Donnerstag, 10. April 2008

Für neue Wege fehlt der Mut

UN-Drogenkommission ernüchtert

Vereinte Nationen tagen in Wien – ENCOD protestiert
Repression dämmt weder Handel noch Konsum ein. Vor zehn Jahren beschloss die UNDOC (United Nations Office on Drugs and Crime) bei einem Treffen in New York, bis 2008 den Anbau, die Produktion und den Konsum von Drogen durch vorwiegend repressive Maßnahmen weltweit merkbar zu reduzieren.

Trotz einer Evaluierung im Jahre 2003, als die Ziele ein wenig niedriger geschraubt wurden, weil absehbar war, dass sie nicht zu erreichen waren, hält die UN- Kommission an ihrem bisherigen Vorgehen fest. Jedoch selbst eingefleischte Befürworter dieser Strategie räumen ein, dieses Ziel verfehlt zu haben. Im Gegenteil: Handel, Konsum und Produktion nehmen weiterhin zu, die Repression fordert mehr Opfer als die Drogen selbst. Trotzdem ist an ein Umdenken nicht zu denken.

Der Schildower Kreis, ein neu gegründetes Gremium von Wissenschaftlern, Juristen und anderen Fachleuten aus dem Bereich der Drogenpolitik, kritisiert zeitgleich die repressive Politik der UNO. Der Schildower Kreis ist ein Netzwerk von Experten aus Wissenschaft und Praxis. Ziel des Netzwerks ist es, auf die schädlichen Folgen der Drogenprohibition aufmerksam machen und legale Alternativen zur repressiven Drogenpolitik aufzeigen.

Direkt vor dem Treffen in Wien initiierte ENCOD (European Coalition for Just and Effective Drug Policies) vom 7-9. März eine Friedenskonferenz. Während der eigentlichen UN-Veranstaltung gelang es dem ENCOD-Vertreter Frederick Polak, einem bekannten niederländische Psychiater, den Geschäftsführer der UNDOC, Antonio-Maria Costa, aus der Reserve zu locken. Auf die Frage, wie es sein könne, dass in den Niederlanden der Hanfkonsum rückläufig sei, wohingegen er überall sonst anwachse, wich er mehr oder weniger gekonnt aus. Um dann im nächsten Satz die Integrität von einigen NGOs generell in Frage zu stellen. Anschließend wurde dem ENCOD Vertreter das Mikrophon abgestellt. Arrogant und weltfremd. Das ganze Video gibt es im Netz (Link siehe unten). Während der Friedenskonferenz fanden zahlreiche Aktionen von Encod statt, darunter ein Friedensmarsch zum UNO Center unter dem Motto “Gesundheit statt Krieg“, eine Konferenz, bei der die Hintergründe des „War on Drugs“ analysiert wurden sowie Workshops, Diskussionsrunden und eine Ausstellung zum Thema Drogengebrauch.

Eigentlich sollten die oben genannten Zahlen und Fakten Anlass zum Handeln sein, zumindest aber Grundlage eines Dialoges mit Vertretern dieses Standpunktes. Die UNO aber belässt es bei ihren repressiven Richtlinien, die bindend für viele Staaten sind und in Deutschland immer wieder als Argument missbraucht werden, wenn es um Entkriminalisierung von Cannabis geht. Dass dies trotzdem möglich ist, beweisen mittlerweile nicht nur die die Niederlande, auch in Spanien, Tschechien oder Kanada ist zumindest die Repression gegen Konsumenten auf ein sehr geringes Maß reduziert worden. Trotz UN Mitgliedschaft, internationaler Verträge und Kritik der UN/USA „War on Drugs“ Clique. Anders als in Deutschland.

Weitere Informationen zum Treffen der Suchtkommission (Commission on Narcotic Drugs, CND) in Wien 2008:

Drogriporter.hu

Drogriporter aus Ungarn hat das Video während der CND Sitzung gemacht

Drugriporter Video mit Kommentar auf deutsch

Antonio Costa, UNODC, Zur Frage, warum in den Niederlanden weniger Cannabis konsumiert wird als in den umliegenden Ländern, mit Kommentar auf Deutsch

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