Donnerstag, 13. Juli 2006

Fußball WM 2006 – Kein Herz für Kiffer

Das Schengener Abkommen ist für die Zeit der Fußball-Weltmeisterschaft außer Kraft gesetzt. Viele unserer Gäste, die unterwegs mal kurz eine Pinkelpause auf der Autobahnraststätte einlegen wollten, sahen sich plötzlich mit einer Fahrzeug- und Leibesvisitation durch Zoll- oder Zivilbeamte konfrontiert. Das Alkoholverbot in und um die Stadien wurde teilweise aufgehoben, dafür ist von einer liberalen Handhabung des Cannabis-Konsums, obwohl in Deutschland kein Strafbestand, nichts zu spüren. Liest man aufmerksam die Meldungen der lokalen Presse rund um die WM, fällt auf, dass auf vielen Großveranstaltungen im Rahmen des kollektiven Fußballwahns Kiffer nicht geduldet werden, egal ob Gäste oder Eingeborene. Es wird fleißig festgenommen, beschlagnahmt und angezeigt. Das war zur Euro 2004 in Portugal noch ganz anders, damals gab es eine Direktive der portugiesischen Regierung, den Cannabis-Konsum zu dulden, da man die Hoffnung hatte, bekiffte Fans hätten keine Lust, sich zu prügeln. Außerdem wurde an Spieltagen landesweit kein Alkohol ausgeschenkt, weder in Kneipen noch in den Stadien. Das Konzept ging auf, es war die friedlichste EM der letzten Jahrzehnte. Die positiven Erfahrungen hatten jedoch nicht zur Folge, dass es auf zukünftigen Welt- und Europameisterschaften genauso zugeht. In deutschen Stadien und Fanmeilen herrscht absolutes Kiff-Verbot, Sicherheitsdienste und Polizei sind angehalten, dies so weit sie können durchzusetzen, im Süden unseres Landes wieder mal vehementer als anderswo.
Dafür werden die gewalttätigen Alkohol-Exzesse als unabänderliche Randerscheinung fast schon als normal betrachtet, Spieler wie Prominente werben für Brauereien, um den Bier-Konsum anzukurbeln. Die positiven Erfahrungen der Euro 2004 fallen Sponsoreninteressen zum Opfer, Sicherheit hin oder her.
Für fußballverrückte Kiffer kommt der ganze öffentliche und Deutschland- und Bierfahnenzwang sowieso ein bisschen plötzlich, hat ja keiner mit gerechnet. Und wenn man dann noch nicht einmal ein Tütchen vor der Großbildleinwand drehen kann, ist es doch gar nicht so schlimm, sich die ganze Sache in Ruhe vorm Fernseher anzuschauen. Alleine oder mit Gleichgesinnten, aus sicherer Distanz, ohne unqualifizierte Kommentare oder Uniformen jedweder Coleur, selbstverständlich mit Tüte.

Abonnieren
Benachrichtige mich bei

Schnelles Login:

0 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare zeigen