Unfassbar: Werner und Martin stoppen Arbeit beim Hanf Journal! Dass da das Hanf Journal sehr traurig ist, ist ja wohl klar! Und damit es nicht so viel weinen muss, gönnten Werner und Martin ihm noch ein letztes Interview.
Hanf Journal: Hallo Martin,
hallo Werner.
Martin und Werner: Tach, du
Stück!
Hanf Journal: Ihr hört ja
jetzt beide auf für mich zu arbeiten. Seid ihr traurig?
Werner: Na, wenn man nach drei
Jahren als Chefredakteur bei einer Zeitung ausscheidet, ist man immer
traurig. Schließlich war das ja ein zentrales Element in meinem
Leben. Ist ja auch extrem viel passiert und man hat viele nette und
vor allem durchgeknallte Menschen kennen gelernt, die ich alle sehr
vermissen werde. Außerdem bin ich davon überzeugt, dass
die Kreativ-Abteilung des Hanf Journals in ihrer Endphase unschlagbar
war.
Martin: Ja, das war schon ein
klasse Job, so viele Freiheiten findet man wahrscheinlich so schnell
nicht wieder. Aber so richtig unglücklich bin ich nicht, kann
ein bisschen mehr Zeit zum Studieren grad schon gut brauchen.
Hanf Journal: Hört ihr dann
auch auf zu kiffen?
Martin: (blickt erschrocken
drein) Du spinnst wohl!
Hanf Journal: Was war der
Artikel, bei dem ihr am meisten Spaß hattet?
Werner: Also am meisten Spaß
machen eigentlich immer auch die witzigen Artikel, und da vor allem
die Produkttests, die wir hin und wieder durchgeführt haben. Und
dabei ist mein absolutes Highlight der Grindertest, da es schon cool
war, in weißen Kitteln Grinder gegen die Wand zu schmeißen.
Ansonsten fand ich noch die ganzen Artikel über die
Verfassungsklage und die Vorgänge aus Bernau sehr gut, da wir da
meist die besten Informationen und den umfassendsten Überblick
hatten. Aber das lief eher in der Rubrik Qualität als unter
Spaß.
Martin: Ja, zur Zeit vom
Grindertest war ich das erste Mal im Hanf Journal-Büro und schon
ein bisschen schockiert ob soviel Gewaltbereitschaft . . . Die armen
Grinder. Also mein Lieblingsartikel war ja die Reihe „Das Hanf
Journal-Wörterbuch für Drogensprachen“, wo wir den
Kiffern erklärt haben, wie andere drogenbasierte Subkulturen
kommunizieren. Das hat schon Riesenspaß gemacht. Witzig war
auch die Zeit, als Schwarzenegger in den USA Wahlkampf gemacht hat.
Was da alles für ein Scheiß zu Tage kam. . .
Hanf Journal: Was war eure
skurillste Geschichte die ihr mit dem Hanf Journal erlebt habt?
Werner: Also die skurrilsten
Geschichten erlebt man wahrscheinlich immer auf Messen. Man muss
einfach sagen, dass die Hanf-Branche definitiv einen Knall hat. Ich
glaube, soviel sympathische und dennoch verrückte Menschen
trifft man sonst nicht noch einmal so schnell. Alle mit einem Fuß
im Knast und mit dem anderen auf der Plantage . . .
Martin: Also ich war ja immer
krass erstaunt darüber, wie viele Freaks sich so regelmäßig
bei uns melden, uns anschreiben oder sogar besuchen. Da gibt’s eine
enorm hohe Quote von Menschen, die einfach nur Aufmerksamkeit suchen
und einen dann stundenlang mit ihrer Lebensgeschichte zutexten.
Herausragendes Beispiel ist da der Mensch, der mir stundenlang
erzählt hat, an was die Familie Rothschild allem schuld ist. Und
was da für Sachen dabei waren . . . Wusstet ihr, dass die
Rothschilds das Hanf verboten haben? Und eh auch die ganze Welt
regieren? Ne, der war mir echt zu strange.
Hanf Journal: Was habt ihr denn
jetzt überhaupt vor?
Martin: Also ich werde erstmal
der wahrscheinlich professionellste Arbeitslose, den Deutschland zu
bieten hat. Eine wahre Zierde unseres Volkes. Ich werde so gegen
Mittag aufstehen, den ganzen Tag meine Jogginghose und Badelatschen
tragen, zur Frühstückszeit anfangen zu kiffen und enorm
viel fernsehen. Danach mach’ ich erst mal Urlaub und dann werd ich
mich mal drum kümmern, wie’s weitergeht. Ein paar Projekte
sind da schon in unseren Köpfen am Reifen – ihr werdet noch
von uns hören!
