Wie bereits erklärt, ist das Geschmacksempfinden äußerst persönlich und wird größtenteils dadurch bestimmt, was wir riechen. Und was wir riechen, richtet sich wiederum in starkem Maße nach einer Vielzahl von anderen Faktoren. So riechen wir zum Beispiel nicht alle Stoffe gleich stark. Tatsache ist ebenfalls, dass nicht jeder die selben Stoffen riechen kann. Darüber hinaus wissen wir, dass das, was wir riechen, größtenteils subjektiv ist. Das bedeutet, dass unser Geruchssinn in erheblichem Maße dadurch beeinflusst wird, was wir sehen und hören und welche Gefühle wir damit verbinden.
Als wir den Geruch von Cannabis entschlüsselten, stellten wir fest,
dass dieser durch die ätherischen Öle in den Spitzen bestimmt wurde.
Laut Ross & ElSohly (1995) besteht frisches Spitzenöl zu 99 Prozent
aus Terpenoiden und zu einem Prozent aus Ketonen (organische
Verbindungen) und Estern (chemische Verbindungen, die aus Säure und
Alkohol unter Abspaltung
von Wassern entstehen). Gerade diese Terpenoide sind es auch, die für
die Geschmacksunterschiede zwischen den verschiedenen Rassen
ausschlaggebend sind. Terpene haben nicht nur wegen ihrer hohen
Konzentrationen im Öl einen äußerst starken Einfluss auf unser Geruchs-
und
Geschmacksempfinden, sondern auch, weil sie bei der Inhalierung dem
limbischen System (Buchbauer et al., 1993) im Großhirn
stimmungsverändernde Signale übermitteln. Dieser Bereich ist für die
Entstehung von Gefühlsreaktionen, für die Gedächtnisbildung sowie
Antrieb und Motivation wesentlich.
Terpenoide bilden die größte Gruppe der bekannten Pflanzenstoffe.
Gegenwärtig unterscheiden wir über 36.000 verschiedene Terpenoide.
Terpenoide werden eingeteilt nach der Anzahl der Kohlenstoffatome, aus
denen sie bestehen(Gershenzon & Croteau, 1993). In
Cannabis-Pflanzen kommen vor allem Terpenoide mit zehn und 15
Kohlenstoffatomen vor.
Diese werden als Monoterpene bzw. Sesquiterpene bezeichnet. In Cannabis
kommen ca. 120 verschiedene Arten von Terpenoiden vor. Cannabinoide
(Stoffe, die ausschließlich in Cannabis vorkommen) sind phenolische
Terpene, diese sekundären Pflanzeninhaltsstoffe liefern zwar keine
Energie,
sind aber unter anderem für die natürliche Farbe verantwortlich.
Neben Terpenen kommen u. a. Terpenoxide vor, wie z. B.
Caryophyllenepoxid (das ist der Stoff, den Haschisch- Spürhunde riechen
(Stahl & Kunde, 1973)) und Humulenepoxid.Die Konzentrationen, in
denen Terpenoide vorkommen, variiert je nach Zusammensetzung der
ätherischen
Öl in Cannabis. Diese ist in starkem Maße von den Aufzuchtumständen und
von der jeweiligen Rasse abhängig. Myrcen tritt in Hanföl von allen
Terpenen in den höchsten Konzentrationen auf. Der Geruch von Myrcen ist
zitrusartig
und hat einen grünen, vegetativen Charakter. Der Geschmack wird jedoch
als „blumig“ beschrieben. Myrcen ist der Farbstoff in Rum, trägt jedoch
– auch in diesem Fall – zum Geruch und Geschmack bei. Sellerie (Apium
graveolens) ist die Pflanze, die den höchsten Gehalt an Myrcen
aufweist. Je länger er aufbewahrt wird, desto stärker nimmt der
Myrcengehalt jedoch
ab. Eine Absenkung bis auf die Hälfte der ursprünglichen Konzentration
ist durchaus möglich. Ross & Elsohly (1995) zufolge ist dieser
Unterschied jedoch nicht feststellbar, auch von Kennern nicht. Grund
dafür ist die Tatsache, dass Myrcen im Vergleich zu anderen Terpenen
keine überaus starken Geruchseigenschaften besitzt. Myrcen hemmt
übrigens die
Wirkung einiger Krebs erregender Stoffe, die durch Aspergillus sp.
produziert werden. Hierbei handelt es sich um Schimmelpilze, die auch
in verschimmeltem Marijuana vorkommen können.
_-Caryophyllen hat einen würzigen Geruch, der am ehesten an den Geruch
der Jeneverbeere oder an Tannennadeln erinnert.Die Konzentration dieses
Terpens in Gras nimmt bei längerer Aufbewahrung zu, weil Wasser und
andere Stoffe (z. B. Myrcen) langsam verschwinden. Caryophyllen kommt
in sehr hohen Konzentrationen im Essenzöl der Baumwollpflanze vor und
hat eine entzündungshemmende Wirkung. Pinen und Humulen haben sehr
variable Konzentrationen. Wie _-Caryophyllen nimmt ihr Gehalt bei
längerer Aufbewahrung zu. Pinen wirkt ebenfalls entzündungshemmend.
Von den genannten Terpenen kommen außerdem lediglich _-Terpinolen,
trans-Ocimen und Limonen noch in etwas höheren Konzentrationen vor.
Daher bestimmen Terpenoide zu einem Großteil, wie wir Marijuana
beurteilen. Der Einfluss dieser Stoffe ist äußerst komplex und
persönlich. Wenn wir wissen, wie wir diese Stoffe beeinflussen können,
wäre es möglich, Marijuana so zu züchten,
dass es unseren persönlichen Geschmacks- und Geruchsanforderungen gerecht wird.
Limonen hemmt die Krebs erregende Wirkung von Benzo-Alpha-Anthrazen,
das sich im Teer des Rauchs befindet (Crowell, 1999), und wirkt als
Antidepressivum. Es ist nahe liegend, dass vor allem Myrcen,
Caryophyllen,
Terpinolen, trans-Ocimen und Pinen den Geruch von Cannabis, nicht
zuletzt wegen ihrer hohen Konzentrationen, beeinflussen. Wir wissen
jedoch, dass unsere Nase nicht gegenüber allen Stoffen gleich
empfindlich ist. Terpene unterscheiden sich in Punkto
Geruchsschwellenwert (die Konzentration, bei der man einen Stoff
wahrnimmt). Daher sagt die Konzentration nicht
in jedem Fall etwas darüber aus, wie gut wir den jeweiligen Stoff
riechen. Pinen und Limonen tragen gemeinsam zu 75% zum Geruch bei,
obwohl sie nur sieben Prozent des Öls ausmachen (Hood et al., 1973).