exotische Ethno-Samples mit Industrial-Sounds, Hip Hop und Trip Hop Elementen zu einem erstklassigen Novo-Dub zwischen Vintage-Tradition und moderner Elektro-Atmosphäre. Mit „Underground Wobble“ veröffentlichen die Jungs nun ihr inzwischen viertes Studioalbum. Ihre Gitarren klingen bissiger als je zuvor, orientalische Melodieornamente verweben sich mit wilden Breakbeats und hypnotischen Keyboardsounds zu einer vielfältigen, musikalisch reichhaltigen Klangtextur voller Überraschungen. Tracks wie „Understellar“, „Freakency“ oder „Speed 110“ erinnern in subtiler Weise an den Sound von Amon Tobin oder Prefuse 73. Der bizarre Mix aus urbanen Klanggebäuden lässt auch Einflüsse von Massive Attack oder Goldie aufblitzen. Statt eines durchgehend brachialen Sounds, folgen die einzelnen Stücke einer ausgeklügelten Dramaturgie voller Kontraste. Mir gefallen vor allem die interessanten Film-Samples. die sanften Jazz-Einlagen, die Synthie-Eskapaden und die stets undeutlichen, geheimnisvollen Funksprüche. Alles in allem ein tief organischer, warmer Sound mit pulsierenden Emotionen.
www.myspace.com/hightonefansite
www.hightone.org
www.jarringeffects.net


Die Firma: Gesammelte Werke
(lacosamia / jwp 313)

Nach 10 Jahren on the road weist das Kölner Trio einen Werdegang auf, der im deutschsprachigen HipHop seines gleichen sucht. Sie blicken zurück auf fünf Alben und bieten nun mit der Doppel-CD „Gesammelte Werke“ satte 41 Hits und Raritäten aus den Jahren 1998-2008, darunter Klassiker und bisher ungehörte Remixe sowie unzählige Features. Der musikalische Dualismus dient der Firma als Fundament, auf dem sie ihre Reime ausbreiten. Den Sound bildet eine Kombination aus knochentrockenen Beats und meist orchestralen, dramatischen Samples. Schon das Intro beschert mir einen nostalgischen Gänsehautschauer: Aktionäre !!! – Neben dieser ultimativen Piano-Smasher-Kollabo mit u. a. den Stieber Twins und Curse möchte ich besonders „Nachricht aus Utopia“, „Scheiss auf die Hookline I + II“, „Kap der guten Hoffnung“, „Kreislauf“, „POW“, „Von Anfang an“, „Vorgeschmack“, „Hör ma“, „Mosaik“, „So viel mehr“, „Spiel des Lebens“, „Ehrlich“, „Glücksprinzip“, „Die neue Welt“ sowie die Trilogie „Die Firma / Firma II / Firma 3.0“ hervorheben, wobei Liebhaber von Authentizität und Inhalten nichts falsch machen, wenn sie sich das Album blind kaufen. Der Firma-Style mit seinen aufwändig produzierten Beats und Sounds und einer Mischung aus politischen Texten, Verschwörungstheorien, Lovesongs, Lebensstrategien und hämmernden Kampfansagen, war stilbildend und ist noch immer einzigartig im Deutschen HipHop. Tatwaffe, Def Benski & Fader Gladiator – neben dem 1.FC Köln seid ihr die ehrwürdigste Instanz der Domstadt. Einziger Unterschied: Ihr spielt schon lange in der Champions League!
www.myspace.com/diefirma1
www.diefirma.com
www.lacosamia.de


Aceyalone: The Lonely Ones
(decon)

Nach seinem 2007er Album „Lightning Strikes“, auf dem seine Leidenschaft zur jamaikanischen Musik deutlich wurde, meldet sich Aceyalone mit seinem neunten Studioalbum „The Lonely Ones“ zurück. Der Westküstenveteran liefert dieses Mal einen absolut zeitlosen Spagat zwischen Doo-Wop, Blues und Funk im Vordergrund. Inspiriert durch Künstler wie Phil Spector und The J.B.’s klingt das für Rap-Verhältnisse zwar im ersten Moment etwas gewöhnungsbedürftig, aber das ist auch ganz gut so. Gleich der Titeltrack ist ein grooviger Fingerschnipper mit oldschooliger Hookline, auf „Can’t Hold Back“ (feat. Treasure Davis) gibt er den James Brown und unterhält nicht nur das Publikum mit Call-and-Response-Marotten, sondern gibt auch der Band gekonnt Anweisungen, was beim Hören einen Hauch von Live-Atmosphäre versprüht. „What It Wuz“ huldigt zum jüngsten Jubiläum von Motown dem legendären Label und belebt die typischen Klänge der großen Tage des Souls wieder. Dem chilligen Doo-Wop Song „Step Up“ verleiht erneut Sängerin Treasure Davis das gewisse Etwas. Der Remix zu „To The Top“ animiert zum Tanzen, während Aceyalone seine Lines zum Besten gibt. Passend zum politischen Titel „Power To The People“ geht es hier mit E-Gitarren und Schlagzeug recht kraftvoll zu Sache, und zum Schluss klingt die Scheibe mit „Push N’ Pull“ rock’n’rollig aus, bevor das schnippend fröhliche Outro die erstklassige Show beendet. Mit dem Produzenten Bionik beweist Aceyalone sehr souverän, dass moderner Rap auch gut mit Doo-Wop funktionieren kann. Super!
www.myspace.com/aceyalone
www.deconrecords.com


Bar Lounge Classics – Late Night Edition
(sony music)

Die allseits bekannte Samplerreihe „Bar Lounge Classics“ steht seit 2003 mit insgesamt 15 Ausgaben für anspruchsvollen, gediegen-chilligen Sound. Die vorliegende „Late Night Edition“ wird als 3CD-Box mit eigens produziertem DJ-Mix veröffentlicht, für den sich mit Christian Hornbostel einer der erfolgreichsten Produzenten der internationalen House Szene verantwortlich zeichnet. Musikalisch wird hier ein reizvoller Querschnitt aus aktuellen, relaxten Nummern mit coolen Chill Grooves, Downbeat und synthetisch-sphärischen Lounge-Akzenten geboten. Auf CD 1 sorgen bei mir vor allem Nightmares On Wax, Karen Gibson Roc, Tafubar, Homme Beige, Groove Armada, Northbound, Stardelay und Gabriel Le Mar für tiefe Entspannung. Der zweite Silberling fährt das Tempo etwas höher und massiert die Seele genussvoll mit den neuesten Kompositionen von De-Phazz Mastermind Pit Baumgartner, Unit Blue, Leftfield, JetTricks, GreenLab, Asheni, SoulChillaz, üNN, Under Pressure und Marbert Rocel. Auf CD3 präsentiert Christian Hornbostel einen exklusiven Mix, der dieser Edition ein traumhaftes Ende beschert und ein ohne Pause vorgetragenes Stück Musik offenbart, das eigene Songs wie „Waiting At Potsdamer Chaussee“, „A Vineyard In The Desert“ und schließlich „Love Supreme“ umfasst. Der Frühling macht sich ja schon bemerkbar, und um sich bereits auf den Sommer einzugrooven, gibt’s hier insgesamt vier Stunden sonnig warme Gemütlichkeit mit dem gewissen Prickeln.
www.myspace.com/barloungeclassics
www.comfort-sounds.de

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