Werner: Ich hab mir so gedacht,
dass ich, da ich jetzt ja alle Argumente für eine Legalisierung
kenne, ganz einfach zu „Bild“ gehen kann und von dort aus die
Hanf-Szene niederschreiben werde. Die zahlen wenigstens gut – na
zumindest hoff’ ich das! Na, um ehrlich zu sein, will ich versuchen
weiterhin mit meinen journalistischen Fähigkeiten die Welt zu
bereichern. Ich schreibe also gerne Texte, Artikel oder sonst was für
euch, einfach an werner@cybergraf.de
mailen – ich bin klasse, wirklich, jeder der mich nicht hat, hat
was verpasst. Und alle, die mich zu sehr vermissen, können sich
ja mal regelmäßig die Jungle World kaufen.
Hanf Journal: Muss die
Legalisierungsbewegung jetzt völlig ohne euch auskommen?
Werner: Nee, natürlich net,
ich werd ja auch erst mal für andere Zeitungen schreiben und um
ehrlich zu sein, haben Martin und ich noch extrem Großes vor,
über das wir aber leider, der Verträge wegen, noch nicht so
laut reden dürfen. Wir retten euch, ihr könnt’ euch auf
uns verlassen.
Martin: Ja, es gibt da schon
Pläne. Und wenn das Hanf Journal will, dann gibt’s ja auch hin
und wieder noch ’nen Artikel von uns. Aber um ehrlich zu sein, bin
ich die Legalisierungs-Bewegung im Laufe der Zeit schon ein bisschen
leid geworden. Ich stehe schon noch hinter der Sache. Aber leider
gibt es in der Legalisierungs-Bewegung, wie auch im Rest der Welt,
zuviel Engstirnigkeit.
Werner: Verräter!
Martin: Hey, ich hab doch Recht.
Bestes Beispiel: Es kann doch echt nicht angehen, dass wir blöd
angemacht werden, wenn wir unsere Legalisierungs-Forderung auch auf
andere Drogen ausweiten und uns mit denen dann auch im Heft
beschäftigen. Ne, ne, da gibt es so viele die sagen: „Gras ist
super und unschädlich und was weiß ich noch alles, aber
die andern Drogen, die sind böse, böse, böse.“ Das
ist doch echt Unsinn. Wir brauchen halt ein generelles Umdenken und
nicht nur eine weitere legale Droge. Was mich auch nervt, sind all
die Klischees und wie gern denen die Leute entsprechen. Kiffer haben
Dreadlocks und hören Reggae. Und wenn dann auf Veranstaltungen
wie der Hanf Parade auch fleißig dieses Klischee erfüllt
wird, dann wundert es mich nicht, dass die Menschen, die eben
zufällig diese Musik nicht leiden können, da auch nicht
hingehen. Kiffer-Deutschland ist doch viel abwechslungsreicher, als
dieser Querschnitt zeigt . . . Wo stecken denn die?
Werner: Na, dass nicht alles
perfekt ist, kann ich ja verstehen, dass man dem Endziel, der
Legalisierung aller Drogen, leid wird, nicht! Aber macht euch keine
Sorgen, dann rette ich euch eben alleine.
Hanf Journal: Was soll denn nun
aus uns werden? Also vor allem mir?
Martin: Na, hoffentlich
weiterhin ein genauso tolles Heft, wie du es bisher warst. Also ich
wünsch dir alles Gute, das haut schon hin (solange du nicht
tollkühn in Grund und Boden gewirtschaftet wirst, aber das
wollen wir mal nicht hoffen).
Werner: Tja, ja. Komische Frage
und ich kann da auch nicht wirklich darauf antworten, da ich ein
ziemlich detailliertes Bild vor Augen habe, was eigentlich aus dir
noch so werden sollte. Aber nach drei Jahren muss man auch einfach
einmal akzeptieren, dass man nun seinen Stempel schon genug
aufgedrückt hat und andere mal machen sollen. Ich hoffe nur
sehr, dass das Hanf Journal weiterhin der politische Arm der
Legalisierungs-Bewegung bleibt und nicht zu einem Buds-Porno-Heft
oder zur reinen Musikecke verkommt.
Hanf Journal: Was wünscht
ihr mir noch?
Martin: Ich wünsch mir,
dass mich der Werner nicht immer falsch versteht. Ich hab doch
gesagt, dass ich noch hinter der Sache stehe und dass mich eben diese
Beschränkung auf Hanf nervt.
