– Sortenzucht Teil 2
Unter einer Sorte versteht man Pflanzen, die sich in bestimmten
Merkmalen gleichen und diese Merkmale bei Kreuzungen untereinander
erhalten bleiben. Bei den so genannten Hybridsorten ist das nicht der
Fall, weil sie aus zwei reinerbigen Sorten gekreuzt wurden und somit
mischerbig sind. Ob eine Sorte reinerbig ist, lässt sich überprüfen,
indem man eine Pflanze der F1-Generation mit einer der beiden
Elternpflanzen kreuzt, wobei zwei Phänotypen im Verhältnis 1:1
entstehen müssen.
Neue Merkmale, die vorher nicht vorhanden waren, können durch Mutation
entstehen. In der Natur kommt es immer wieder zu Mutationen, die es den
Lebewesen ermöglichen, sich an Veränderungen der Umwelt bzw. des
Lebensraumes anzupassen. Mit speziellen Chemikalien lassen sich auch
künstliche Mutationen hervorrufen, allerdings rate ich davon ab. Wir
haben keine Kontrolle über solche Mutationen und wissen nicht was
passiert, wenn diese Gene in die Umwelt gelangen. Zudem sind die
Chemikalien meistens sehr giftig. Die Problematik dürfte aus der
Gen-Mais-Diskussion bekannt sein.
Einige wichtige Merkmale, die bei der Zucht von Hanf-Sorten eine Rolle
spielen und positiv beeinflusst werden können, sind Größe und Ertrag,
Vitalität, Resistenz gegenüber Krankheiten und Schädlingen,
Verzweigung, Cannabinoid-Gehalt, Geschmack, Geruch, Harzmenge und
-qualität.
Das Geschlecht der Hanf-Pflanze unterliegt ebenfalls den
Vererbungsregeln. Damit lässt sich die Entstehung von zwittrigen und
feminisierten Sorten nachvollziehen.
Um eine Sorte mit einem bestimmten Merkmal auszustatten, müssen die
dafür verantwortlichen Gene reinerbig sein. Solange nur eine
Elternpflanze dieses Merkmal zeigt, erweist sich dies beim Hanf jedoch
oft als schwierig, besonders wenn es sich um ein rezessives Merkmal
handelt. Wurde das Merkmal an einer zwittrigen Pflanze entdeckt, kann
man sie einfach mit sich selbst bestäuben und aus den Nachkommen
diejenigen ohne Zwitterbildung auswählen und weiter miteinander
kreuzen. Handelt es sich jedoch um eine zweihäusige Pflanze, wird sie
mit einer anderen Elternpflanze gekreuzt und die Nachkommen der 1.
Generation durch Inzucht vermehrt, sodass in der 2. Generation
Elternpflanzen mit diesem Merkmal ausgewählt werden können. Dies ist
allerdings sehr schwierig, erfordert viel Zeit und das Aufziehen vieler
Pflanzen vor allem, wenn es sich um rezessiv vererbte Merkmale
handelt.
Die Behandlung von Pflanzen im Vorblütenstadium mit Gibberellinsäure
kann bei zweihäusigen Pflanzen zur Bildung von Staubgefäßen (Stamina)
führen. Stecklinge einer weiblichen Pflanze beginnen darauf männliche
Blüten auszutreiben. Sobald der Pollen reif ist, wird die Elternpflanze
damit bestäubt. Ihre größtenteils weiblichen Nachkommen werden dann zur
weiteren Samenproduktion eingesetzt. Es ist auch möglich, eine
weibliche Pflanze durch starken Stress zur Bildung männlicher Blüten
anzuregen. Lange Trockenperioden oder sehr kurze Lichtzyklen (maximal
sechs Stunden Licht pro Tag) sind dazu ebenso geeignet wie starkes
Beschneiden (auf 25 Prozent der Größe). Am besten, es werden zwei
Methoden kombiniert.
Einfacher ist es, zwei Merkmale aus zwei reinerbigen Sorten zu
kombinieren. Man kreuzt je eine Pflanze beider Sorten und dann die
Nachkommen untereinander. In der 2. Generation tauchen Pflanzen auf,
die in Bezug auf beide Merkmale reinerbig sind. Allerdings können
andere Merkmale dabei verloren gehen. Um mehrere Merkmale beider Sorten
zu erhalten, müssen in der F2-Generation sehr viele Pflanzen aufgezogen
und dann diejenigen, die alle gewünschten Merkmale enthalten,
ausgewählt werden, um sie weiter zu kreuzen.
In der Praxis stellte sich heraus, dass meist nur eine männliche
Pflanze benötigt wird, um damit mehrere weibliche zu bestäuben. Wenn
jedoch mehrere benötigt werden, da viele verschiedene Sorten auf einmal
gekreuzt werden sollen, werden sie streng getrennt von den weiblichen
aufgezogen, um unkontrollierte Bestäubungen zu vermeiden. Der Pollen
ist so winzig, dass er selbst durch feinste Ritzen passt. Vielen genügt
es aber dennoch, wenn die Pflanzen in zwei getrennten Räumen aufgezogen
werden. Wird jedoch eine männliche Pflanze bei den weiblichen
aufgezogen, müssen die reifen Blütentriebe abgeschnitten werden,
solange die weiblichen Pflanzen noch nicht genügend Blütenkelche
gebildet haben, sonst stellen sie das Wachstum ein. Viele Profis legen
auch ein Züchterbuch an, in dem festgehalten wird, welche Sorten
miteinander gekreuzt wurden. So behalten sie später die Übersicht über
die verschiedenen Sorten und ihren Stammbaum.
Die Auswahl der Pflanzen sollte sorgfältig erfolgen. In der Regel wählt
man Pflanzen, die zuerst blühen, die größte Verzweigung aufweisen und
rundum gesund wirken. Zur Bestäubung genügt es, ein paar reife
männliche Blüten über den weiblichen auszuschütteln. Wer es
professionell angehen will, sammelt den Pollen und trägt ihn mit einem
Pinsel auf. Die Blüten werden markiert, damit man später weiß, welche
Pflanzen miteinander gekreuzt wurden.
Auch in der Marijuana-Produktion können jeweils ein oder zwei der
unteren Triebe jeder Pflanze bestäubt werden. So erhält man neben der
Ernte auch gleich ein paar Samen fürs nächste Mal und verhindert
mögliche Zwitterbildung in der späten Blüte. Im Prinzip reicht es auch,
lediglich eine männliche Pflanze zu ziehen und damit alle weiblichen zu
bestäuben, wenn es von jeder Sorte eine weibliche Pflanze gibt.
Jedem, der sich tiefer mit dem Thema beschäftigen will empfehle ich das
Buch „Hanf“ von Robert Connell Clarke. Darin wird der Anbau von Hanf
anschaulich erklärt und speziell auf die Sortenzucht Rücksicht genommen.
Mit freundlichen Grüßen
Das Guerilla Growing-Team