@ Kino in der Brotfabrik & Tilsiter Lichtspiele
Donnerstag, 17. Juli – Mittwoch , 30. Juli 2008
In diesem Jahr feiert Carl Andersen sein Doppeljubiläum: 50 Jahre als Mensch, 20 Jahre als Filmemacher. Geboren 1958 in Wien und seit drei Jahrzehnten Filmkritiker, dreht er seit 1988 selbst Filme. Carl Andersen führt Regie, schreibt, produziert und spielt als Schauspieler nicht nur in seinen eigenen Filmen. Seine Filmographie ist mittlerweile auf mehr als ein Dutzend Werke angewachsen. Sein bevorzugtes Thema ist die Sehnsucht nach Liebe, Nähe und Sexualität (meistens auch gleichgeschlechtlicher Ausrichtung, zumeist lesbisexuell) sowie die gleichzeitige Angst vor zuviel davon. Doch im Gegensatz zu pornografischen Filmen ist Sex in seinen Filmen anders, weil er authentisch wirkt und eine Geschichte transportiert. Und so lassen seine Filme nicht auf den Sex reduzieren, denn es geht hier mehr um Probleme mit dem Sex, als ein Teil von Beziehungen und die Frage, die er immer wieder stellt, lautet: „Wo ist die funktionierende Beziehung?“ Dabei werden die Grenzen zwischen Fiktion, Dokumentation und Realität vermischt, vor allem was seine eigene Person und die Rolle als Regisseur und Darsteller angeht. Das stilistische Spektrum reicht dabei vom expressiven Stummfilm bis zum monologisierenden Psychodrama.
Das 1989/90 erschienene Werk „Jungfrau am Abgrund“ (aka Mondo Weirdo – A Trip to Paranoia Paradise) visualisiert beispielsweise die erotischen Alpträume eines Mädchens, das nach einem schlimmen Erlebnis hinter jeder Tür Sex und Gewalt sieht. Am Ende ihrer bizarren Reise ins Ich stehen Wahn und Frustration – oder aber das Ausleben bislang unterdrückter Sehnsüchte und Begierden. Die Bildsprache ist streng expressionistisch. Horror und Pornographie pur und in seiner Übersteigerung der Schrecken fast auch schon wieder komisch in aller Düsternis der körnigen Schwarzweißbilder. Eine schrill-anarchische Orgie aus Rockmusik der damaligen Wiener Kultband „Modell d’oo“, Sex- und Gewaltphantasien.
Seit einigen Jahren besetzt Andersen seine Filme stets mit der schwedischen Undergroundfilmerin und Performerin Malga Kubiak in exzentrischen Rollen. Diese wirkt auch in seinem aktuellsten Film „Chien Fuck!“, dem ersten Synapsenpunkpornomusical, mit. Franz ist verliebt in Julie und glaubt ihr alles. Julie hat keine Ahnung, was sie eigentlich von Franz will. Celine glaubt nicht, dass Ficken allein für Franz zu wenig ist – und landet nicht nur mit ihm im Bett. Auch Arthur pflegt den beidgeschlechtlichen Hedonismus. Die jeweiligen Ex-Liebhaber haben ihre eigene Meinung. Die Punkpopgirlieband Kitty Braun kommentiert das Geschehen musikalisch u.a. mit einem kräftigen „Chien Fuck!“.
Zur Zeit arbeitet Carl Andersen an seinem neuen Film „Obsession: 25 Bilder pro Sekunde“, eine ebenso experimentelle wie gleichzeitig fiktive und dokumentarische Arbeit über seine Position als Filmemacher und die seiner Darsteller bzw. Darstellerinnen. Seine Filme verteidigen seit Jahren das Undergroundkino mit Mitteln der Selbstreferentialität und bringen dabei auch ständig neue, kleine, veristisch angehauchte Varianten des Exploitationkinos in die Welt.
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