Hanf Journal: Was du mir
wünschst, wollte ich wissen.
Martin: Ach so, ups. Na, ich
wünsche dir, dass du noch ganz viele tolle Artikel von Werner
und mir veröffentlichst und dafür enorme Summen zahlen
kannst.
Werner: Außerdem wünsche
ich dir, dass du die Ehre haben magst, jeden Monat einen dieser
genialen, witzigen und überhaupt stilistisch perfekt angelegten
grossstadtsurvivor bringen zu dürfen. Ach ja und geregelte
Arbeitszeiten für die neue Redaktion, auf dass eure
Firmensitzungen um neun Uhr beginnen und jeder, der zu spät
kommt, putzen muss. Ich finde auch, dass nun endlich einmal Schluss
sein muss mit dieser ewigen lockeren Stimmung bei euch. Jetzt heißt’s
Butterbrot statt Schnitzelsemmel . . . viel Spaß.
Martin: (lacht sich erst mal
schlapp) Und ich wünsche dir ein generelles Rauchverbot in
deinen Geschäftsräumen. Schluss mit der bekifften
Albernheit!
Werner: Ja ja, die Jungen
verlassen das Schiff, nun kehrt die nüchterne Ernsthaftigkeit
ein, äh . . . wie war das, ja genau: viel Spaß!
Hanf Journal: Wenn ihr drei
Wünsche frei hättet, was würdet ihr euch wünschen?
Martin: Wie, hä, ham wir
nich eben erst gewünscht? Ach so, du meinst jetzt so – was wir
uns selber wünschen?
Hanf Journal: Leg doch lieber
mal den Joint zu Seite und hör mir einfach zu, ja! Einmal nur
noch, wir haben es ja bald geschafft! Ja du dir, also was!
Martin: Ja ja, ganz locker
bleiben. Also ich wünsch . . . mir eine Insel. Jahu! Mit meinem
eigenen Staat drauf. Boahh das wird ein Spaß. Werner, du darfst
da dann auch wohnen, kannst du dir den ersten Wunsch schon mal
sparen.
Werner: Toll, vor allem, weil
ich ja einsame Inseln so mag, ich wünsch mir als zweiten Wunsch
dann einfach Berlin auf die Insel drauf!
Martin: Aber ist schon noch
unser Staat, mit unseren Regeln.
Werner: Und unseren Menschen,
natürlich alles mein mein mein. Ach ja und als drittes bin ich
mal so dreist und würde den Springer Verlag übernehmen . .
. dann brauch ich nicht mehr so lange bis zu meinem Weltimperium.
Martin: Mhhhh. . . Und ich . . .
– Ich hab keine Ahnung. Wenn Berlin auf ’ner einsamen Insel wäre
und unsere Gesetze gelten würden, dann wär’ ich glaub ich
wunschlos glücklich.
Hanf Journal: Glaubt ihr denn,
ihr habt tatsächlich was bewirkt in der Zeit, in der ihr in mir
gearbeitet habt?
Werner: Na irgendwas bewirkt man
ja immer! Aber ich denke, du spielst so ein bissi auf das Politische
an. Nun, außer in Berlin ist ja wirklich nirgends was Positives
passiert. Aber ich denke, wir haben vor allem in Berlin Politikern
deutlich gezeigt, dass es eine große Masse an Menschen gibt,
denen dieses Thema am Herzen liegt. Und je öfter ein Journalist
zu einem Thema im Abgeordnetenbüro anruft, desto wichtiger ist
auch das Thema. So ein bissi was haben wir sicher erreicht und seien
es nur die aufgeklärten Eltern, die regelmäßig bei
uns anrufen und die ihre Kinder ein bisschen besser verstehen.
Martin: Ich seh das so ähnlich.
Wenn wir nur in ein paar Köpfe ein paar kluge Gedanken gesetzt
haben, dann hat es sich schon gelohnt.
Werner: Ja genau, und vielleicht
wird der einzige Typ, der einen klugen Gedanken durch uns bekommen
hat, auch irgendwann einmal Bundeskanzler und die Arbeit war mehr als
nur effektiv!
Hanf Journal: Was nervt euch am
meisten in der Drogenpolitik?
Martin: Diese Engstirnigkeit!
