Mittwoch, 24. Januar 2007

Artist Unknown: Present (datapunk)

>> Elektro

Future was then, present is now! Guter Elektro war schon immer so etwas wie eine Schnittstelle zwischen Vergangenheit und Zukunft, Energie, Verspieltheit, Song oder Skizze. Vor sechs Jahren erschien auf dem Münchener Renommier-Label Disko B das Debütalbum „Future“ (ein klassischer Fall von Retro-Futurismus) und vier Jahre nach dem letzten Maxi-Lebenszeichen „Errorist“ mischt Deutschlands geheimnisumwittertes Elektro-Projekt Artist Unknown die Elektrowelt (diesmal auf Anthony Rothers Datapunk-Label) erneut auf und beweist mit „Present“ seine ungebrochene Faszination für den Motorbeat, ohne auch nur eine Spur anachronistisch zu wirken – schließlich geht’s hier um die Gegenwart. Mit diesem Ansatz passen Artist Unknown perfekt in die Programmatik von Datapunk, das sich derzeit wie keine andere Plattform die inhaltliche Erweiterung von Elektro in alle Richtungen zum Programm gemacht hat. Artist Unknown ziehen es vor, Gesichtsverkleidungen anzulegen und unerkannt zu bleiben. Mit dieser Aktion soll lediglich der Fokus auf ihre Musik zentriert und ihr in Berlin hoher Lokal-Bekanntheitsgrad verschleiert werden. Die langjährige Erfahrung und offensichtliche Eingebundenheit in den elektronischen Kontext macht die beiden mir nicht Unbekannten natürlich zu Könnern. Trotz computergenerierter Mucke verstehen sich die Synthie-Freaks als Live-Act, der sich vorbehält, mehrere Konzerte am gleichen Tag zu absolvieren, um wohl eine alte Kraftwerk-Idee aufzugreifen. Die Gegenwart macht da weiter, wo die Zukunft einst begann: Verquere und dennoch tanzbare Electronica, die sich in den 80ern verwurzelt sieht, diese gerne zitiert, aber durch eine dicke Produktion den nötigen Wums in die Sache bringt. Sei es nun der dogmatische Proto-EBM eines Conny Plank (u. a. Produzent für DAF, Kraftwerk, Neu! oder Ultravox), eine gehörige Portion des narrativen Chicago-Sound eines Cajmere/Green Velvet, natürlich viel Kraftwerk und nicht zuletzt ihre eigenen maßgeblich kultivierten Electroclash-Blaupausen. So entsteht an allen gängigen Mustern und Grenzen aktueller Musikelektronik vorbei ein erneut kompromisslos eigensinniges Album mit 13 ausnahmslos ultradeepen Tracks. Songstrukturen und große Pop-Momente begehren auf gegen dekonstruktivistische Arrangements und Soundtrack trifft auf Bodyrock. Masken hin oder her: die Musik Artist Unknowns braucht sich hinter nichts zu verstecken. „Present“ ist Liebe und Kälte, Melodie und Wahnsinn gleichermaßen.

www.artistunknown.de
www.artistunknown.de/2006
www.datapunk.de

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