Roland Grieshammer
Jüngst wurde in Spanien eine Anzahl gemeinnütziger Cannabis-Clubs gegründet, deren Rechtmäßigkeit nun von Gerichten in Katalonien und dem Baskenland bestätigt wurde. In den Cannabis-Clubs haben sich Personen zusammengeschlossen, die gemeinsam Cannabis anbauen und diesen dann zum Selbstkostenpreis an die Vereinsmitglieder abgeben. Nur die Mitglieder haben Zugang zu den Anbauräumlichkeiten und zum Cannabis. In Spanien ist der Handel mit Cannabis verboten, der Besitz zum Eigenbedarf jedoch erlaubt. Ein Gericht in Bilbao, der größten Stadt des Baskenlandes, sprach vier Angeklagte eines Cannabis-Clubs mit 66 Mitgliedern vom Vorwurf des illegalen Anbaus von 150 kg Cannabis (frische ganze Pflanzen, die getrocknet 17,4 kg ergaben) frei. 39 der Mitglieder verwenden Cannabis zu medizinischen Zwecken. Das Verfahren wurde eingestellt, da zum einen die Wuchsanlage den gesetzlichen Vorschriften vom „gemeinsamen Anbau” für Eigenbedarf folgte und weiterhin die Vereinigungen normale legale Vereinigungen (wie hierzulande eingetragene Vereine) sind – und damit keine kriminelle Organisation, um Drogen zu verkaufen.
Die spanische Konsumentenvereinigung Pannagh fordert, dass ihr die beschlagnahmten Pflanzen zurückzugeben seien und erhebt Klage gegen die missbräuchlichen Festnahmen ihrer Mitglieder. Die Tatsache, dass nach zwei Tagen Überwachung ein dreiseitiger Polizeibericht resultierte und die Namen der Festgenommenen an die Presse weitergegeben wurden, lässt vermuten, dass der Staat eine „Lektion“ erteilen wollte und hierbei Bürgerrechte willentlich ignorierte. Darüber hinaus hat das Gericht ja selbst anerkannt, dass einige Mitglieder das (beschlagnahmte) Cannabis zu therapeutischen Zwecken konsumieren; es ist somit nicht verständlich, den Betroffenen weiterhin diejenige Pflanze vorzuenthalten, die ihre Schmerzen lindert. Paradoxerweise hat das erstinstanzliche Urteil diese Bürger gezwungen, sich ihre Medizin wieder auf dem illegalen Schwarzmark zu besorgen.
Pannagh fordert einmal mehr das Ende der Rechtsunsicherheit im Bezug auf die Eigenproduktion. Es ist unhaltbar, dass man Jahr für Jahr mit Beschlagnahmungen und Festnahmen gegen kleine Landwirte zu Felde zieht, die dann unter der Last der Verfahren und der Kosten ruiniert werden. Die Unsicherheit der Cannabis-Situation begünstigt die Willkür und verhöhnt die Rechte jener, die lieber eine eigene Kultivierung vorziehen würden, anstatt sich auf dem illegalen Markt einzudecken. Absurderweise profitiert also der Schwarzmarkt direkt an der Repression.
Mit der Idee vom Anbau im Kollektiv steht Pannagh offenbar nicht alleine da. In zahlreichen europäischen Staaten existieren verschiedene Modelle des entkriminalisierten Eigenbedarfs; sei es als faktisch toleriertes Kavaliersdelikt oder als gesetzlich verankertes Recht. In Euskal Herria (Baskenland) bestehen schon fünf ähnliche Vereinigungen wie Pannagh, in ganz Spanien kommen noch einmal einige hinzu. Die Vereinigung der Spanischen Hanf-Organisationen „Federación de Asociaciones Cannábicas“ (FAC) arbeitet momentan ebenfalls an einem Vorschlag für ein Modell, welches den Anbau zum Eigenbedarf in einem geschlossenen Kreis reguliert. Ebenso existieren ähnliche Organisationen und Vereinigungen bereits in der Schweiz, in Belgien, den Niederlanden, Dänemark, Deutschland, der Tschechischen Republik und in Polen.
Nachdem sie von der „Akte Pannagh“ Kenntnis erhalten hat, will die Europäische Koalition für eine gerechte und wirksame Drogenpolitik ENCOD zu diesem Thema in die Offensive gehen. ENCOD, die Koalition von 98 Organisationen aus 20 europäischen Ländern, hat entschieden, die verschiedenen Modelle und Ideen eines „Cannabis Social Club“ zu vereinen und dem Europäischen Parlament im November in Verbindung mit einem Symposium, welches ENCOD organisiert, zu präsentieren.
Es ist Zeit für eine Wende: Die Politik der Regierung Zapatero, die seit ihrem Machtantritt stets nur Verachtung für die anti-prohibitionistische Bewegung übrig hatte, hat bisher nur Scherbenhaufen hinterlassen.
www.cannabis-clubs.eu
www.encod.org
www.fac.cc