Dass so wenige Menschen bereit sind, ihren Kopf mal für neue
Argumente zu öffnen. Und dass es so viele gibt, die die alten
Argumente einfach übernehmen ohne sie zu hinterfragen, bloß
weil es die offiziellen sind. Etwas ist verboten, deshalb ist es
böse, weil es böse ist, muss es verboten sein. Nur
kritisches Denken befreit einen aus diesem ekelhaften Kreislauf. Und
die Politiker nerven mal am allermeisten. Die meisten haben soviel
Schiss um ihre Karriere, dass sie sich niemals trauen würden,
wirklich innovative Politik zu machen. Und so zieht die alte Scheiße
halt weiterhin ihre Bahnen.
Werner: In der Drogenpolitik
nerven mich eigentlich zwei Punkte gleich stark. Der eine bezieht
sich auf die Auswirkungen der aktuellen Drogenpolitik. Sei es, dass
in Knästen keine Spritzen verteilt werden, sei es, dass es die
Bundesregierung für toll findet, dass Ecstasy-Konsumenten nicht
wissen können, ob in ihrer Pille Gift ist oder nicht oder sei es
auch die Tatsache, dass HIV-positive Junkies von rund 80 Prozent der
Ärzten nicht behandelt werden. Deutsche Politiker sehen bewusst
zu, wie Abertausende von Menschen jährlich an den Folgen des
Drogenverbotes sterben und reden dann scheinheilig von der
Volksgesundheit. Das ist eigentlich Volksverhetzung, da im Prinzip
ihre Gesetze die Menschen töten. Das muss man auch mal so
deutlich sagen: Prohibitionisten sind Mörder!
Und der zweite Bereich, der mich auch
noch sehr nervt, ist das Phänomen, dass jeder, der auch nur
einmal an einem Joint gezogen hat, behauptet, er wäre ein
Drogenexperte. Ich behaupte mal, es gibt nicht mehr als 30 Menschen
in Deutschland, die sich umfassend mit der Drogenpolitik auskennen –
und diese Zahl ist am Ende noch hochgeschätzt. Und gerade die
Pseudoexperten schaden oft mehr als sie nutzen, denn auch falsche
Risikowarnungen können gefährlich werden. Man sollte sich
immer erst mal informieren, bevor man so tut, als ob man sich
auskennen würde.
Hanf Journal: Wie sieht für
euch die ideale Drogenpolitik aus?
Werner: Man kann alles, was man
will, im Drogenfachgeschäft erwerben. Bekommt dazu noch eine
kleine Aufklärung und Angaben, was in dem Produkt drin ist. Das
ist schon fast alles. Dass Drogen konsumiert werden, kann der Staat
nicht verhindern. Derzeit schafft er es nur, dass möglichst
viele Menschen möglichst verschmutzten Stoff benutzen und das
ist im Sinne der Volksgesundheit das schlimmste was passieren kann.
Wenn ich grad so nachdenke, ich finde der „Kleine Joint“ aus
unseren Bilderreihen wäre perfekt dazu geeignet,
Aufklärungsarbeiten über Drogen zu präsentieren. Hallo
Bundesministerium, hört ihr mich? Wollt ihr mich nicht doch
einstellen?
Martin: Wegen mir könnte
man das System auch noch nach Drogen differenzieren. Also für
Heroin mehr Beratung einplanen als zum Beispiel für Kif.
Hanf Journal: Wollt ihr der Welt
noch irgendetwas mit auf den Weg geben?
Martin: Ja, klar! Also ich grüße
meine Mama, meinen Papa, meine Schwester, meine Freundin, meine Tante
Hedwig aus Heilbronn, alle, die niemals Tanzkurs gemacht haben, alle
Systemverweigerer, Steineschmeißer, Kiffer dieser Welt und
alle, die mich lieb haben! Ach ja und ganz besonders herzhafte Grüße
gehen an die Diddlmaus.
Hanf Journal: Echt, zum Glück
seid ihr bald weg. Ich hab gefragt, ob ihr den Leuten noch was auf
den Weg geben wollt, nicht ob ihr noch wen grüßen wollt.
Werner: Ja, ich würd’
noch gerne was mit auf den Weg geben: Kifft so viel wie ihr könnt,
das macht euch klug und schlau! Außerdem danke ich noch allen,
die mich so unterstützt haben, dass ich es bis hierher geschafft
habe und sag zum Abschied nochmals leise Servus. Ach ja, hallo Mami,
Papi, Oma, Onkel, Tante und alle Verwandten. Außerdem liebsten
Dank an alle, die jemals was für das Hanf Journal geschrieben
haben und besonders an Ines, Kathrin und Martin, die mich lange Zeit
in der Redaktion unterstützt haben . . . heul . . . kreisch . .
. wein . . .
Martin: Schluchz . . .