Mittwoch, 7. Februar 2007

Verringert Cannabis-Konsum die geistige Leistungsfähigkeit?

Akuter Konsum von Cannabis führt bekanntlich zu Konzentrationsschwierigkeiten, Störungen des Kurzzeitgedächtnisses und einer Lockerung der Assoziationen, die zielgerichtete geistige Aktivitäten beeinträchtigen können. Beispielsweise haben Studien gezeigt, dass lautes Lesen, die Leistungsfähigkeit bei Rechenaufgaben und das Erinnern von Wörtern einer zuvor präsentierten Liste nach dem Rauchen von Cannabis nicht so gut gelingt wie ohne Einfluss der Droge. Im Gegensatz zu den akuten Wirkungen ist die Frage möglicher Langzeitwirkungen, im Sinne bleibender Schäden auf die Gehirnleistung, bei langzeitigem starken Cannabis-Konsum umstritten.
Die erste groß angelegte Langzeitstudie zum möglichen Einfluss des Cannabis-Konsums auf die geistige Leistungsfähigkeit fand keinen solchen Effekt. Eine Langzeitstudie ist eine Untersuchung, die die Teilnehmer über mehrere Jahre begleitet, um so Unterschiede ihrer Entwicklung in Abhängigkeit von ihrem Verhalten oder äußeren Einflüssen ermitteln zu können. Diese Langzeitstudie aus dem Jahre 1999 hat allerdings nur einen sehr grobes Messverfahren für die geistige Leistungsfähigkeit verwendet, sodass sie nicht ausreichend empfindlich war, um leichte Beeinträchtigungen feststellen zu können. Zudem nahmen nur wenige starke Cannabis-Konsumenten teil.
Im Jahre 2003 hat eine amerikanische Arbeitsgruppe die 15 methodisch besten bis dahin durchgeführten Studien zur Langzeitwirkung von Cannabis auf die geistige Leistungsfähigkeit analysiert. Insgesamt habe sich nur ein kleiner Effekt der Droge auf lang anhaltende Defizite ergeben. Die Ergebnisse der neuropsychologischen Tests der verschiedenen Studien waren in acht Bereiche eingeteilt worden. Mit Ausnahme der Bereiche für das Lernen und für das Vergessen fanden sich für die anderen sechs Bereiche keine signifikanten Einflüsse.
Zu den analysierten Studien zählte beispielsweise eine Untersuchung, in der drei Gruppen von Personen im Alter zwischen 30 und 55 Jahren nach Beendigung ihres Cannabis-Konsums untersucht wurden: 63 aktuelle starke Konsumenten, 45 ehemalige starke Konsumenten und 72 Nicht-Konsumenten. Bei den aktuellen Konsumenten wurden noch sieben Tage nach dem letzten Konsum einige geistige Defizite in den durchgeführten Tests festgestellt. 28 Tage nach dem letzten Konsum ließen sich allerdings nahezu keine signifikanten Unterschiede mehr zwischen den drei Gruppen nachweisen, was nahe legt, dass die Cannabis-Wirkungen auf die geistige Leistungsfähigkeit starker Konsumenten reversibel sind und keine anhaltenden Schäden bleiben.
Allerdings legt eine andere Studie nahe, dass ein sehr starker Konsum mit einer irreversiblen Abnahme der kognitiven Leistungsfähigkeit verbunden sein könnte. Die Teilnehmer dieser Untersuchung wurden nach ihren wöchentlich gerauchten Cannabis-Zigaretten in leichte Konsumenten (im Mittel elf Joints), mittelstarke Konsumenten (im Mittel 42 Joints) und starke Konsumenten (im Mittel 94 Joints pro Woche) eingeteilt. Sehr starke Konsumenten zeigten auch nach 28 Tagen kontrollierter Abstinenz im Vergleich mit den leichten Konsumenten noch eine signifikant schlechtere Leistungsfähigkeit in fünf von 35 Tests. In einer jüngeren Studie fanden sich keine Unterschiede in der Leistungsfähigkeit zwischen moderaten regelmäßigen Cannabis-Konsumenten, die eine Woche lang nicht konsumiert hatten, und Nicht-Konsumenten in Aufgaben zum Gedächtnis und zur selektiven Aufmerksamkeit.
Die Wirkung von Cannabis auf die kognitive Leistungsfähigkeit könnte bei Heranwachsenden deutlicher sein als bei Erwachsenen. Dies legt eine Untersuchung nahe, in der Konsumenten, die vor dem 17. Lebensjahr mit ihrem Konsum begonnen hatten, schlechter abschnitten als eine Vergleichsgruppe von Personen, die erst mit 17 oder später begonnen hatten. Beispielsweise besaß die erste Gruppe eine geringere verbale Intelligenz. Die Autoren schlagen drei alternative Möglichkeiten für diese Beobachtung vor. Erstens könnten diese Unterschiede bereits vor Beginn des Konsums bestanden haben. Zweitens könnte Cannabis-Konsum das sich in der Entwicklung befindliche Gehirn geschädigt haben. Drittens könnte Cannabis-Konsum zu einem geringeren Erlernen konventioneller kognitiver Fähigkeiten geführt haben, weil die Jugendlichen weniger an schulischen Leistungen interessiert waren. In einer neuseeländischen Studie bestand eine signifikante Beziehung zwischen dem Umfang des Cannabis-Konsums in der Jugend und im frühen Erwachsenenalter und der fehlenden Beendigung der Schule bzw. eines Universitätsstudiums.
Zusammengefasst scheint Cannabis keinen dauerhaften Schaden auf die geistige Leistungsfähigkeit auszuüben, es sei denn, er wird sehr stark konsumiert. Die Konsequenzen könnten bei Jugendlichen größer sein als bei Erwachsenen.

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