Mittwoch, 10. Januar 2007

“Geringe Menge”

– sechs Gramm durch die Hintertür?

Anscheinend steht bei der CDU fest, dass Menschen, die mehr als sechs Gramm Cannabis-Produkte besitzen, Dealer sind oder zumindest unsere Gesellschaft in einem nicht zu vertretbarem Maße gefährden. Wie sonst sind die fast zeitgleichen Vorstöße aus Schleswig-Holstein, Brandenburg (Hanf Journal berichtete) und nun auch aus Hamburg zu verstehen, in denen sich die Partei in vertraut inkompetenter Weise eines Themas annimmt, das sie jahrelang bewusst ignorierte: die uneinheitliche Definition der „geringen Menge“ in den verschiedenen Bundesländern und die damit verbundene Rechtsungleichheit.
„Der Senat wird gebeten, auf eine Verständigung möglichst aller Bundesländer hinzuwirken, die eine einheitliche und verschärfte Anwendung des § 31 a BtMG beinhaltet. Neben der Absenkung der Grenzwerte soll hierbei eine differenzierte Verfolgung auch bei geringfügigen Menge erzielt werden, wenn eine Gefährdung von Kindern und Jugendlichen vorliegt. In diesem Zusammenhang soll die Bund-Länder-Arbeitsgruppe dazu
angehalten werden, entsprechende Beschlüsse zu fassen.“

Im Klartext: Nicht nur die geringe Menge wird herabgesetzt, es wird eine Verschärfung gefordert, die so schon längst besteht, unisono stellte die „Grünen“-Fraktion hierzu fest:
„Dort, wo Kinder und Jugendliche zum Konsum verführt werden könnten, Suchtmittel vor Kitas und Schulen angeboten werden oder aber ErzieherInnen, LehrerInnen oder FreizeitpädagogInnen beteiligt sind, findet eine Strafverfolgung auch bei geringen Mengen statt.“

Die drei konservativ regierten Bundesländer haben kurz nacheinander beschlossen, die „geringe Menge“ auf sechs Gramm festzusetzen. Im schwarz-roten Brandenburg stellt das lediglich die Manifestation der momentanen Praxis dar, in Hamburg und Schleswig-Holstein hingegen waren die Regelungen zuvor wesentlich lockerer, hier stellt die neue Grenze einen herben Rückschlag für VerteterInnen einer liberalen Drogenpolitik und vor allen für die KonsumentInnen dar. Zumal die Hamburger StaatsanwältInnen immer sehr großzügig bezüglich der Menge, „die in eine Streichholzschachtel passt“, waren.
Zumindest wird diese schwammige Bestimmung der Hansestadt abgeschafft und durch eine genaue Definition ersetzt. Anscheinend soll, mit Hilfe der geänderten Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat, still und heimlich eine solche Gesetzgebung für alle CDU-regierten Bundesländer eingeführt werden und somit Druck auf Bundesländer mit liberalen Regelungen ausgeübt werden. Diese Haltung widerspricht den Ergebnissen der wissenschaftlichen Studie des Max-Planck-Instituts, mit der die Politiker den Handlungsbedarf begründen. Unseren Recherchen zufolge hat der Auftraggeber, die Bundesregierung, Tendenzen, die eine weit höhere Menge vorschlugen, vor der Veröffentlichung entfernen lassen. Ein ehemaliger Mitarbeiter erwähnte gegenüber dem Hanf Journal, dass die ersten beiden Versionen der Studie aus für ihn nicht nachvollziehbaren Gründen nicht veröffentlicht wurden. Merkwürdig war auch die Aussage der Bundesregierung, die Studie wäre nach Fertigstellung noch einmal zurückgesandt worden. Neben dem nachvollziehbaren Grund eines formalen Vergleichs mit der Vorgängerstudie stellt das Bundesgesundheitsministerium weiterhin fest: „Diese Fassung (die erste, Anm. der Redaktion) wurde auf Bitten der Bundesregierung überarbeitet.“ Wie auch immer das zu verstehen ist.
Denn wer die Feststellung der überarbeiteten Fassung „von einer gleichmäßigen Rechtsanwendung könne nach den Erkenntnissen des Max-Planck-Instituts lediglich in Fällen mit einer Höchstmenge von bis zu sechs Gramm Cannabis ausgegangen werden … und (wenn) eine Fremdgefährdung nicht festgestellt werden könne“ dazu benutzt, einfach diese sechs Gramm als bundeseinheitliche geringe Menge zu übernehmen, macht es sich einfach und ignoriert die von den Wissenschaftlern aufgezeigten Missstände. Eine Verschärfung der Repression hatte schon immer eine Preiserhöhung auf dem Schwarzmarkt zur Folge, noch nie wurde hierdurch die Nachfrage eingedämmt.
Davon wiederum werden allein die echten Dealer profitieren, denn wer mit großen Mengen handelt, schert sich vermutlich einen Dreck um die „geringe Menge“ und freut sich zusätzlich, wenn die Polizei damit beschäftigt ist, die Endkunden ihrer Rauchware zu berauben. Die kommen dann abends nämlich was Neues holen.

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