Donnerstag, 13. Juli 2006

Hausdurchsuchung beim Trikont Verlag und Hans Söllner

Sind die Konterfeis von Bush und Blair etwa Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen? Feiern Nazis etwa die Führer der westlichen Welt als einen der Ihren? Ist Söllner eigentlich ein Nazi, der gerne Hitlerbilder zeigt und martialische Uniformen?

Am Mittwoch, dem 7. Juni 2006 erzwangen Polizisten mit einem richterlichen Durchsuchungsbefehl zeitgleich um 10 Uhr Zutritt zu den Räumen vom „Trikont  Unsere Stimme Verlag“ in München-Obergiesing, bei Hans Söllner in seinem Haus in Bad Reichenhall und zu den Privaträumen des Trikont-Verantwortlichen Achim Bergmann in Niederbayern. Gesucht und beschlagnahmt wurden sämtliche T-Shirts von Hans Söllner mit der Aufschrift „Hitler Bush Blair – International“ (eine Zeile aus dem Refrain des Söllner-Songs „A Drecksau is a Drecksau“ – hörbar auf den CDs „Oiwei I“ und live auf der Doppel-CD „Im Regen“) sowie den Gesichtern dieser Herren. Außerdem wurden Geschäftsunterlagen, Korrespondenz, ein Computer und Unterlagen über sämtliche Besteller dieses T-Shirts über den Trikont-Mailorder beschlagnahmt. Veranlasst wurde diese Aktion von der Staatsanwaltschaft beim Amtsgericht Traunstein, wo schon häufig die gesammelte Rechtstreue, zu denen eine solche Institution fähig ist, auf den Sänger Hans Söllner abgeladen wurde  ganz abgesehen von der Treue zu dem tadellosen Fremdenfreund Innenminister Beckstein, der schon so viel Beleidigungen von diesem Söllner ertragen musste. Der letzte Prozess Becksteins gegen Söllner war für den Innenminister ein Debakel: Da ging es auch um Hitler und dabei wurde seine Politik von einem bayrischen Gericht als „objektiv ausländerfeindlich“ verstehbar bezeichnet. Zu dem damaligen Prozess finden sich im Übrigen auf der Trikont-Homepage  www.trikont.de  unter Nachrichten vom 15.03.2006 und vom 20.03.2006 interessante Meldungen und unter dem 28.03.2006: „Beckstein Live  O-Töne aus dem Bierzelt“. Ein Muss für jeden neurotischen, multi-kulturellen Ausländerfreund.

Wenn jemand nun erwartet hätte, es handele sich um ein Verfahren wegen Beleidigung der Friedensfreunde Bush und Blair: Falsch! Laut Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Traunstein vom 24.05.2006 ist strafbar „das Verwenden von und Beihilfe zum Herstellen, Vorrätighalten und Verbreiten von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gemäss § 86a Abs. 1 Nr.1,27 STGB“. Begonnen wurde die Aktion am 13. Mai 2006 auf dem Festplatz der Stadt Reichenhall, wo Hans Söllner mit seiner Band der Headliner eines Benefizkonzerts für die Opfer des Einsturzes der Eislaufhalle in Bad Reichenhall vom Januar 2006 war. Dort entdeckten Fahnder  die allerdings nichts mit den Fahndern zu tun hatten, die die Risse in der Eissporthalle nicht entdeckt hatten  bei den bei ihnen sehr beliebten Söllner-Fans „das“ T-Shirt und beschlagnahmten es vor Ort. Und Söllner auf der Bühne trug es auch! Aber die Aktionen der Staatsgewalt sind kein Scherz. Vor allem die Aneignung von Namen und Adressen der Käufer der T-Shirts, ihre mögliche Bedrohung und Einschüchterung sind keine Kleinigkeit, sondern ein Skandal.

Wie kein anderer hat Hans Söllner seit mittlerweile fast 20 Jahren öffentlich gegen Ausländerfeindlichkeit, autoritären Staat, Nazis und Gefahren für die Demokratie gekämpft, vor und für Tausende vor allem junger Fans. Dafür hat er sich zuhauf Prozesse, Durchsuchungen und teure Verurteilungen zugezogen. Und nebenbei: Nicht wenige Leute, die nicht zu seinen Fans gehören, waren eher gelangweilt über das antifaschistische Pathos des Hans Söllner, sie halten das gerne für „übertrieben“. Warum also diese absurde Aktion gegen Söllner und Trikont? Vielleicht will der Staat nicht, dass während der WM solche Busch und Blair angreifende Manifestationen sichtbar werden. Man will keinen langwierigen Prozess darüber führen, was an der (drastischen) Beurteilung des Irak-Krieges und seiner Befürworter strafwürdig sein soll. Aber Hans Söllner zu unterstellen, dass er nationalsozialistische Symbole verbreite oder Rechtsextremist oder Neonazi sei, ist irgendwie so, „als würde man Astrid Lindgren unterstellen, sie verbreite Kinderpornografie, weil Pippi Langstrumpf Strapse und zerrissene Strümpfe trägt“.

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