Mittwoch, 3. September 2008

Verfilzt noch mal

Kifferjagd als Sommersport

Summerjam, Sonne Mond & Sterne, Vuuv, Summerwave, Hip Hop Open, Nature One, Chiemsee Reggae Summer oder auch die Hanfparade stehen exemplarisch für die wachsendes Polizeiwillkür gegen HanfkonsumentInnen in Deutschland.

Die Reihe ließe sich besonders im Festivalsommer 2009 (fast) beliebig lange fortsetzen. In Geretzhoven bei Köln schafften es die Ordnungshüter sogar, durch ihre präventiven Maßnahmen ein lokales Techno-Event komplett lahmzulegen und wirtschaftlich zu ruinieren. Lediglich 300 junge Menschen kamen, abgeschreckt durch die massiven Filzorgien, aufs Gelände des sonst gut besuchten Events.

Bis vor ein paar Jahren waren Musikfestivals noch ein Treffpunkt für vorwiegend junge Menschen, die ein unbeschwertes, chilliges Wochenende miteinander verbringen wollten. Der Konsum von Drogen, legalen wie illegalen, war und ist fester Bestandteil dieser Festivalkultur. Seit den 1970er Jahren herrschte zwischen Polizei und Kiffern auf den meisten Open-Air Veranstaltungen während des Sommers eine stille Übereinkunft: Wurde nicht verkauft oder allzu öffentlich konsumiert, so hatte man als Hanfliebhaber eigentlich wenig zu befürchten.

Doch mit der Regulierungswut unserer Politiker hat auch das Auftreten der Polizei auf Konzerten und anderen Open-Air-Events eine neue Dimension erreicht: Auf dem Summerjam werden Hanfkonsumenten selbst von der Security aufgegriffen und die Polizei durchkämmt das gesamte Gelände und sogar Zelte regelmäßig nach Kiffern. Einerseits treten Alkohol- oder Tabakproduzenten als Sponsoren von solchen Veranstaltungen mit vorwiegend junger Zielgruppe auf, anderseits versucht die Polizei mit rechtsstaatlich fragwürdigen Mitteln, den Konsum illegaler Drogen, allen voran Hanf, nicht nur auf den oben erwähnten Veranstaltungen zu stigmatisieren und komplett zu unterbinden. Natürlich ist es nachvollziehbar, dass die Ordnungshüter darauf bedacht sind, keine Drogenfahrten zuzulassen. Dazu bedarf es jedoch weder der Durchsuchung kompletter Fahrzeuge inklusive einer Leibesvisitation aller Insassen, noch einem Festgelände, auf dem jeder zehnte Besucher ein potentieller Zivilfahnder ist und jeder gerauchte Joint die Gefahr einer sofortigen Konfrontation bietet.

Auch bei der Anwendung des Betäubungsmittelgesetztes sollte das Verhältnismäßigkeitsprinzip gelten, wovon die staatlichen Kifferjäger des Festivalsommers anscheinend noch wenig halten. Natürlich findet die Staatsanwaltschaft immer schnell eine Rechtfertigung für das überharte Vorgehen, das „Nackig-Machen“ ganzer Autoladungen junger Leute geschieht unter dem Deckmantel der Verkehrssicherheit und die totale Überwachung auf dem Festivalgelände wird kurzerhand als Maßnahme gegen Dealer deklariert. In einem Land, wo die Wochenendration guten Weeds einer Zeltbelegschaft schnell mal die „Geringe Menge“ übersteigt, findet sich flott ein Haufen „Dealer“, die eigentlich gar keine sind.

Oft tragen auch die Organisatoren der miesen Stimmung in Sachen Ganja bei, indem sie einerseits das totale Kiffverbot unterstützen, anderseits aber gerne Sponsorengelder von Brauereien oder Zigarettenherstellern annehmen. Eine Reggae- oder Technoveranstaltung, bei der die Organisatoren so tun, als hätte der Genuss von Weed nichts mit der Musikkultur zu tun, ist wenig glaubhaft. Leider passiert es immer häufiger, dass die Veranstalter selbst die Arbeit der Polizei übernehmen, indem sie die Security anweisen, beim Hanf-Rauchen hart durchzugreifen. Der Konsum an sich ist nicht strafbar und kein Partymacher ist gezwungen, bei der polizeilich angeordneten Kifferjagd mitzuwirken. Früher hieß „Zero- Tolerance“ während eines Festivalsommers, dass, vorausgesetzt man hat es nicht zu bunt getrieben, Security und sogar Zivilfahnder auch mal bei einem guten Zero-Joint weggeschaut haben. Heutzutage wird zugegriffen.

Es gibt auch positive Beispiele, bei denen sich die Ordnungshüter lediglich auf zweifelsohne notwendige Verkehrskontrollen beschränken, ohne die zahlreichen, friedlichen Besucher zu belästigen. Damit diese Oasen der Ruhe auch im Sommer 2009 nicht gefährdet sind, ersparen wir uns die namentliche Erwähnung.

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