Freitag, 30. November 2007

Blei im Gras

Verunreinigtes Cannabis verursacht lebensbedrohliche Vergiftungen- Bätzing trifft Mitschuld

Wir warnen seit über zwei Jahren vor verunreinigtem Gras. In dieser Zeit haben der Deutsche Hanfverband und das Hanf Journal zahlreiche Anfragen an die Behörde von Frau Bätzing gestellt, Hinweise gesammelt und weitergeleitet, gebettelt, verseuchte Proben testen lassen zu dürfen- jedes Mal ohne Erfolg. Noch im Sommer veranlasste eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis90/Die Grünen die Bundesregierung zur neuen Wortschöpfung der „negativen Konsumentenberatung“. Soll heißen: ‚Wer kifft, ist selber Schuld‘ und eine Warnung vor Streckmitteln würde vom Kiffervolk als Aufforderung, nicht als Warnung, verstanden. Deshalb gäbe es in Deutschland keine offiziellen Hinweise auf gepanschtes Gras. Ist ja eigentlich auch eine (polito)- logische Schlussfolgerung, da die Mündigkeit von HanfkonsumentInnen generell von der Politik in Frage gestellt wird. Zumindest die Beamten des Leipziger Drogendezernats haben die Notwendigkeit, Gras auf gesundheits-gefährdende Zusatzstoffe untersuchen zu lassen, seit Anfang November diesen Jahres erkannt. Dort war schon im August diesen Jahres die erste Person mit den Symptomen einer schweren Bleivergiftung behandelt worden, die Ermittler gingen zunächst von einem Kapitalverbrechen aus. Sie vermuteten anfänglich, jemand aus dem Umfeld des Opfers wolle dieses vergiften. Bis Redaktionsschluss sind in Leipzig und Umgebung über 50 weitere Fälle bekannt geworden, die aufgrund erhöhter Bleiwerte im Blut und Beschwerden behandelt werden mussten. Mehrere stationär, eine Person davon auf der Intensivstation. Erst in der ersten Novemberwoche fand die Polizei die wahre Ursache der Vergiftungen heraus: Ein Opfer der Grasmafia hatte gegenüber den Beamten vom Konsum des seltsamen Marihuanas erzählt. Eine Probe des Seuchenhanfs ergab dann auch, dass die Blüten mit Bleistaub versetzt waren. Die Leipziger Ermittler haben das Gras wohl auf eigene Initiative hin auf Streckmittel untersuchen lassen. Diese Praxis ist nämlich ansonsten in Deutschland unüblich. Das ist übrigens auch der Grund, dass es vorher keinerlei Erkenntnisse über Sandgras & Co gab. Es wurde einfach nicht getestet. Aller Hinweise zum Trotz. Ob und wie viele Menschen vorher schon körperliche Beschwerden aufgrund von gesundheitsgefährdender Beimischungen im Weed hatten, wird wohl für immer ein Geheimnis bleiben.
Wir haben auf jeden Fall in den letzten beiden Jahren nicht gerade wenige Schilderungen unserer LeserInnen erhalten, die über Beschwerden wie Lungenschmerzen, Reizhusten oder Übelkeit nach dem Genuss von „seltsamem“ Gras klagten. Zum Arzt trauen sich die Wenigsten.Hätte es in Leipzig nicht den Leiter der örtlichenGesundheitsbehörde gegeben, der sich intensiv um die Aufklärung der Bleivergiftungen bemüht hat, würden die Opfer wohl heute noch im Dunkeln tappen- genau wie der Rest der vier Millionen HanfkonsumentInnen hierzulande. Sabine Bätzing schreibt am 7.11.2007, also am Tag des Bekanntwerdens der Bleivergiftungen, auf abgeordnetenwatch.de: „Eine aus Mitteln der öffentlichen Hand finanzierte Überprüfung der Reinheit von illegalen Drogen, die seitens der Verkäufer und Käufer dieser Drogen gewissermaßen als Qualitätszertifizierung nicht belasteter Drogen ausgelegt werden kann, ist nicht vertretbar. Das ist weder mit den Bestimmungen des INCB noch mit den Grundsätzen der deutschen Drogenpolitik vereinbar. Es steht aber jedem Konsumenten frei, Drogen in Apotheken gegen eine vergleichsweise geringe Gebühr auf ihre konkreten Inhaltsstoffe hin testen zu lassen.“ Das mit der Apotheke haben wir ausprobiert. Die ApothekerIn wollte die Personalien unseres Redakteurs haben und konnte nicht zusichern, ob diese streng vertraulich behandelt werden. Das ist in einem Land, in dem auch der Besitz geringer Mengen strafrechtlich verfolgt wird, wohl kaum eine Lösung, um die Gesundheit von vier Millionen CannabisraucherInnen zu schützen. Zum Glück konnte die Leipziger Polizei anscheinend selbständig entscheiden, ob das Gras untersucht werden soll. Hätte sie getreu Frau Bätzing‘s Überzeugung gehandelt, so läge die Ursache der lebensbedrohlichen Intoxikationen heute noch im Dunkeln. Aus diesem Grund liegt es auf der Hand, dass die Bundesdrogenbeauftragte eine Mitschuld am Ausmaß der jetzigen Situation trägt.
Sie lehnt, trotz konkret vorliegender Hinweise und Fakten, Warnhinweise für HanfkonsumentInnen weiterhin ab.

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