Mittwoch, 4. Mai 2005

Klüger werden mit dem Hanf Journal

Kann Cannabis-Konsum Psychosen auslösen?

Ist das Risiko für die Entwicklung einer schizophrenen Psychose bei Cannabis-Konsumenten möglicherweise etwa doppelt so hoch wie bei Personen, die keine Drogen konsumieren? Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten, da es ein grundsätzliches Problem gibt: Wenn ein Cannabis-Konsument eine Psychose entwickelt, so ist nicht bekannt, ob sein Cannabis-Konsum tatsächlich für die Entstehung oder den Ausbruch der Erkrankung verantwortlich war. Zur Entstehung von Psychosen tragen im Allgemeinen mehrere Faktoren bei, darunter die genetische Veranlagung, die familiäre Situation vor allem in der frühen Kindheit und belastende Ereignisse auch im späteren Leben.
Ich möchte dieses Problem anhand einiger Studien erläutern. Im Jahre 2002 wurde eine neuseeländische Studie in einer Fachzeitschrift veröffentlicht. Sie umfasste 1.073 Personen, die zwischen 1972 und 1973 geboren waren und deren gesundheitliche und soziale Situation seit ihrer Geburt durch regelmäßige Untersuchungen und Befragungen dokumentiert worden war. Jugendliche aus dieser Gruppe, die im Alter von 15 Jahren mit einem Cannabis-Konsum begonnen hatten, litten im Alter von 26 Jahren vergleichsweise viermal so häufig an „Schizophrenie-ähnlichen Störungen“ wie Heranwachsende, die kein Cannabis konsumierten. Die beiden Gruppen unterschieden sich jedoch hinsichtlich ihrer psychischen Gesundheit schon im Alter von elf Jahren. Die späteren Cannabis-Konsumenten wiesen bereits in diesem Alter häufiger unterschwellige psychotische Symptome auf. Wurde dieser Unterschied in der statistischen Analyse berücksichtigt, so war das Risiko für die spätere Entwicklung „Schizophrenie-ähnlicher Störungen“ bei den Cannabis-Konsumenten zwar noch leicht erhöht, der Unterschied zu den Nicht-Konsumenten war jedoch nicht mehr signifikant. Dies legt nahe, dass Jugendliche, die bereits ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung psychischer Gesundheitsprobleme aufweisen, auch wahrscheinlicher Cannabis rauchen.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob junge Menschen, die ein hohes Risiko für die Entwicklung einer Psychose aufweisen, besser kein Cannabis konsumieren sollten. Auch zu dieser Frage gibt es Untersuchungen, beispielsweise eine Studie aus dem Jahre 2002 mit 100 Heranwachsenden, die ein besonders hohes Risiko für die Entwicklung einer Psychose aufwiesen. Sie wurden über einen Zeitraum von zwölf Monaten beobachtet. Zu dieser Hochrisiko-Gruppe zählten Personen mit unterschwelligen psychotischen Symptomen oder Personen mit einer Kombination aus psychotischen Störungen in der nahen Verwandtschaft und Leistungsabfall. 32 Personen aus dieser Gruppe entwickelten in diesem Zeitraum eine akute psychotische Episode. Das Risiko für die Entwicklung dieses psychotischen Ereignisses war bei den Heranwachsenden, die Cannabis konsumierten, nicht höher als bei den Nicht-Konsumenten. Die Autoren dieser Studie folgerten daraus, dass Cannabis-Konsum möglicherweise keine relevante Rolle bei der Entwicklung von Psychosen bei Personen mit hohem Risiko spielt.
Eine holländische Untersuchung aus dem Jahre 2004 kommt dagegen zu einem gegenteiligen Ergebnis. Etwa 2.500 Personen im Alter zwischen 14 und 24 Jahren wurden vier Jahre lang wissenschaftlich begleitet. Zu Beginn und nach vier Jahren wurde der Umfang des Cannabis-Konsums, die Neigung zur Entwicklung einer Psychose und das Vorliegen psychotischer Symptome ermittelt. Nach statistischer Berücksichtigung möglicher weiterer Einflussfaktoren erhöhte ein Cannabis-Konsum zu Beginn der Studie die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen psychotischer Symptome bei der Nachfolgeuntersuchung um 70 Prozent. Im Gegensatz zur oben erwähnten Studie fiel die Wirkung des Cannabis-Konsums bei Personen mit einer Neigung zur Psychose stärker aus als bei psychisch Gesunden.
Auch andere Studien zum Thema ergeben nicht immer ein einheitliches Bild. Was lässt sich heute sagen? Cannabis erhöht das Risiko für die Entwicklung einer Psychose sicherlich nicht stark, sonst würde sich in den Industrieländern eine Beziehung zwischen der Häufigkeit des Cannabis-Konsums und der Häufigkeit des Auftretens von Psychosen finden. Dies ist jedoch nicht der Fall. Cannabis-Konsum kann offenbar den Ausbruch der Erkrankung bei entsprechend empfindlichen Personen auslösen. Dies wird durch Daten unterstützt, nach denen bei Schizophrenen, die Cannabis konsumierten, die Erkrankung vergleichsweise früher auftrat als bei anderen Schizophrenen. Einige jüngere Studien geben Hinweise darauf, dass Cannabis-Konsum das Risiko für die Entwicklung einer Psychose auch bei Personen, die keine Neigung für die Erkrankung aufweisen, leicht erhöhen kann.

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